Miami

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Ich saß in der Bahn nach Miami und überlegte, ob zu fliehen die richtige Entscheidung gewesen war. Als ich weggelaufen war hatte ich mich ganz auf mein Gefühl verlassen und doch...
Flucht war die richtige Entscheidung, beste Entscheidung gewesen – und auch die einzige! Warum grübelte ich überhaupt noch?
Auf meinem Computer hätten die Sachen gefunden, die mich verraten hätten. Sie hätten alles über mich rausgekommen! Ich hatte zwar keine Dinge über mich gespeichert, aber die würden dennoch genug finden, die mit ihren Computerspezialisten.
Deswegen hatte ich mich vorsichtshalber dazu entschlossen, meinen Laptop loszuwerden – sicher war sicher.
Ich musste vorsichtig sein, um nicht erwischt zu werden, denn mit der Zeit wird man schnell nachlässig und macht Fehler!
Der Computer hatte kaum noch Akku. Schnell speicherte ich die letzten wichtigen Dateien und Informationen in meinem Kopf ab. Kaum war ich fertig stürzte er ab, ich hatte das Auflade Kabel bei meiner überstürzten Flucht aus Deutschland vergessen. Seit Stunden hatte ich alle Verstecke in meinem Computer geöffnet und mir gemerkt, so war es nicht wirklich schade, dass er weg war und außerdem war mein Rucksack nun leichter und ich hatte mehr Platz für andere Sachen.
Falls ich Hilfe brauchte hatte ich einige wichtige Adressen, z.B. die der Diebe in Amerika, oder andere wichtige Kontaktmänner, die ich bei einigen meiner Aufträge kennengelernt hatte. Den Laptop würde ich gleich einfach in einen Fluss oder Teich werfen.
„Guten Tag junger Mann, den Fahrschein bitte" der Schaffner riss mich aus meinen Gedanken. „Natürlich Sir" Ich nahm das Ticket, dass vor mir auf dem Tisch lag und reichte es ihm.
Der Schaffner blickte den schüchternen, in sich zusammengesunkenen Jungen an, nahm das Ticket, stempelte es ab und reichte es ihm zurück. Er tippte sich kurz an die Mütze und ging weiter.

In Miami stieg ich aus. Sofort schlug mir die pralle Mittagshitze entgegen. Ich war 17 Stunden in einem Klimatisierten Nachtzug unterwegs gewesen und die drückende Hitze machte mir im ersten Moment echt zu schaffen.
Ich suchte mir einen Imbiss und gönnte mir ein warmes Getränk. Der Körper muss kalte Getränke erst auf Körpertemperatur bringen, deswegen erfrischten sie nicht wirklich, sondern kosteten den Körper nur noch weitere Energie. Das kalte hatte eine rein Psychologische Wirkung. Anschließend gönnte ich mir einen Obstbecher, den ich gehend verspeiste.
Hier oben war es deutlich wärmer als in Los Angeles. Ich zog meine schwarze Jacke aus und stopfte sie in den Rucksack. Eine Winterjacke war hier völlig fehl am Platz. Auch dass langärmlige T-Shirt war unpassend.
Ich ging von der großen Einkaufsmeile neben dem Bahnhof direkt in die Stadt. Dort fand ich auch einen Laden mit billigen Shirts. Ich suchte mir eins in einem schlichten Schwarz raus. Außerdem tauschte ich meine lange Hose gegen eine dunkelbraune Knielange Hose mit praktischen Seitentaschen aus. Diese war zwar etwas teurer, aber hier liefen genug Touristen rum......
Hier in der Nähe sollte Karlo, ein Geldfälscher arbeiten. Chris hatte mir von ihm erzählt. Durch Zufall war mir beim Einprägen der Informationen die kleine Notiz über ihn ins Auge gefallen und er wohnte hier ganz in der Nähe. Bestimmt konnte er mir weiterhelfen.

Ich fuhr einige Stationen mit einem der öffentlichen Busse und die Stadt zeigte ihr anderes Gesicht. Die Strahlende Touristenmeile lag weit hinter uns und ich befand mich in einer der Gegenden, wo man abends besser nicht alleine Unterwegs war.
Von der Bushaltestelle waren es nur noch einige Blocks und ich erreichte das Haus. Es war ein etwas heruntergekommener Altbau. Der Putz bröckelte schon von der Hauswand ab und hässliche Graffitis verschmutzten die Wand. Das war üblich in dieser Gegend. Die Haustür allerdings war erst vor kurzen erneuert worden. Hier in dieser Gegend gab es oft Überfälle, das sagten mir die Straße und die Gegend.
Ich klopfte an.
Als ich die Hausfront hinauf guckte öffnete sich die Türe. Ein junges Mädchen schaute mich fragend an. Sie mochte wohl etwa 12 Jahre sein. „Was willst du hier?" fragte sie frech. Ihr Herausforderndes Grinsen ignorierte ich „Ist Karlo da?" „Ja, was willst du denn von ihm?" gab sie nach „ Kann ich ihn sprechen?" Ich drängte mich an ihr vorbei in den Hausflur. Aus einer Tür am Ende des Flurs kam ein Junge, er war etwa 16 Jahre alt. „Ania, ich habe dir doch gesagt, du sollst niemandem die Tür öffnen!" „Na und" antwortete sie trotzig und rannte die Treppe rauf. Ich schloss die Tür hinter mir. Nun standen wir beide allein im dämmrigen Flur. „Was willst du Junge, wir Kaufen nichts"
„Ist Karlo da?"
„Nein"
„Doch, seine Schuhe stehen hier" ich nickte knapp zu einer ganzen Reihe Aufgereihter Schuhe „Außerdem steht sein Auto vor den Haus. Und ich höre seine Stimme. Deine entzückende Schwester hat es außerdem noch bestätigt."
„Was willst du von ihm?"
Ich hatte anscheinend mit allem Recht gehabt.
„Privates"
„Warum sollte ich dich zu ihm lassen, du bist ein dahergelaufener Junge, der wahrscheinlich nicht mal so alt ist wie ich. Hau ab, bevor ich dich verprügel!"
Ich fragte mich langsam, ob alle in Amerika so aggressiv waren...vielleicht gehörte das zur Mentalität. Ich ging auf den Jungen zu, von ihm würde ich mich ganz sicher nicht aufhalten lassen. Schnell hatte ich den schmalen Flur durchquert. Auch er war drohend auf mich zu gekommen. Ich bemerkte, wie er seine Hand sich zu einer Faust formte und im Begriff war, auszuholen. Schnell kam ich ihm zuvor und Faust rammte ihm meinen Ellbogen zwischen die Rippen. Im gleichen Moment schlug ich ihm meine andere Hand gegen die Schläfe. Der Junge sackte bewusstlos zusammen. Er hatte nicht einmal Zeit gehabt zu reagieren, geschweige denn, zu schreien. Zufrieden wandte ich mich zur Treppe. Von oben hörte ich Stimmen. Ich ging die Treppe rauf in den ersten Stock.
Ordentlich klopfte ich an die Wohnzimmertür und trat ein. Überrascht schaute mich eine Essende Familie an. „ Entschuldigung, man sagte mir, dass ich einen gewissen Karlo hier finden würde?" „Guck Mami, ich erzähle keine Geschichten!" Meldete sich das Mädchen an ihre Mutter. „Was willst du?" fragte mich der Mann, der am Kopfende des Tisches saß. „Schwierige Sache, kann ich das mit ihnen alleine besprechen?" der Mann schien irritiert. Vermutlich war er es nicht gewöhnt mitten während eines Essens von einem 15 Jährigen angesprochen zu werden. „ Gut, aber nur kurz"
Wir verließen zusammen den Raum. Sofort fing ich an „Du bist doch Karlo der Geldfälscher oder?" Karlo schaute mich geschockt an „Ich bin kein Fälscher Junge, wie kommst du darauf?" „Ist doch egal oder, ich habe ein Problem. Ich könnte verstehen, dass Sie mir nicht helfen möchten, wenn Sie erfahren, dass ich vor der Polizei fliehe, aber können Sie mir eine Adresse nennen wo ich hin kann?" Karlo schaute sich gehetzt um „Moment Junge, das klären wir in Ruhe. Komm mit in mein Büro"
Immerhin hatte er mich nicht rausgeworfen. Vielleicht hatte ich ihm Angst gemacht, oder neugierig – wenigstens würde er mir zuhören.
Wir gingen vom Flur aus in einen kleinen Raum. Dort bot mir Karlo einen Stuhl an und ich setzte mich. Ich vermied es, zu sagen, dass ich ein Dieb war, um keine Spur auf mich zu lenken, oder verraten zu werden. „Bevor ich dir helfe, möchte ich wissen, woher du meine Adresse hast" „Keine Sorge, bei mir ist sie in sicheren Händen, und auch die Person, von der ich sie hab, ist vertrauenswürdig. Allerding werde ich den Namen nicht verraten" „Okay, wie heißt du und was willst du von mir?" „ Nenn mich einfach Luke. Ich will Sie nicht länger belästigen, aber ich brauche eine Bleibe oder Arbeit. Ich bin schon mehrfach irgendwo eingebrochen, ohne erwischt zu werden." Er brach in schallendes Gelächter aus und brach abrupt wieder ab. „Und wieso bist du dann auf der Flucht?" fragte er spöttisch „Das ist kompliziert, kurz, ich denke, jemand hat mich verraten. Allerdings denke ich, man merkt, dass ich nicht auf Amerika komme." „Woher denn?" „Europa" schnell fügte ich hinzu „ Ich hatte gute Kontakte" „Okay Junge, bleibe ein paar Tage bei mir. Ich finde deine Erzählung zwar ziemlich unglaubwürdig und ich weiß nicht, ob du mich anlügst, aber du kannst dich beweisen. Du siehst schlau aus und so jemand ist immer gut zu gebrauchen. Vielleicht habe ich sogar einen geeigneten Job für dich. Ein Freund von mir macht da etwas." Was soll ich tun?" „Junge, du gefällst mir" Karlo lehnte sich zufrieden zurück, doch das Misstrauen aus seinen Augen war noch nicht verschwunden – das sah ich.


DiebeWhere stories live. Discover now