🎶14 ~ Diego🎶

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Nachdem Claras Vater gestorben war, ging es ihr plötzlich immer schlechter. Ihre Anfälle wurden mehr, auch häufig mitten in der Nacht, weshalb sie nun in meine Wohnung gezogen war. Ich musste sie rund um die Uhr im Auge behalten! Jeden Tag nahm ich sie mit ins Büro. Bei Meetings lag sie meist schlafend auf einer kleinen Couch, die nur für sie dort hingestellt hatte. Niemand anderes durfte darauf. Wenn sie nicht schlief, saß sie neben mir, hatte eine Hand auf mein Bein gelegt und mich mit ihren großen wundervollen Augen angesehen. Doch alles änderte sich am Tag der Beerdigung von Claras Vater. Sie war den ganzen Morgen unruhig, brach auch öfters zusammen, was sie aber sofort als Ungeschicklichkeit abwertete. Sie war blass. Nach der Beerdigung brachte ich sie sofort nach Hause, wo sie lange schlief. Mitten in der Nacht wachte sie dann auf. Sie war irritiert und verunsichert. Sie hatte sich an mich geschmiegt und gesagt, dass sie mich lieben würde. Dann stockte ihr Atem und sie verkrampfte. Ich rief den Rettungswagen, doch als dieser eintraf musste man sie wiederbeleben. Danach fiel sie ins Koma. Niemand konnte mir sagen, ob meine Frau jemals wieder aufwachen würde. Die ersten zwei Wochen war ich gar nicht bei ihr. Ich stürzte mich in Arbeit, wollte vergessen was passiert war. Sie war tatsächlich tot gewesen... Ich war so nah dran sie zu verlieren. Meine Clara... Heute war ich kurzerhand ins Krankenhaus gefahren, hatte sie besucht. Sie sah so gebrechlich aus, so schwach. Ich setzte mich neben ihr Bett, nahm liebevoll ihre Hand. "Hey, Prinzessin. Tut mir leid, dass ich jetzt erst komme... Ich habe dich so lange alleine gelassen. Verzeih mir!" Sanft drückte ich einen Kuss auf ihre Hand. "Ich kann dich nicht so sehen, Clara. Du fehlst mir! Da fehlt so viel Wärme und Liebe in unserer Firma, unserer Wohnung... Ich vermisse dich! Ich bin noch nicht so weit dich gehen zu lassen! Bitte komm zurück!", bat ich sie verzweifelt und begann zu weinen.  So ging es Tage, Wochen, letztendlich Monate. Es war schon fast normal, dass Clara nicht mehr bei uns war. Ihre Mutter ging gar nicht mehr zu ihr, Rugge nur noch selten. Er hatte sie aufgegeben. Nur Jorge, der junge Mann von dem man es am wenigsten erwartet hatte, der kam wie ich jeden Tag zu ihr, sprach mit ihr, weinte. Er erzählte ihr von seinem Tag, schwelgte in alten Erinnerungen. Dann kam der Tag, der unser Leben zerstören sollte. Die Ärzte wollten die Lebenserhaltenden Geräte abstellen und Claras Mutter hieß es gut. Auch Rugge war dafür und auch Jorge sah im  Nachhinein ein, dass es besser für sie war... Nur ich nicht! Ich schlief kaum noch, wenn ich schlief wurde ich von Albträumen geplagt. Weinend saß ich an ihrem Bett, strich ihr über die Wange. "Wach auf, Clara! Bitte! Mag sein, dass dich alle aufgegeben haben, aber du hast mich! Ich brauche dich!", schluchzte ich verzweifelt. Ich hatte eine Stunde um mich zu verabschieden. Ich tat es, erzählte ihr alle Erinnerungen, dir wir zusammen hatten. Tränen rannen mir über die Wangen. "Ich liebe dich, Clara. Ich hoffe, dass du dort wo du hin kommen wirst, gesund bist. Warte dort auf mich bis meine Zeit gekommen ist!", hauchte ich verweint und küsste sie zärtlich, dann strich ich ihr zum Abschied durch die Haare. Ich sah sie ein letztes Mal an. Ihre wunderschönen Augen waren geschlossen, ihr wundervolles Haar war glanzlos und matt. Ihre Haut war blass und ich vermisste ihr Lächeln... Ich musste meine Frau nun gehen lassen, dabei war sie gerade Mal vierundzwanzig Jahre alt. "Auf Wiedersehen, mein Engel! Pass gut auf mich auf!", wisperte ich unter Tränen und verließ dann das Krankenhaus. Weinend zog ich durch Buenos Aires, suchte ihre Lieblingsplätze auf. Ich wollte einen Platz finden, wo ich mich mit ihr verbunden fühlte. Dies war endgültig der See im Park, wo sie damals das kleine Mädchen gerettet hatte. Hilflos sank ich in das saftige grüne Gras und starrte weinend auf das Wasser. Ich hatte die Frau verloren, die ich heiß und innig geliebt hatte! Sie hatte versucht mich auf diesen Moment vorzubereiten, aber ich wollte nie etwas davon hören. Nun war es zu spät und ich war alleine. "Ich vermisse dich, mein Liebling!", schluchzte ich und sah zum Himmel auf. Wahrscheinlich sah sie nun gerade auf mich herunter. "Ich liebe dich!" Gebrochen ging ich nach Hause. Die Fotos, die ich von ihr hatte verteilte ich in der ganzen Wohnung. Ich wollte sie bei mir haben! Alles ließ ich so als würde sie jederzeit wieder nach Hause kommen. Ihre gesamte Wäsche war im Haus verteilt, überall lagen Tablettenschachteln. Selbst die Sachen von mir, die sie angezogen hatte, ließ ich auf dem Boden liegen. Es war ihre Unordnung. Noch immer hörte ich in meinem Kopf wie sie mir ständig versicherte, dass sie es wegräumen würde. Ich kam über ihren Verlust nur schwer hinweg. Ich ging zwei Wochen lang nicht arbeiten, verkroch mich nur in der Wohnung, ließ niemanden an mich heran. Auch wenn es die wenigsten glauben wollten. Ich hatte Clara ehrlich geliebt. Seit ich sie singen gehört habe, wusste ich es. Nun musste ich mir die Videos ansehen, die Ruggero von ihr ins Netz gestellt hatte. Das war meine einzige Möglichkeit sie singen zu hören. Eines Abends setzte ich mich an meinen Flügel. Ich spielte das Lied, dass Clara immer gespielt hatte, dachte an die schöne Zeit zurück. Sie hatte sich in meine Arme gekuschelt, meine Nahe genossen. Sie hörte mir zu, egal wie sinnlos mein Gequatsche war. Sie war Frau und Freundin zugleich gewesen. Clara zu verlieren war der schlimmste Verlust in meinem Leben. Ich vermisste alles an ihr! Ihre sanfte ruhige Art, ihr Lächeln, ihr Lachen. Wie ihre Augen funkelten wenn sie über ihre Projekte sprach, die Liebe in ihrem Blick wenn sie mich, ihre Brüder oder Lucienne ansah. Ihre prächtigen großen blauen Augen. Ihr großes Herz, ihre sanften Berührungen... Einfach alles fehlte mir. Das Musikzimmer wurde mein Lieblingszimmer, denn hier lebte der Geist meiner Frau weiter. Da war ich mir sicher!

Das Lied meines LebensWhere stories live. Discover now