Slytherins Löwe

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Mit einem Nicken deute ich ihr, dass ich mir ihren Tipp zu Herzen nehmen werde und die Professorin richtet sich erneut auf unser hauptsächliches Thema.

Ihre rechte Hand legt sich auf den Tisch und die Vorhänge hinter ihr verwehren den Sonnenstrahlen den Einlass in das Büro. Die Luft im Zimmer fühlt sich plötzlich stickig an und verschnürt mir den Hals.

McGonagall richtet ihre ernsten Blicke auf mich, wodurch ein großes Fragezeichen in meinem Kopf auftaucht. Mir ist unklar, weshalb ich hier sitze und aus welchem Grund zieht die Professorin es dermaßen in die Länge?

„Professor?", spreche ich vorsichtig und die Frau schreckt auf.

„Miss Granger, verzeihen Sie", entschuldigt sich McGonagall für ihre geistige Abwesenheit. „Ich habe bloß darüber nachgedacht, wie schnell Sie doch zu einer jungen Frau herangewachsen sind! Es fühlt sich so an, als wäre es erst gestern gewesen, als Sie an Ihrem ersten Tag in meinen Unterricht gekommen waren."

Die Professorin schwebt in Nostalgie. Ihr Gesichtsausdruck wirkt nun überhaupt nicht mehr ernst, eher traurig oder mitleidig. Doch weswegen?

McGonagall neigt den Kopf schief und betrachtet mich noch immer mit denselben Blicken. Ihre Augen wandern zu dem Wappen auf meiner Brust und ein Lächeln schmückt ihre Lippen. Unerwartet seufzt sie jedoch aus und lehnt sich zurück. Doch sobald sich die Professorin gefangen hat, lehnt sie sich erneut nach vorne, wodurch meine Verwirrung steigt.

„Miss Granger", spricht die Frau. „Ich möchte nicht versuchen Sie weiterhin zu hindern. Sie haben das Recht zu wissen, worüber ich mit Ihnen sprechen möchte und je länger ich es hinauszögere, desto schwerer fällt es mir."

Über meine Lippen kommen keine Wörter. Dafür bin ich viel zu neugierig. Das Interesse in meinem Inneren erschwert mir das Atmen.

„Vor sechs Jahren ist es zu einem Fehler gekommen", spricht sie.

Ich wiederhole mit zusammengezogenen Augenbrauen: „Ein Fehler vor sechs Jahren?"

Professor McGonagall nickt und spricht erklärend: „Der sprechende Hut hat bei Ihrer Einteilung in eines der vier Häuser einen Fehler begangen und der Grund ist derzeit unbekannt."

„Wie meinen Sie das?", frage ich stotternd und betrachte das Wappen auf meiner Brust.

Aus diesem Grund waren ihre Blicke auf das Wappen gerichtet. Doch in welches Haus gehöre ich denn ursprünglich?

McGonagalls Hände greifen unter den Tisch und ziehen einen schwarzen Umhang hervor, wobei das Wappen aufgrund des Stoffes bedeckt ist. Ich schlucke schwer und bewege meine Hand zitternd zu dem Umhang, um herauszufinden, welches Wappen sich unter dem Stoff versteckt.

Mein Herz setzt für einen Moment aus und reflexartig stehe ich auf, wodurch der Sessel hinter mir auf den Boden fällt.

„Das Hause Slytherin ist Ihr ursprüngliches Haus, Miss Granger", berichtet die Professorin und blickt auf ihre Hände.

Mir fehlen die Worte. Eigentlich fehlt mir der Mut sie auszusprechen. Mein Herz zieht sich zusammen und ich bin den Tränen nahe. Tränen, welche aufgrund meiner unerwünschten Wut und Trauer entstanden sind.

„Professor", schluchze ich und spüre, wie sehr mich diese Meldung verletzt. „Das ist doch ein alberner Witz! Sie scherzen ganz bestimmt! Dies können Sie nicht ernst meinen! Ich meine, ich bin eine Gryffindor! Ich bin immer eine gewesen und werde es auch bleiben!"

„Miss Granger", haucht McGonagall.

„Bitte tuen Sie mir dies nicht an! Ich flehe Sie an! Ich möchte in Gryffindor bleiben! Schließlich bin ich seit sechs Jahren dort!"

„Miss Granger!", ruft McGonagall plötzlich mit harschem Gesichtsausdruck und ich schrecke zurück. „Benehmen Sie sich! Es ist Ihre Pflicht als Schülerin die Entscheidungen des Schulleiters zu respektieren!"

Warum möchte Dumbledore, dass ich mein Haus wechsle? Welchen Sinn würde dies denn haben? – Außer, dass die Schlangen mich zu Tode quälen werden.

„Ihre gesamten Sachen wurden in Ihr Zimmer im Slytherin-Kerker gebracht", erwähnt die Professorin. „Bitte lassen Sie Ihren alten Umhang hier."

McGonagall überreicht mir den Umhang und eine Krawatte, beides in den Farben des Hauses Slytherin.

„Sie dürfen nun gehen."

Meine Augen sind auf die zwei Kleidungsgegenstände in meiner Hand fixiert. Mein Gehirn dreht vollkommen durch. Eine Frage hat sich in meinen Kopf gebohrt und ich finde tausende Antworten, wobei keine Dumbledores Entscheidung berechtigt.

Wie soll ich es Harry und Ron erklären? Werden sie verständnisvoll sein, oder komplett dagegen stimmen? Wie lange würde ich mit den Schlagen überleben? Wie kann ich, als Muggelgeborene überhaupt in dieses Haus gehören?

Ich stehe nun vor der Tür der großen Halle und betrachte ein letztes Mal die Kleidungsstücke in meiner Hand, bevor ich mir den Mut nehme, um sie anzuziehen.

Fertig angezogen atme ich ein letztes Mal aus und betrete die große Halle. Harrys Blick fällt sofort auf mich und er stupst Ron an, welcher mich grinsend anschaut. Doch in dem Moment, in dem sie meinen Umhang sehen, verfallen beide in eine Starre. Ich senke meinen Blick und steuere auf den Tisch der Slytherin zu.

Diese bemerken meine Anwesenheit ebenso. Viele betrachten mich schockiert und andere tuscheln neugierig.

„Granger?", höre ich Dracos Stimme und blicke auf.

Selbstverständlich muss ich den Platz wählen, an welchem dieser Idiot sitzt.

„Was hast du hier zu suchen?", fragt er, nachdem keine Antwort auf seine Frage kommt.

Ich blicke auf und antworte mit zitternder Stimme: „Ich bin ab dem heutigen Tage eine Slytherin."

Draco verschluckt sich an seinem Salat. 

MisfitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt