Kapitel 24

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Nicholas

Ich hätte nicht auf mein Handy sehen sollen. Nope.

Jetzt weiß ich, dass Stacy mich angerufen hatte, und ich mich zurück melden musste.

Es war erst 8 Uhr, ich war müde und schlecht gelaunt, weil... ich habe keine Ahnung warum.

Ich lief auf den Flur vor unserem Zimmer, um Seth nicht zu wecken.

"Stacy? Was los?" Fragte ich genervt, als sie endlich abhob.

"Ja das würde ich mal gerne von dir wissen Nick!" Schnauzte sie mich durch den Hörer an.

"Was soll denn sein?"

"Nick. Du sagst mir nicht, dass du weg gezogen bist? Du bist auf einer Universität in Washington? Ist das dein Verfickter Ernst? Wie soll denn das jetzt mit uns klappen?" Ihre Stimme war so schrecklich Schrill, dass ich Kopfschmerzen bekam.

"Jetzt komm mal bitte wieder runter! Und ja, das ist mein Ernst! Warum glaubst du eigentlich, dass wir zusammen oder so sind? Ich habe dich nur gefickt! Mehr nicht! Krieg das endlich in dein scheiß Spatzenhirn!"

Ich hörte sie nach Luft schnappen. Es tat mir ja auch ein bisschen leid, so mit ihr zu reden, aber anders verstand sie es ja anscheinend nicht. Und außerdem, könnte sie mir nur in die Quere kommen, wenn sie wüsste, dass ich Rachel habe. Sie würde es aussehen lassen, als wären wir zusammen oder so und Rachel würde mich nie wieder sehen wollen. Das weiß ich ganz genau.

Ich bin kein Arschloch mehr, dem es nur ums Vögeln geht. Ich habe gelernt, dass ich Gefühle habe... wenn auch nur ganz tief in mir, und dass ich lernen muss damit umzugehen.

Was passiert ist, kann ich nicht rückgängig machen, aber es war nicht meine Schuld. Hoffe ich.

Ich beendete das Telefonat einfach so. Heute beschloss ich alle Kurse und Seminare ausfallen zu lassen. Somit ging ich wieder ins Zimmer und kroch unter meine Bettdecke.

"Jo, bist du krank oder was?" Seth rüttelte an meiner Schulter. Er war komplett angezogen, und hatte seinen Rucksack auf dem Rücken.

"Nein." Murmelte ich und drehte ihm wieder den Rücken zu.

"Boah, jetzt steh schon auf Alter!"

"Ich werde heute nicht zu irgendwelchen Seminaren gehen. Also lass mich in Ruhe."

"Ist ja gut."

Ich hörte wie Seth  genervt aufstöhnte und dann die Tür ins Schloss fiel.

Nachdem er gegangen war, konnte ich nicht mehr einschlafen. Ich beschloss duschen zu gehen, und danach in den Wald zu fahren.

Das Wasser prasselte mir auf meine Schultern, und trotz Gemeinschaftsduschen, war es leer hier. Ich war alleine. Ich stützte meine Hand an den Fliesen ab und schloss die Augen.

Rachel. Was sind wir? Freunde? Oder mehr? Ich habe keine Ahnung was sie will. Ich wusste nur, was ich wollte. Und ich werde darum kämpfen es zu bekommen.

Der Wald war ruhig. Die Vögel zwitscherten und es ging ein leichter Wind, der durch die Bäume raschelte. Ich setzte einen Fuß vor den anderen, bis ich an einer Lichtung angekommen war. Die Sonne schien direkt auf die Wiese und brachte die Blumen zum Strahlen.

"Wo bist du?"

Die Nachricht auf meinem Handy war von Rachel. Wir hatten länger nicht mehr miteinander geredet.

"Wald." Antwortete ich knapp.

"Ich komme."

Wie wollte sie mich finden?

"Ich warte an der Straße." Schrieb ich ihr noch, ehe ich  kehrt machte und auf die Straße weiter weg zusteuerte, an der ich auch mein Auto geparkt hatte.

"Wie zur Hölle bist du hier her gekommen? Wer hat dich gefahren?" Fragte ich verwirrt, als Rachel auf mich zukam und ich dem roten Auto hinter her sah.

"Das war Lauren. Eine aus meinem Seminar." Vor mir blieb sie ein Stück weit stehen.

Das gefiel mir gar nicht. Wieso ging sie so auf Abstand?

"Was ist los?"  Ich wollte nach ihrer Hand greifen, doch sie zog sie weg.

Mein Herz zog sich zusammen und ich konnte sie nicht weiter ansehen.

Seid wann werde ich so schnell verletzlich?

Doch plötzlich spürte ich kleine Finger, die die meinen umschlossen.

"Tut mir leid. Ich wollte nicht..." Fing sie an zu reden, doch kam nicht zum Ende. Ich zog sie zu mir und drückte sie so fest, dass ich ihr nicht weh tun konnte.

"Was ist los?" Fragte ich noch einmal.

"Lauren hat mir etwas erzählt... Es geht um einen Jungen aus unserem Jahrgang. Er liegt im Koma." Flüsterte sie.

"Ja und? Was habe ich damit zu tun?" Fragte ich etwas zu kalt, für meinen Geschmack, aber egal.

"Er wurde zusammengeschlagen. Es war eine Verwechslung. Es waren mehrere Männer, die auf ihn eingeschlagen haben. Es ist auf der Party passiert, auf der wir neulich waren."

"Eine Verwechslung?" Was für eine Verwechslung? Also wenn ich jemanden zusammenschlage, dann weiß ich doch immer wer mein Opfer ist oder nicht? Also so war das zumindest bei mir das letzte mal. Es sei denn.... Oh....

"Ja Nick. Mehr weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass die Männer nicht aus der Uni waren."  Sie sah mich mit großen Augen auffordernd an.

"Was weißt du?" Fragte sie nach einer Weile, weil ich nichts mehr gesagt hatte.

"Wenn man jemanden zusammen schlägt, dann weiß man wer das Opfer ist. Man Verwechselt es nicht." Sagte ich ruhig und sah dabei in die Ferne, denn ich wollte es nicht aussprechen, was ich dachte.

"Ja und weiter?" Rachel wurde sichtlich nervöser.

"Wenn man einen Auftrag bekommt, könnte man in der Tat sein Opfer verwechseln." Meine Stimme war nicht mehr fest, sie war leise, wie ein Flüstern.

"Du meinst..."

"Ja Rachel. Du sagtest die Männer seien nicht von hier gewesen. Das könnten die Männer von ihm sein."

"Collins?" Ihre Stimme war schrill, ich wusste nicht mal, dass sie so ein Geräusch von sich geben konnte.

"Ja." Sagte ich knapp und mir lief es dabei eiskalt den Rücken hinunter.

"Weißt du genau, was der Typ hat?" Ich musste wissen, wie sie ihn zugerichtet hatten. Dann kann ich mich besser vorbereiten.

"Also Lauren hat mir erzählt, dass sie ihm den Schädel zertrümmert haben und er deshalb im Koma liegt. Momentan sieht es sehr schlecht für ihn aus." Sie hatte Tränen in den Augen. Nicht weinen. Nicht weinen.

"Nick, das hättest du sein können!" Schluchzte sie und fiel wieder in meine Arme. Sie weinte bitterlich und ihr ganzer Körper zitterte.

"Ssshhh, ich bin doch da. Alles Gut." Natürlich war ich von meinen eigenen Worten kein bisschen überzeugt, denn die Scheiße jagte mir einen enormen Schrecken ein.


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