Kapitel 21 - Liegt wahrscheinlich am Wetter

132 11 10
                                    

Meine Hände kribbeln immer noch von der Berührung. Wahrscheinlich, weil es so ungewohnt für mich ist, ein männliches Individuum zu berühren.

Ich reibe meine Fingerspitzen jeweils an meinen Handflächen und sehe weiter zu Nate. 

Was meint er damit? 

Seine Worte scheinen schwer in der Luft zu hängen. Es ist, als wäre eine tiefe Bedeutung hinter ihnen, die man durch genaueres Hineinhören entschlüsseln könnte. Aber so schnell und leise wie sie gekommen sind, verschwinden sie auch und entziehen mir die Möglichkeit zwischen den Zeilen zu lauschen.

Ich runzle die Stirn. Ich bin mir nicht sicher, ob ich will, dass er mich wieder ansieht damit ich sehen kann, ob immer noch dieser Ausdruck in seinen Augen steht. Bevor er mein intensives Starren bemerkt, drehe ich mich wieder nach vorne. 

Barrieren der Gegenwart, hat er gesagt. Was für Barrieren? Und wovor halten die ihn denn zurück? 

Er kann mir doch nicht so einen Brocken zuwerfen und dann einfach verstummen. Seit wann ist er überhaupt so poetisch geneigt? 

Gerade wo ich mich zu ihm drehen und mich von dieser Frage befreien will, die mir sicherlich eine Weile durch mein Bewusstsein schleichen würde, werde ich jäh unterbrochen.

,,So Leute. Eure fünfzehn Minuten sind um. Da sich bis jetzt noch niemand gemeldet hat, nehme ich an, jeder hat seine Hausaufgaben. Wie schön. Dann fangen wir mal direkt mit der ersten Aufgabe an. Hm.", er lässt den Blick durch die Reihen schweifen und bleibt an unserem Tisch hängen. ,,Ah unser neues Mitglied. Nate richtig? Fangen wir doch damit an, dass wir dich direkt mit in unseren Kurs integrieren. Fühl dich frei uns deine Notizen mitzuleiten.", sagt er ganz ruhig und mit einem leichten motivierenden Lächeln.

Ein kleiner Stein fällt von meinem Herzen. Obwohl ich meine Hausaufgaben habe und schon gern im Unterricht mitmache, werde ich trotzdem immer nervös, wenn ich das Ziel eines Lehrers werde. Ich glaub man bezeichnet es als Lampenfieber. 

Ebenso bin ich erleichtert, weil Smith, wenn er Nate so fragt, ihm auch die Hausarbeiten selbst überreicht haben muss. Also wäre das jetzt auch geklärt. 

Ich sehe zu Nate rüber, der immer noch nichts gesagt hat. Auf seinem Tisch liegt nur ein College-Block und eine schmale Ledermappe, aus dem er einen Kugelschreiber gerade kaputt gemacht hat. Ich sehe kein Arbeitsblatt. 

Oh bitte.

Nates Züge sind wieder eine starre Maske und er runzelt die Stirn. Ja!, jetzt überleg mal schön du Genie!, zischt eine sich immer mehr verdüsternde Stimme in meinem Kopf. Wenn man den Unterricht vor dem Ende verlässt, dann kann es eben passieren, dass da noch was wichtiges im Anschluss kommt!

Ein Räuspern kommt von meinem Partner. ,,Tut mir leid, Mister Smith. Aber ich habe die Hausaufgaben für heute nicht.", sagt er leise aber fest. Wie er immer so ruhig und selbstsicher sein kann, ist mir ein Wunder.

Mister Smiths Augenbraue schießt hoch und er kneift die Augen zusammen. ,,Wie meinst du das. Hast du die Aufgaben einfach nicht gemacht, oder das Arbeitsblatt nicht erhalten?", fragt er und sein Blick gleitet zu mir. 

Nein, nein. Das, können sich die beiden abschmieren. Und zwar sowas von!

Ich spüre wie meine Hände anfangen, leicht zu zittern und greife sie zusammen.

,,Ich habe das Arbeitsblatt nicht erhalten,Sir.", sagt er. 

Mister Smith neigt seinen Kopf etwas zur Seite und sieht mich auffordernd an. ,,Alexa, willst du dazu etwas sagen?"

Beim Klang meines Namens zucke ich innerlich kurz zusammen, obwohl ich es erwartet habe, dass irgendwann das Wort an mich gerichtet wird. Trotzdem! Ich mag zwar schüchtern sein, aber ich lasse es nicht zu, dass man mich ungerecht behandelt.

Like YesterdayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt