Die Liebe aus der Knospe einer Lüge

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Theodore Notts Sicht

Es ist zehn vor sieben. Das Fläschchen mit dem Vielsafttrank, welchen ich von Draco bekommen habe, halte ich in meiner rechten Hand und überdenke das Ganze noch einmal.

Ich muss in ungefähr zehn Minuten oben im Astronomie-Turm sein. Dabei darf mich keine Menschenseele sehen und außerdem muss ich Pansy weismachen, dass ich Draco bin.

Wieso gibt mir dieser Idiot eine solch schwere Aufgabe?

„In Ordnung, du schaffst das!", spreche ich mir selber Mut zu und schließe die Augen.

Meine freie Hand fischt eine Tüte mit Dracos Haaren. Ich lege das Fläschchen beiseite und lasse die Haare hineinfallen. Der dunkle, träge blubbernde Schleim nimmt eine hellrosa Farbe an und macht den Anblick angenehmer.

Ich nehme den Trank in die Hand und kippe alles in mich hinein. Ein Gefühl breitet sich in meinem Körper aus und in der nächsten Sekunde falle ich auf die Knie.

Meine Hände werden geschmeidig und glatt. Ich bewege mich schnell zum Spiegel in unserem Zimmer und betrachte mein Gesicht. Es wird schmaler und markanter. Meine Ansätze beginnen weißblond zu werden und sind augenblicklich komplett mit dieser Farbe besetzt.

Ich schließe die Augen und beim ersten Blinzeln erblicke ich das Ebenbild von Draco.

Ich habe noch nie einen Vielsafttrank angewandt, weswegen die Reaktion meinerseits komplett verständlich ist.

Ich gehe mir durch die Haare und bemerke, wie weich Dracos Haare sind. 

Dieser Junge muss sich Tag und Nacht pflegen, um perfekt auszusehen!

Nach wenigen Minuten treffe ich im Astronomie-Turm an und erblicke Pansy vor mir. Sie dreht sich um und grinst mich lieb an.

Es ist seltsam, dass sie mich nicht anschreit und schlagen möchte. Doch ich muss mit der Tatsache klarkommen, dass ich für die nächste halbe Stunde Draco Malfoy bin. Denn, wenn ich länger als eine Stunde bleibe, dann fliege ich auf und bekomme großen Ärger.

„Da bist du ja!", ruft Pansy und läuft auf mich zu.

Direkt vor meiner Nase bleibt sie stehen und ihr Grinsen wird immer breiter. Das Mädchen greift mich an meinem Arm und zieht mich auf den Boden, wo eine kleine Decke ausgebreitet ist.

Nicht gerade dumm. Schließlich wird es von Tag zu Tag kälter und der Winter rückt näher.

„Ich habe dich hier nicht erwartet", meint Pansy und verzieht das Gesicht. „Ich dachte, dass du mich versetzen wirst."

So schlecht denkt sie über Draco? Wie sehr hat er ihr das Gefühl gegeben, dass er nichts von ihr will, dass sie sich eine solche Meinung von ihm gebildet hat?

Mitleidig lege ich meine Hand auf ihre Schulter und schenke ihr mein nettestes Lächeln. Pansy weitet schockiert die Augen und läuft rot an.

„Ich bin doch keine schlechte Person in deinen Augen, oder?", frage ich und versuche meine Draco Miene beizubehalten.

Pansy zuckt mit den Schultern und blickt in die Leere. Dieses Treffen hätte ich mir spannender vorgestellt und nicht so dramatisch. Die Slytherin schüttelt ihren Kopf und blickt mir eindringlich in mein Gesicht.

„Jedenfalls bin ich dir dankbar, dass du mich nicht sitzengelassen hast", bedankt sie sich und nickt mir glücklich zu.

Ich erwidere ihre Geste und frage: „Weswegen wolltest du dich mit mir treffen?"
Pansy drückt ihre Zeigefinger zusammen und blickt schüchtern auf diese hinunter. 

Handelt es erneut von ihren platonischen Gefühlen für Draco?

Ich dränge sie nicht mir augenblicklich zu antworten, sondern warte geduldig und versuche das Mädchen nicht zu stressen.

„Ich möchte über uns sprechen", beginnt sie und ihr Gesicht läuft rot an.

Ich verdrehe die Augen und seufze: „Pansy, verstehe es doch! Ich habe kein Interesse an dir."

Die Slytherin möchte etwas einwenden und doch verstummt sie. Ihre Augen sind auf ihre Hände fixiert und aus irgendeinem Grund fühle ich mich nun schuldig.

„Ich habe nicht die Absicht gehabt so gemein zu klingen", entschuldige ich mich und möchte nach ihrer Schulter greifen, doch Pansy zuckt zurück.

Aufgrund ihrer Haare ist mir die Sicht auf ihr Gesicht versperrt. Im selben Moment beginnt sie am ganzen Körper zu zittern.

Ich frage mit zitternder Stimme: „Habe ich etwas Falsches gesagt?"

„Nein", antwortet sie und blickt mir weinend ins Gesicht. „Theo."

Mein Herz setzt für einen Moment aus und die Verwirrung in mir steigt an.

Bin ich etwa erneut zu meinem eigenen Ich geworden?

Ich blicke auf meine Hände und bemerke, dass sie noch immer geschmeidig und glatt sind.

Wie kommt es, dass sie weiß, wer ich bin?

Pansy kichert leise und fragt: „Denkst du ernsthaft, dass ich so dumm bin? Natürlich habe ich gewusst, dass Draco so etwas vorhat."

Dieses Mädchen ist deutlich klüger, als sie es öfters vorgibt.

Ich neige meinen Kopf schräg und frage: „Woher weißt du das?"

„Ich habe gesehen, wie Draco einen Vielsafttrank aus Snapes Vorrätekammer entnommen hat", erklärt die Slytherin. „Daraufhin habe ich gewusst, dass es nur deswegen sein kann."

„Aber, was ist, wenn ich doch Draco bin?", informiere ich mich und hebe meine Augenbrauen.

„Draco wäre niemals so verständnisvoll und würde mein Weinen ausnutzen, um sich über mich lustig zu machen", gesteht Pansy und eine Träne rollt ihre Wange hinunter.

Ich schließe die Augen und rufe entschuldigend: „Bitte bring mich nicht um!"

Doch in diesem Moment spüre ich zwei weiche Lippen auf meinen und schlage reflexartig die Augen auf. Ich sehe Pansy und bemerke zum allerersten Mal, wie hübsch sie eigentlich ist.

Das Mädchen löst sich von mir und ich realisiere, dass der Trank seine Wirkung verloren hat. Ich greife nach Pansys Wangen und ziehe sie zu mir, um meine Lippen erneut auf ihre zu pressen. Ihre Hände liegen auf meiner Brust.

Die Welt ist still und niemand unterbricht diesen Moment.

Wir lösen uns voneinander und Pansys Wangen glühen. Sie grinst mich glücklich an.

Wie habe ich all die Jahre nur meine Gefühle für sie unterdrücken können?

MisfitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt