Kapitel 5

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Brianna sah in den Spiegel und erschrak. Wer war die Frau ihr gegenüber, die sie reserviert anlächelte? Sie hätte nie gedacht, dass sie so schön sein konnte.

Sie hatte ein grünes Kleid an und ein etwas helleres, großes Tuch lag über ihren Schultern. Ihr Haar war mit einem gleichfarbigen Band zu einem Dutt hochgesteckt, aus dem sich eine braune Strähne gelöst hatte und ihr nun auf die Schulter fiel. Sie hielt sich eine Hand an die Nase und sog den frischen Duft von Seife ein. Dann trat sie aus der Tür in den Flur, wo Gwaine schon auf sie wartete. Als er sie sah, pfiff er anerkennend durch die Zähne.

Sie gingen durch die Korridore zum großen Saal, vor dem sich eine Menschentraube gebildet hatte. Nacheinander strömten die Besucher aus diesem und manch anderem befreundeten Königreich hinein, wo sie von Arthur und seiner Frau Guinevere (genannt Gwen) empfangen wurden.

Nachdem Gwaine und Brianna begrüßt wurden, raunte er ihr zu: „Am besten teilen wir uns auf; ich frag mal bei Sir Leone und den anderen Rittern rum" - er deutete auf ein paar Männer, die auf der anderen Seite des Raumes anstießen – und du gehst zum Buffet. Mit vollem Magen sind die Leute meist gesprächiger."

Sie gingen in verschiedene Richtungen und plötzlich spürte sie Blicke, die sich in ihren Rücken bohrten. Sie drehte sich um und sah Arthur, der schnell den Blick abwandte und sich wieder um seine Gäste kümmerte. Sie wusste, es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er sie erkannte. Doch wie er darauf reagieren würde, das wusste sie nicht. Umso wichtiger war es, dass sie sich bei der Suche nach Emrys beeilte.

*

Sie sah Merlin bei einer Gruppe von Männern stehen, die allesamt in teure Gewänder gehüllt waren. Dagegen sah er mit seinen abgetragenen Klamotten und den strubbeligen Haaren fehl am Platz aus. Sie ging zu ihnen und stellte sich neben ihn. Sie lächelten sich kurz an, dann sagte sie: „Entschuldigt..."

„Schweig still", fuhr einer der Männer sie an.

„Aber..."

„Hat dich jemand dazu aufgefordert, das Wort zu ergreifen?"

„Nein, aber ich..."

„Folglich ist es dir auch nicht gestattet!"

Sie funkelten sich böse an.

„Gibt es ein Problem, meine Herrschaften?", ertönte hinter ihnen Arthurs Stimme. Brianna starrte zitternd auf den Boden, während er näher kam. Ihr Herz pochte und Hitze stieg ihr ins Gesicht.

„Vendron", sagte Arthur strahlend und schüttelte ihm die Hand. „Wie schön, dass Ihr kommen konntet."

„Fragt euch lieber, wie lange ich noch bleiben werde", erwiderte Vendron und starrte grimmig in ihre Richtung. „Bei der Gesellschaft."

Arthur schaute verwirrt in die Runde. Seine Augen blieben kurz an Merlin hängen, doch als dieser abwehrend den Kopf schüttelte, fixierte er Brianna. „Du", zischte er. „Dich kenne ich doch!"

Auf einmal passierte alles gleichzeitig. Arthur rief nach den Wachen, die sofort heranstürmten, Brianna wollte wegrennen, doch Vendron packte sie am Arm und hielt sie fest. Tränen füllten ihre Augen und ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit überkam sie. Sie hatte keine Chance, sich loszureißen. Während ihr Herz aus ihrem Körper zu springen drohte, kamen die bewaffneten Männer immer näher. Als sie erwartend vor ihnen standen, rief Arthur hysterisch, während er auf sie zeigte: „Ergreift sie! Aus meinen Augen mit ihr!"

„Arthur, was macht Ihr da?", fragte Gwaine, der ungläubig blickend hinter dem König aufgetaucht war. Als er sie sah, rief er: „Lasst sie gehen. Sie hat nichts Unrechtes getan."

„Gwaine, halte dich da raus. Ich tue hier nur meine Pflicht."

„Was? Indem du unschuldige Mädchen wegsperrst?" Ihr Bruder trat nun gefährlich nahe an Arthur heran und musterte ihn abschätzig.

„Nein, indem ich mein Volk schütze. Sie ist eine von Morganas Gefolgsleuten", erwiderte der König und nickte den Wachen zu, woraufhin sie Brianna aus dem Saal zerrten. Um sie herum hatte sich eine Menschentraube gebildet, die ihnen nun eilig Platz machte.

Kurz bevor sie die Tür erreichten, wandte sie ihren Kopf noch einmal um und sah Gwaine, wie er von Arthur aufgehalten wurde, ihr hinterher zu laufen. Mit Mühe wandte sie ihren Blick von den zwei ringenden Männern ab und schaute die Leute an. „Ich suche einen Emrys", schrie sie mit flehendem Blick. „Wenn ihn einer von euch kennt, lasst es mich wissen. Bitte!"


Merlin und das verfluchte KindWhere stories live. Discover now