🌸10 ~ Clara🌸

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Nach dem Telefonat mit meinem Bruder ging ich total verheult die Treppe nach unten in die Küche, wo Diego schon den Tisch gedeckt hatte. "Hey, alles in Ordnung, Prinzessin?", fragte er mich besorgt, stellte die Tasse mit Tee auf dem Tisch ab und zog mich in seine Arme. Erneut fing ich an zu schluchzen. Jorge hatte Recht... Ich muss ihm die Wahrheit sagen! "Ich... Wir... Wir müssen reden...", schluchzte ich und befreite mich aus seinen Armen. Er reichte mir den Tee und ich brachte ein leichtes Lächeln zustande. "Danke...", murmelte ich und setzte mich auf meinen Stuhl. Auch Diego setzte sich. "Also...", fing ich an und trocknete meine Tränen. "Ich hätte dir von Anfang an die Wahrheit sagen sollen, aber... Ich fand anfangs, dass es dich ja nicht zu interessieren braucht, aber jetzt..." Wieder fing ich an zu schluchzen. Er nahm seinen Stuhl und setzte sich neben mich. Liebevoll zog er mich in seine Arme. Eine kurze Zeit ließ ich mir das auch gefallen, bevor ich mich wieder ais seinen Armen befreite. "Ich... Ich habe einen angeborenen Herzfehler...", gestand ich leise. Diego reagierte nicht darauf. Er schwieg. Ich wollte seine Hand nehmen, doch er zog sie weg, dann stand er auf und lief unruhig in der Küche auf und ab. "Was bedeutet das jetzt, Clara?", fragte er mich mit zitternder Stimme. Ich schluckte schwer. "Ich könnte jederzeit und überall sterben... Bisher nehme ich Medikamente, die jeden Monat neu eingestellt werden müssen. Ich darf keine Kinder kriegen und ich darf mein Herz generell nicht zu sehr belasten... Deswegen haben meine Eltern mir auch verboten zu arbeiten. Das gestern... Mit dem Schnee, der Kälte... Du hast mir das Leben gerettet... Mein Herz hätte, das nicht mehr lange mitgemacht", murmelte ich verweint und schluchzte auf. Er sah mich ernst an. "Warum erzählst du mir das alles?", fragte er mich gereizt. Ich schluchzte. "Weil du mein Ehemann bist und ein Recht darauf hast es zu wissen... Schließlich kann es irgendwann mal passieren, dass ich nicht mehr aufwache. Dass ich vielleicht am Abend in deinen Armen eingeschlafen bin und am nächsten Morgen nicht mehr aufwache, weil mein Herz stehen geblieben ist..." Er sah verzweifelt aus, dann kam er zu mir und kniete sich vor mich auf den Boden. "Das wird nie passieren, hörst du?", meinte er angespannt. "Diego...", fing ich an und wollte ihm meine Hand auf die Wange legen. Er nahm sie aber, küsste sie sanft und hielt sie fest. "Es wird nicht passieren, Clara! Es darf nicht passieren!", murmelte er und legte seinen Kopf auf meinen Schoß. Er ließ meine Hand los und schlang seine Arme um meine Taille. Liebevoll strich ich ihm durch die Haare. "Meine Eltern mögen dich, deswegen haben sie dich ausgesucht... Sie haben dir mit Absicht nichts von meiner Krankheit gesagt. Sie hatten Angst, dass du dich dann weigern würdest mich zu heiraten. Wenn ich sterben sollte, bekommst du die gesamte Firma meiner Eltern überschrieben...", hauchte ich leise und merkte wie mir schon wieder Tränen über die Wangen liefen. Plötzlich zuckte sein Körper so merkwürdig. Ich erschrak leicht, bis ich merkte, dass er weinte. Sanft strich ich über seinen Rücken und versuchte ihn zu trösten. Liebevoll streichelte ich seine nasse Wange. "Es ist alles gut!", hauchte ich ruhig. Er löste sich von mir und sah mich verweint an. "Es ist gar nichts gut, Clara! Ich könnte dich jederzeit verlieren!", meinte er weinend. Traurig hielt ich seinem Blick stand. "Ich weiß... Aber noch bin ich hier. Egal was passiert, ich werde immer da sein!", antwortete ich nach längeren Schweigen. Er stand auf, drückte mich kurz an sich, fuhr mir durch die Haare und verließ dann schweigend die Küche. Ich zog die Schachtel mit meinen Tabletten aus der Tasche als mein Handy vibrierte. Es war Jorge.

  - Hast du es ihm schon gesagt?

- Ja.

  - Wie hat er es aufgenommen?

- Er weint...

  - Er liebt dich!

- Er ist gegangen...

  - Nimm deine scheiß Tabletten und geh zu ihm. Er braucht dich!

- Du hast keine Ahnung!

  - Ich bin dein Bruder! Du bist schon mal fast in meinen Armen gestorben! Nimm jetzt deine Tabletten und tröste deinen Mann!

- Und wie? Ich hab das Gefühl, dass meine Nähe ihn traurig macht...

  - Singe!

Er hatte ja recht... Seufzend nahm ich meine Tabletten, aß etwas und suchte dann meinen Ehemann. Ich fand ihn in meinem Zimmer. Er lag auf meinem Bett, hatte das Bild von mir und meinen Brüdern im Arm und roch nach meinem Lieblingsparfum. Leise schluchzte er vor sich hin. Ich schloss lautlos die Tür und ging zu ihm. "Ich liebe dich, Clara!", hauchte er als ich mich hinter ihn legte und meinen Arm um ihn schlang. "Ich dich auch, Diego!", antwortete ich ihm ehrlich und schmiegte mich an ihn. "Clara?" Er drehte sich etwas zu mir. "Ja?", murmelte ich leise. "Als wir miteinander geschlafen haben... Hättest du da auch... Sterben können?" Ihm fiel diese Frage schwer... Genauso wie sie auch meinem Bruder schwer gefallen ist. Nur mit dem Unterschied, dass Jorge die Antwort auf Diegos Frage wusste. "Ja... Hätte ich..." Er begann unter mir zu zittern, drehte sich ganz zu mir und zog mich in seine Arme. "Warum hast du mich nicht davon abgehalten?", fragte er mich erneut. "Weil ich wissen wollte, wie es sich anfühlt... Natürlich war es leichtsinnig, aber ich wollte einfach nur wissen wie es ist richtig geliebt zu werden... Mir war es egal ob dabei sterbe oder nicht..." Ich erzählte ihm dann alles. Von dem ersten Moment an, wo man den Herzfehler auf dem Ultraschall bei mir wahrnahm, über den Moment, wo mein Herz im der Schule versagte, weil mich meine Mitschüler und Lehrer alle unter Druck gesetzt hatten, dem Moment, wo ich in Jorges Armen zusammengebrochen bin und ich wiederbelebt werden musste, weil wir uns gestritten hatten bis zum jetzigen Zeitpunkt und der gestrigen Situation mit der Kälte und dem Schnee. Diego hörte mir aufmerksam zu, hielt mich im Arm und küsste immer wieder meine Stirn. Ich kuschelte mich an ihn und genoss seine Nähe. Seine Körperwärme hielt mich ebenfalls warm.

Das Lied meines LebensWhere stories live. Discover now