Kapitel 60-Letzte Hoffnung

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@leo_02x gewidmet :)

13.Tag

Finnick P.o.V.

Als Paul wieder aufrecht steht, versucht er einen weiteren Angriff.
Er zieht die Machete aus seinem Gürtel und hebt die Spitze in Richtung meines Herzens.
Er grinst hämisch, obwohl ihm Blut aus dem Mund läuft und er taumelt, als hätte er einen ganzen Tag lang nur Alkohol getrunken.
,,Komm doch her, Paul", ziehe ich ihn auf.
Er stolpert, obwohl nur drei Meter zwischen uns liegen, und stützt sich immer wieder am Felsen ab.
,,Ich werde dir dieses Lächeln schon austreiben", sage ich, lächele dabei selber.
Er schüttelt den Kopf.
,,Versuch es doch."
Seine Stimme klingt heiser und als würde er mit Wasser gurgeln.
Frisches Blut läuft an seinem Kinn herunter und tropft auf den Kragen seines Shirts.
Pauls Kräfte sind schon am Ende, da er sehr viel Blut verliert, aber er nimmt alle Kraft zusammen und schlägt mit seinem Handschuh in meinen Bauch. Ich habe den Schlag nicht vorhersehen können. Mein Dreizack fällt scheppern zu Boden.
Dir Spitzen bohren sich tief unter meine Haut und stechen in meinen Magen.
Ich ächze und Paul rammt seine Faust immer und immer wieder noch tiefer in meine Magengrube hinein. Er stößt mich zurück und ich stolpere über Lazes Füße, bis ich den kalten Felsen an meinem Rücken spüre.
Ich schmecke den metallischen Geschmack von Blut und muss husten.
Die Blutstropfen sammeln sich auf Pauls Gesicht.
Er zieht die Spitzen aus meinem Körper und ich schreie auf, als die kleinen Widerhaken meine Haut zerreißen.
Pauls Handschuh ist rot und Blut fließt an ihm herunter. Gekrümmt stehe ich am Felsen und haste Blut, bis sich ein kleiner See aus Blut vor meinen Füßen gebildet hat.
Irgendwo neben mir höre ich Laze gedämpft aufschreien.
Aber ich kann ihr nicht helfen, weil ich immer noch Blut in Strömen ausspucke.
Ich werde verbluten.
Jämmerlich verbluten bevor Paul es tut.
Auf einmal gibt es einen ganz kleinen Funken Hoffnung. Ich weiß nicht, ob es funktioniert, aber das muss es einfach.
Ich sammele meine letzte Kraft und richte mich auf. Mühsam greife ich nach meinem Dreizack und befestige ihn an meinem Gürtel.
Langsam und absichtlich laut schlurfend verlasse ich den kleinen Kreis aus Felsen, in dessen Mitte immer noch unser Feuer brennt.
Ich sehe zu Laze, die mir einen besorgten Blick zuwirft.
Sie steht mit dem Rücken zum Felsen und Paul hält ihr ein Messer an die Kehle.
Doch bevor er sie tötet, folgt er ihrem Blick und sieht mich, wie ich mich weiter weg schleppe.
Er kann mich nicht gehen lassen. Sonst wäre es nur ein Wettlauf mir der Zeit, wer zuerst verblutet und wir beide wissen, dass er es wäre.
Ich bin mir sicher, dass er mich niemals gehen lassen würde.
Laze hasst er nicht. Für ihn ist sie nur ein weiterer Tribut. Ich bin sein Todesfeind. Aber er würde nicht sterben um mich zu töten.
Genau das ist seine Schwäche.
Ich befehle meinen Beinen, weiter zu laufen, obwohl sie schwer sind wie Blei, aber ich muss.
Jeder Schritt ist eine Qual und ich huste immer mehr Blut, dafür höre ich, dass auch Paul Blut hustet und nicht schnell laufen kann. Keiner von uns rennt. Wir humpeln beide in der brennenden Hitze zwischen den Felsen hindurch und kalter Schweiß läuft über meinen Rücken und meine Stirn und brennt mir in den Augen.
Es muss einfach da sein.
Meine letzte Rettung.
Noch ein Schritt, dann noch einer, ein weiterer und ein letzter. Dann erst sehe ich das kaum sehbare Muster auf dem Boden, das an eine Schlangenhaut erinnert.
Ich atme erleichtern aus und die neue Hoffnung gibt mir Kraft.
Der Dreizack an meiner Seite zieht mich nach unten, aber davon kann ich mich nicht aufhalten lassen.
Als ich beim Netz ankomme, mache ich einen unauffälligen Schritt darüber und gehe einfach weiter.
Wenige Schritte hinter mir höre ich Paul plötzlich erschrocken die Luft einziehen, als sich das Netz aufspannt und ihn gefangen hält. Langsam drehe ich mich um und lächele.
Es ist eher ein erleichtertes Lächeln. Es hat funktioniert.
Ich lasse meinen Dreizack noch am Gürtel befestigt und schreite langsam auf Paul zu.
Seine Finger kämpfen mit den dicken Grashalmen und er versucht verzweifelt sich zu befreien.
,,Lass es sein. Es ist vorbei. Das wissen wir beide", keuche ich.
Ich stoße meinen Finger in die Wunde an seiner Brust und steche immer weiter hinein.
Mit gequältem Gesichtsausdruck und zusammengebissenen Zähnen fällt er ächzend auf die Knie und kippt nach hinten um.
Er liegt flach auf dem Boden und ich knie mich über ihn.
Erleicht, dass ich endlich sitzen kann, halte ich kurz inne.
Ich schließe die Augen und blicke zum Himmel. Ganz Panem guckt jetzt zu.
,,Töte sie zuerst. Ich bin tot, bevor du bei ihr ankommst. Sie wird weglaufen und dich verbluten lassen", stöhnt Paul und Blut fließt erneut aus seinem Mund.
Ich schüttele den Kopf.
,,Du wirst tot sein, bevor ich bei ihr bin, aber nicht bevor sie stirbt", antworte ich und lockere meinen Dreizack.
Ich halte kurz inne und suche nach den richtigen Worten.
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich sagen soll.
,,Du bist einfach nur ein armseligen kleiner Tribut", sage ich.
,,Deine größte Schwäche war dein Neid und deshalb hast du mir manchmal ziemlich leidgetan."
Ich lache. Das ist alles, was mir zu ihm einfällt und was ich sagen kann. Dann hole ich aus und stehe den Dreizack direkt in Pauls alte Wunde. Sein ganzer Körper spannt sich an und ich drücke den Dreizack immer und immer wieder nach unten. Jedes Mal keucht Paul auf, bis ich aufhöre und ihm tief in seine Augen blicke, die selbst jetzt noch Hass ausstrahlen.
Dann wird sein Körper locker und seine Augen starr.
Die Kanone knallt und kurz darauf ertönt Claudius Templesmiths Stimme.
,,Ich beglückwünsche die letzten beiden Tribute der vierundsechzigsten Hungerspiele." Er macht eine Pause um Spannung zu erzeugen. ,,Möge der Bessere gewinnen." Mehr sagt er nicht, aber seine Stimme klingt fest und ernst.
Es ist wieder still. Ich brauche einen kurzen Moment Ruhe, bevor ich den Dreizack aus Pauls totem Körper ziehe und mich an ihm hochziehe.
Langsam und wie ein alter Mann an einem Gehstock schleppe ich mich in Richtung Feuer zurück.
Laze fragt sich bestimmt schon, wer von uns beiden gestorben ist.
Der Rauch des Feuers steigt immer noch still in den Himmel auf.
Alles hier in der Arena ist still.
Ich trete hinter dem Felsen hervor, der mich von unserem Kampf- und Rastplatz trennt und blicke auf die komplette Verwüstung.
Der ganze Boden ist von Blut befleckt. Zwei blutige Messer liegen auf dem Boden und mein Rucksack liegt umgekippt neben dem Feuer. Überall ist Blut. Pauls Blut. Mein Blut. Lazes Blut. Das verbindet uns am Ende alle.
Mitten im Schlachtfeld steht Laze mit dem Rücken zu mit gedreht.
Als sie mich kommen hört, dreht sie sich um.
Ihr Gesichtsausdruck ist eine Mischung aus Entsetzen und Trauer, aber sie scheint im ersten Moment auch erleichtert zu sein, dass ich überlebt habe. Dann bricht sie in Tränen aus und geht langsam rückwärts.
Wir sind die letzten beiden Tribute.
Möge der Bessere gewinnen.




Die Tribute von Panem-Dunkele LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt