Wahrheiten

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, tat mir alles weh. Mein Kopfe pochte, mein Schürfwunden brannten. Die Sonnenstrahlen trieben mir Tränen in die Augen, doch hielt meine Augen geöffnet, um nach draußen zu sehen. Die Auto's waren verschwunden, alle beide. Und während ich nach draußen starrte, schlich sich ein Gedanke zurück in meinen Kopf.
 'Der Unfall war gezielt. Das heißt, dass dich jemand überfahren wollte!'
  Meine Schmerzen waren plötzlich verschwunden. Ich ging zu meinem Kleiderschrank, zog mir einen Pulli und eine frische Hose über, ließ meine Haar kurz die Borsten meiner Harbürste zu spüren bekommen und verließ dann das Haus. Lilith war mir für diesen Moment egal. Ich musste zu Sherlock. Er war der einzige der mir helfen konnte, Geheimnisse brachten in diesem Moment überhaupt nichts. Er musste Klartext reden, ich auch. Ich ließ mein Auto ein Auto sein und nahm ein Taxi, dass eine Viertelstunde später in der Bakerstreet hielt.
 Ich klingelte Sturm. Eine verdatterte Mrs. Hudson öffnete. Ich drängelte mich an ihr vorbei.
 "Tut mir wirklich Leid, Mrs. Hudson!"
 Aus Sherlock's Wohnung drang Geigenmusik. Wütend riss ich die Tür auf. Er ließ sich davon nicht beirren. "Leg die Geige weg!", rief ich. Keine Reaktion. "Sofort!"
 Er nahm das Instrument von seiner Schulter und wandte sich zu mir um. Sein Gesicht war blass und schien angespannt. "Warum störst du mich? Warum schreist du hier rum und platzt einfach in meine Wohnung rein?" Ich hatte ihn noch nie so provokant in Erinnerung.
 "Es ist jetzt Schluss mit deinen Geheimnissen. Du musst mir alles erzählen. Die ganze Story mit Moriarty, was du weißt und was er plant. Sofort!" Sherlock rührte sich nicht. Ich sah ihn weiterhin auffordernd an. "Warum sollte ich?", fragte er. Ich verlor völlig meine Fassung. Tränen flossen mir wieder über mein Gesicht und ich musste wieder an Ben denken, den Kuss, den Brief.
 "Ich wurde gestern beinahe überfahren! Es war Fahrerflucht! Ich wurde gerettet. Aber ich hätte tot sein können. Und wenn ich dir etwas bedeuten würde, würde es dich interessieren!"
 Hinter mir wurde die Tür geöffnet. Mrs. Hudson steckte den Kopf herein. "Möchte jemand Kekse?" "Nein!", schrie ich sie an. Erschrocken und aufgebracht verschwand die Haushälterin wieder. Sherlock trat einen Schritt zu mir heran. Er war so schlecht im trösten.
"Ich weiß, dass du Angst hast. Die Lage ist unter Kontrolle."
 "Nein, hast du nicht. Was ist wenn der Angriff etwas mit Moriarty zu tun hat? Du weißt doch alles! Weißt du dann auch, dass Mum wahrscheinlich erpresst wird? Weißt du das ich nicht deine Schwester bin?" Ich stockte und schlug mir die Hand vor den Mund. Was hatte ich getan!
 Überrascht sah Sherlock mich an. "Was hast du gesagt?" "Nichts, nichts, nichts", sagte ich schnell. Mein Tränen wurden mehr. Sherlock trat näher an mich heran. "Ich denke du musst mir einiges erzählen", sagte er. "Ich mache uns einen Tee. Und dann erzählst du mir alles. Es könnte wichtig sein!" Am liebsten hätte ich mich schlagen.

Ich hatte ihm alles erzählt. Er hatte zugehört bis zum Ende. Nun war seine Miene undurchschaubar. "Wo hast du diesen Brief?", fragte er. "Er liegt bei Mum."
 Sherlock schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. "Beweismaterial muss man sichern!", erklärte er, als würde er mit einem kleinen Kind reden. "Er gehört immer noch Mum. Ich nehme keine Sachen einfach mit. Und jetzt bist du dran!" Sherlock zog eine Augenbraue hoch.
 "Jetzt musst du alles über Moriarty erzählen. Alles was du weißt. Und wie der Unfall in den Fall passt!" Sherlock schüttelte den Kopf. "Ich kann und darf dir nichts erzählen. Ich weiß was er vor hat und wann es ungefähr passieren wird. Beruhigt dich das?"
 Ich schüttelte wütend den Kopf. "Nein, so war das nicht ausgemacht. Ich habe dir alles erzählt, jetzt du!"
 "Ich verplappere mich halt nicht." Sherlock zwinkerte und nahm zu meiner Überraschung meine Hand. "Wie du merkst bin ich echt nicht gut in so etwas. Aber es war toll dein Bruder sein." Zu meiner Überraschung merkte ich, dass diese Worte Ernst gemeint waren. "Bitte geh jetzt. Ich bin mir sicher, eine Freundin braucht dich jetzt dringend. Wir sehen uns nochmal. Okay?" Für einen Moment sah ich ihn verdattert an, dann fasste ich mich wieder. "Hat Moriarty es aus irgendeinen Grund auf mich abgesehen?"Sherlock schien zu überlegen was er mir sagen sollte. Und ich wusste, dass er mehr wusste, als ich. "Ich denke schon. Aber das ist schwer zu beurteilen. Geh jetzt!"
 Ich nickte und verließ ohne ein weiteres Wort die Wohnung.

Jules HolmesWhere stories live. Discover now