Kapitel 1 | Die Königin der Streiche

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MIT EINEM BREITEM GRINSEN griff ich in den Karton vor mir, aus dem alles Mögliche an neuen Kostümen hervorquoll, und holte eine golden-glänzende Krone hervor. Neugierig drehte und wendete ich sie in meinen Fingern und ertastete das mit Steinchen besetzte Metall von allen Seiten. Langsam – als würde es sich um echtes Gold handeln – hob ich das Schmuckstück auf meinen Kopf, das mein kurzes, störrisches Haar perfekt umrahmte. Ein leises Lachen entschlüpfte meinen Lippen. Schlechte Noten in der Schule? Scheiß drauf, ich war jetzt Königin!

Als ich auch noch das passende Zepter entdeckte, konnte mich nichts mehr aufhalten. »Arian, ich glaube, ich habe endlich meine Bestimmung gefunden«, sagte ich und sprang auf, um einen Walk quer durch den Laden hinzulegen.

Mein bester Freund ließ von seiner Einräumarbeit ab und musterte mich. Auf der Stelle erhellte sich seine Miene zu einem Lachen, das auf seinen Wangen zwei Grübchen hervorbrachte. »Ich glaube, dafür hast du nicht die nötigen Qualifikationen.«

»Wie kannst du es nur wagen, deine königliche Majestät zu beleidigen?« Ich ahndete ihm mit einem strengen Blick und richtete mein Zepter wie ein Schwert auf ihn. »Du wirst nicht mehr lachen, wenn du dich auf den langen Weg machst, um mir drei wertvolle Dracheneier zu besorgen.«

»Ich?«, fragte er und öffnete den Mund zu einem überraschten Seufzer. »Aber ich bin doch nur ein einfacher Bauer vom Lande.«

»Jetzt nicht mehr«, sagte ich und ging auf ihn zu, »ich werde dich hiermit zum Ritter schlagen.«

Arian ging vor mir in die Hocke. Ich klopfte ihm auf die rechte und linke Schulter, aber offenbar zu fest, denn er jaulte auf. »Hey, pass doch auf!«

Ich lachte. »Was? Da machst du schon schlapp? Wenn ich nicht die nötigen Qualifikationen habe, dann hast du nicht die erforderliche Kraft.«

Arian starrte mich finster an. »Sei vorsichtig mit deinen Worten, Königin. Nicht alle stehen auf deiner Seite.« Seine Hand verschwand im Karton neben ihm und holte ein Schwert hervor.

Ich streckte mich ihm entgegen. »Du wagst es nicht.«

»Na, dann lass dich überraschen«, grinste er und wirbelte die Waffe in seinen Fingern herum.

Als die Klinge in meine Richtung schwang, parierte ich mit meinem Zepter. »Ich dachte, du würdest mich verehren!«, sagte ich vorwurfsvoll.

»Das war, bevor du mich schwach genannt hast«, erwiderte Arian und drückte die tödliche Klinge in meine Richtung.

Ich presste die Lippen zusammen, konnte aber ein Lachen nicht unterdrücken. »Sorry, aber du hast die Kraft einer Mücke.«

»Stimmt doch gar nicht«, erwiderte Arian und fiel genauso wie ich aus der Rolle.

»Ich sage nur die Wahrheit«, schoss ich zurück und machte einen Schritt nach vorne, um ihn in die Knie zu zwingen.

Aber Arian gab nicht auf. »Bullshit, du sagst nie die Wahrheit.«

»Dieses Mal aber schon!« Ich wendete das Zepter in einer geschickten Bewegung und schaffte es, ihm das Schwert aus der Hand zu schlagen.

Wir bückten uns beide, um danach zu greifen, aber ich war schneller. Kaum hielt ich es in den Händen, rammte ich es meinem untreuen Untertanen in die Seite.

Arians grüne Augen weiteten sich vor Entsetzen. Er verharrte in seiner Bewegung und starrte an sich herab. Mit der linken Hand berührte er die Stelle, an der ich ihn getroffen hatte. »So endet es mit mir?«

»So endet es«, wiederholte ich und stach nochmal zu.

Arian fiel in sich zusammen und blieb reglos auf dem Boden liegen.

Fooling the Bad BoyWhere stories live. Discover now