zwei

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Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug, stieg mir der himmlische Duft von frisch gekochtem Kaffee in die Nase. Wie auf Knopfdruck meldete sich mein Magen. Nach langem hin- und herwelzten auf dem Laken, schaffte ich es doch, aufzustehen. Prompt stieß ich gegen den Türrahmen, fluchte und rieb mir am Ellebogen. Scharf sog ich Luft ein. Das würde blaue Flecken geben. „Ach, auch schon wach?" kam es nur gedämpft von der Küche. Spöttisch lachte Jana leise auf. „M-hm, du hast gut Reden." murmelte ich schlaftrunken, streckte meinen Körper durch und gähnte. Normalerweise war ich ja absolut kein Morgenmuffel, aber mal ehrlich: Wer geht denn schon gerne so früh auf die Arbeit? Keiner - na also.

Gestern Nacht hatte ich nur noch das Klacken der Haustüre mitbekommen und das, ziemlich spät, für meinen Geschmack. „Warst du denn wieder bei Louis, hm? Wurde ja sehr spät, findest du nicht?" neckte ich sie und richtete mich mühsam, fast in Zeitlupe auf. Sie winkte ab. „Kein Kommentaaar." flötete sie mir mit hochrotem Kopf zu. Noch immer im Halbschlaf setzte mich auf den Barhocker und schenkte den Kaffee in die fliederfarbene Tasse ein.

Missmutig biss ich zweimal in mein Marmeladenbrötchen und ließ es fallen und dann dort liegen. Die Antwort auf Janas irritieren Blick kam prompt. „Keinen Hunger" Benommen ging ich in unser Bad und machte mich fertig. Heute entschied ich mich spontan für eine schwarze Leggings, meinen langen purpuroten Hoodie und schwarze Boots. Mein Make Up bestand heute nur aus einem simplen Concealer, Wimperntusche und ein wenig Rouge. „Bye bye." rief ich und verließ mit diesen Worten die Wohnung, schlug die Tür hinter mir zu und startete meinen Wagen. Um einiges aufgeweckter, als am Morgen, fuhr ich die Ausfahrt hinaus und machte den Radio an. Sofort kannte ich die Melodie, die erklang. Es lief Wings von Birdy. Oh, wie ich diesen Song liebte!

Sunlight comes creeping in

Illuminates our skin

We watch the day go by

Stories of all we did

It made me think of you

It made me think of you

Under a trillion stars

We danced on top of cars

Took pictures of the stage

So far from where we are

They made me think of you

Als ich mein Gesinge nach einer Ewigkeit wieder beendet habe, drehte ich die Lautstärke hinrunter, schließlich wollte ich ja keine Anzeige kassieren. Wieder konzentrierte ich mich auf den Verkehr. Die blöde Ampel schien ja auch nur im 10 Minuten - Takt zu funktionieren. Genervt stöhnte ich auf und fuhr mir mit den Fingern durch die langen dunklen Haare. Mit einem kurzen Seitenblick auf die Uhr musste ich entsetzt feststellen, dass ich auch noch zu spät dran war. Nach einer gefühlten Stunde, schaltete Ampel endlich um, sodass ich das Gaspedal ganz durchdrückte. Einen Blitzer würde ich riskieren. Mit quietschenden Reifen bog ich nach links in die Personalparkpläzte ein und stieg aus. Mit schnellen Schritten stieß ich die Hintertür von dem Klamottenladen auf und trat ein. Die angenehm warme Luft strömte mir entgegen.

Lächelnd ging ich in den Raum PRIVAT, klipste mir mein schwarz - silbernes Namensschildchen an die Brust und fing an, an den Umkleiden die probierten Stücke in die jeweiligen Teile in verschiedene Abteilungen ein. Das war mein Arbeitstag und irgendwo Routine. Kunden beraten und das war's. An die Kasse durfte ich leider nicht so oft, weil Melissa, meine Chefin, ziemlich oft, um nicht zu sagen immer, dort war. Ansonsten war die Arbeit ganz in Ordnung. Jana war im Gegensatz zu mir Mode Designerin bei einer berühmten Modekette. Das wäre ein toller Beruf. Man könnte sich von sovielen Dingen inspirieren lassen, könnte seinen Ideen freien Lauf lassen. Und dann sogar noch selbst, deine eigenen designten Sachen tragen. Das wäre unglaublich. Doch so kreativ wie sie, bin ich bei weitem nicht.

I hate it to be hungry #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt