St. Barth Hospital

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Am nächsten Nachmittag, parkte ich das Auto, das Mycroft mir "geliehen" hatte, geschickt für meine Verhältnisse, in einer schmalen Parklücke vor dem Barth Hospital. Die großen Flügeltüren reflektierten das Licht der Herbstsonne in allen Richtungen. Ich blinzelte als ich ausstieg, schlug die Fahrertür hinter mir zu und ließ das Autoschloss zuknipsen. Ich sollte Molly in der Eingangshalle treffen. Sie war beigeistert gewesen mich einstellen zu dürfen, da es ihr momentan an Kollegen mangelte. Und da ich Medizin studiert hatte, eigentlich um Ärztin zu werden, hatte nichts für meinen neuen Job dagegen gesprochen. Als ich durch die Eingangshalle trat, stieß ich auf schneeweiße Wände, besetzte Schalter und den Geruch nach Blut und Kaffee. Ich erkannte Molly sofort wieder. Die langen, braunen Haare, das spitz zulaufende Gesicht und das unsichere Lächeln. Ich hatte sie schon einmal auf einer kleinen Weihnachtsfeier von Sherlock getroffen, die für sie jedoch äußerst peinlich geworden war, da mein Bruder es mal wieder nicht hatte lassen können, über Molly und ihren angeblichen Schwarm ausführlich zu deduzieren, bei dem sich am Ende anscheinend um ihn gehandelt hatte. Molly kam mir entgegen, schüttelte kurz meine Hand und betrachtete mich dann. Im Gegensatz zu ihrer weißen Arbeitskleidung, trug ich enge Jeans, Sneaker und eine schwarze Jacke die mir ein paar Nummern zu groß waren. Mein straßenköterblondes Haar hatte ich ich geflochten. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Alles okay?", fragte ich und versuchte dabei einen höflichen Ton anzustimmen. "Es sind die Augen", hauchte sie. "Sie erinnern mich so an ihren Bruder. Aber die Haare haben sie von ihrer Mum." Ihre Stimme war auf einmal wieder ernst. Ich sah Molly überrascht an. "Ich habe also weiße Haare?", fragte ich erstaunt. Molly lachte. "Nein, aber ich habe sie auf Bildern gesehen. In Mycrofts Büro und..." "Sie waren im Büro von meinem Bruder? In welchem denn?" Nun lief sie rot an, schüttelte dann den Kopf, murmelte etwas von "Geheim" und wechslte das Thema. "Das tut ja jetzt nichts zur Sache. Ich habe mit meinem Vorgesetzten gesprochen und er hat zugestimmt dich auf Probe hier arbeiten zu lassen. Ich habe etwas geschwindelt was deine Erfahrungen mit Leichen betrifft." Sie zwinkerte. "Ich zeige dir mal deinen Arbeitsplatz." Wir gingen zum Aufzug, ohne ein Wort zu sagen. Ich sah mich aufmerksam um. Ich war noch nie in diesem Krankenhaus gewesen. Dennoch merkte ich mir schnell in welchem Stock die Krankenstation für die Kinder lag und welchem Stockwerk ich nun jeden Morgen fahren musste. Molly führte mich durch weiße Gänge, an weißen Türen und Personal vorbei. Ich versuchte mir den Weg einzuprägen, dennoch verlor ich nach einer dritten Kreuzung den Überblick. Schließlich stieß Molly eine Flügeltür auf, hinter der eine Art Labor lag. Auf kleinen Arbeitsplatten standen sämtliche Werkzeuge, Mikroskope und die verschiedensten Gläser herum. Überall verliefen Wasserrohre, es gab eine Reihe an Waschbecken und einer Ecke sogar eine kleine Dusche. Die Arbeitsplatten waren mit Schubladen versehen, die mit verschiedenen Etiketten versehen waren. "Hey Ben! Unsere Neue ist da!" Ich sah mich um und entdeckte einen Mann etwa in meinem Alter auf uns zukommen. Er trug ebenfalls die weiße Kleidung wie Molly und rote Sportschuhe. Er schob sich mit einer Hand seine Schutzbrille von den Augen, de andere reichte er mir. Er hatte dunkelbraunes Haar und karamellfarbene Augen. Um seine Lippen bildeten sich ein paar Grübchen, die mich nur zu gut an meine eigenen erinnerten. "Hi", sagte ich schüchtern. Ben lächelte. "Jules Holmes, die Detektivschwester. Du siehst deinen Brüdern ja nicht ganz so ähnlich", stellte er fest. Seine Stimme klang klar und freundlich. "Es sind die Augen", flüsterte Molly hinter mir. Ben ließ sich auf einen Hocker neben einer Arbeitsplatten sinken. "Du bist also ganz sicher, dass dieser Job etwas für dich ist?" Ich seufzte. "Warum fragt mich das denn jeder?" Das Lächeln von Ben wurde breiter. " Das hat mich am Anfang auch jeder gefragt. Man muss sich daran gewöhnen und einfach zeigen, dass man für den Job geschaffen ist." Er stand auf und bediente sich an einer Wasserflasche. Er nahm drei große Schlucke und wischte sich dann mit dem Handrücken über den Mund. "Greg war vorhin hier. Und er hat sich nach dir erkundigt."  "Greg Lestrade?", fragte ich. Ben nickte. "Wahrscheinlich will er mit dir über Jim reden." Ich hatte davon gehört. Das Jim Moriarty Molly ausgenutzt hatte um an Sherlock heran zu kommen. Sie tat mir furchtbar Leid. "In Ordnung", nickte Molly nur, "ich melde mich bei ihm." Dann wandte sie sich an mich. "Du kannst ab Morgen hier anfangen. Ben wird dir alles zeigen, inklusive deinem Arbeitsplan und deinen vorraussichtlichen Aufgaben. Am Anfang wird es ziemlich langweilig für dich sein. Das wird aber, Andrew hat ein Auge auf dich. Er wird dich belohnen wenn du positiv auffällst. Du wirst bestimmt bald deine ersten Leichen sehen dürfen. Wir sehen uns dann Morgen. Entschuldigt mich!" Sie zückte ihr Telefon und verließ den Raum. Ben lächelte mir zu. "Dann mal los!"

Jules HolmesWhere stories live. Discover now