Kapitel 32 - Warum tust du das?

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Das ist ein Traum.

Ein verrückter und äußerst bescheuerter Traum.

Dieser Gedanke geht durch meinen Kopf, da dieses Bild, welches sich so unerwartet an meiner Netzhaut spiegelt so... unerwartet ist, dass mein Gehirn schlichtweg versagt. All die Möglichkeiten, Wege, mit denen es sich gewappnet hat, scheinen schlichtweg mit einem Streich vom Tisch gefegt zu sein. Denn wer kann so etwas schon erwarten? Wie soll ich glauben, dass ich nicht halluziniere? Einen weiteren Tagtraum habe, der bezeugt, wie überaus nicht normal ich bin?, wenn der alte beste Freund nach neun Jahren in dein Leben stürzt, alles durcheinanderbringt und dann vor dir steht in einer....einer Kochschürze?

,,Ich glaube er wird gerade rot.", höre ich Ellie amüsiert hinter mir Flüstern.

,,Nathanial, wenn du den Braten abgelegt hast, kannst du dann bitte noch den Pudding aus dem Ofen holen? Er müsste jetzt perfekt sein.", höre ich meine Oma aus der Küche rufen.

,Ja, eindeutig. Er wird rot. Wie eine sexy Tomate.", flüstert es wieder hinter mir und man kann das mühsam unterdrückte Kichern heraushören.

Ich weiß nicht was ich sagen soll. Oder denken. Tatsächlich sehe ich einen roten Schimmer an seinen Wangen. Auf einmal scheint wieder Leben in ihn zu fahren und er geht schnell zum Tisch. Stellt die Auflaufschale in die Mitte des gedeckten Esstisches und rauscht in dir Küche, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen.

,,Interessant.", sagt Ellie diesmal und kommt neben mich. Ich sehe sie scharf an. Auf ihren Lippen ist ein schiefes Grienen. Scheinbar zufrieden - mit was auch immer - verschränkt sie ihre Arme und deuten mit ihren Augen und einem leichten Nicken in Richtung Küche. ,, Na dann geh mal deiner Oma helfen. Viel Spaß.", verkündet sie ohne ihr Amüsement zu verbergen. Dann zwinkert sie keck und schiebt mich - als ich sie nur weiterhin intensiv ansehe - leicht an der Schulter in Richtung Küche. Ich stolpere vorwärts, weil meine Muskeln sich angesichts dieser so prequären Situation verkrampf hatten. Nervös drehe ich mich um und blicke zum Wohnzimmer, ob Matthew oder - schlimmer noch - mein Dad irgendetwas mitbekommen haben. Doch sie scheinen in ein ernsthaftes Gespräch vertieft zu sein. Erleichtert atme ich aus und blicke böse zu Ellie. 

,, Lass das.", zische ich.

Sie verkneift sich sichtlich ein schelmisches Grinsen. ,, Was soll ich denn bitte lassen? Du wolltest doch deiner Oma helfen? Ich-", doch sie kann ihren Satz nicht beenden. Denn ihr wird die Überzeugungsarbeit abgenommen. 

,,Ben? Kannst du bitte mal nach den Mädels sehen? Es ist schon längst Essenszeit und der Tisch ist noch nicht einmal ganz gedeckt.", ruft meine Oma durch den ganzen Salon, dass ich sie bestimmt auch oben noch gehört hätte. 

Ergeben seufzend lasse ich meine Schultern fallen und schlurfe in die Küche. Ich höre Ellie hinter mir leise Lachen.

,,Du hast deine Oma gehört, Alexa.", murmelt Dad in meine Richtung und konzentriert sich dann wieder auf seine Unterhaltung mit Matthew. 

Es ist, als würde ich von einer unsichtbaren Schnur ins Unwissende gezogen. Kurz bleibe ich stehen, schließe die Augen und atme ein. Dann laufe ich schnell weiter, bevor einer der beiden rauskommt und mich so sieht. 

Alles ist gut. Es sind nur Gäste. Er ist nur irgendjemand. Ein alter bekannter. Du bist höflich. Distanziert. Dein Pokerface ist undurchdringlich. 

Ich entspanne meine Gesichtsmuskeln und Schulterpartien. Gehe in meiner Fassade auf, genau in dem Moment, als ich in die Küche eintrete und Nate dabei zusehe, wie er sich vor den Ofen bückt und den Pudding herausholt. Als ich seinen Allerwertesten bemerke, der genau in meine Richtung weist und das Stück Haut, welches durch sein heruntergerutschtes Shirt zu sehen ist erstarre ich und sehe steif weg. Meine Augen irren durch die Küche um etwas zu finden, worauf sie sich fixieren können um mein Bewusstsein mit neuen Bildern zu fluten. Ich spüre, wie meine Körpertemperatur erneut ansteigt und sich Hitze in meine Wangen schleicht. Ich starre meine Oma an, wie sie am Tresen etwas schnibbelt. Doch das Bild scheint in meine verräterische Netzhaut eingebrannt zu sein. 

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