2010 das Jahr der Überraschungen 2.0

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Das Jahr fing schon mal damit an, dass ich noch im Vorjahr mit Magen-darm erkrankt war. Zu meinem Glück ging dies recht schnell vorbei.
Am 04.01 machten wir uns auf den Weg nach Hörstel zu Oma. Da wir aber noch tanken mussten und noch nicht gefrühstückt hatten, beschloss Mama zu einer Tankstelle zu fahren und dort zu tanken und für uns Kinder etwas zum essen zu kaufen. Also tankte Mama ganz normal das Auto und nahm Mike-Levi mit hinein in die Tanke zum bezahlen, und damit er sich etwas füe uns Kinder aussuchen konnte. Nur dazu kam es nicht.
Denn kurze Zeit später kam Mama heulend aus der Tanke raus. Wir wussten nicht was dort drinnen geschehen war, also stieg Papa aus, um Mama zu trösten und zu fragen, was passiert ist.
Sie brach erneut in Tränen aus, als sie Papa alles erzählte. Mir war klar, irgendetwas stimmt nicht, was ist passiert? Aber was? Und ich sah meinen Geschwistern an, dass ihnen das gleiche durch den Kopf ging.
Als Mama sich etwas beruhigt hatte, saß sich Papa ans Steuer und wir fuhren weiter, wie geplant nach Hörstel.
In Hörstel angekommen fuhren wir aber nicht zu Oma, sondern zum Haus meines Onkels. Vor der Haustür standen die Polizei, ein Krankenwagen und ein Leichenwagen. Mir wurde so langsam bewusst, was passiert war. "Papa, warum steht hier ein Leichenwagen und die Polizei? Bitte sag mir, dass Onkel Dima* und Tante Julia* ..." , doch ich konnte nicht weiter sprechen, da Mama und Papa das Auto verließen. Nach einer gefühlten ewigkeit kam Papa alleine wieder zu uns ins Auto, und er hatte schreckliche Nachrichten: "Kinder, Onkel Dima ist tot." Und plötzlich fühlte sich jede Sekunde wie eine halbe ewigkeit an, und die Tränen rannten mir über die Wangen. Ich wollte diese Nachricht nicht wahr haben. Kurz vorher, war er schließlich noch mit uns auf der Weihnachtsfeier gewesen und nun soll er einfach tot sein? Nein das geht doch nicht. Es wollte einfach nicht in meinen Kopf rein. Nur leider war dies die bittere Wahrheit.
Und diese musste ich nun akzeptieren, ob ich wollte oder nicht.

Zwei Wochen später war die Beerdigung. Das war die erste Beerdigung auf der ich je war. Es war schrecklich, denn ich stellte mir vor, dass Onkel Dima gleich sofort die Augen plötzlich öffnen würde und rufem: "Hah! Verarscht! Ich lebe noch!" Doch dies war nicht der Fall. Meine Gedanken schwiefen ab und ich dachte mir: Da hatte ich auch zur Schule gehen können und 8 Stunden Montagslaune verbreiten. Alles war auf russisch und ich verstand kein Wort.
Später beim Leichenschmaus wurde mir endgültig schlecht und Papa musste mich nach Hause bringen. Außerdem hielt ich die positive Stimmung nicht aus. (Ja positive Stimmung! Keine Ahnung, warum die alle plötzlich so gut drauf waren.)

Am nächsten Tag, also Dienstag, ging ich wieder zur Schule. Und natürlich waren alle neugierig, warum ich denn gestern nicht in der Schule gewesen war. Ich erklärte meiner Klasse, dass ich auf einer Beerdigung gewesen war.
Mittwoch (27.01.2010)hatte ich mich so langsam schon daran gewöhnt und auch damit abgefunden, ich Onkel Dima nie wieder sehen würde. Abends lief das Carsting für DSDS, als plötzlich das Telefon klingelte und Papa den Hörer nahm. Mein erster Gedanke war: Jetzt kommt's, Opa Grisch ist gestorben. Mir war nicht bewusst, wie recht ich mit meinem Gedanken hatte.
Wir wurden in unsere Zimmer geschickt und kurz nachdem Papa aufgelegt hatte, ins Schlafzimmer gerufen. Mama musste uns die schreckliche Nachricht überbringen, da Papa am Boden zerstört war: "Kinder, es ist etwas schlimmes passiert. Opa Grisch ist tot." Es herrschte vollkommene Stille im Schlafzimmer, denn den Fernseher hatte Papa zuvor auf Stumm gestellt, um besser telefonieren zu können.
Ich unterbrach die Stille mit einem monotonem: "Ich gehe schlafen. Gute Nacht." Alles was ich wollte, war schlafen. Ich war so geschockt von dieser Nachricht, dass ich spontan einfach nur noch schlafen wollte zudem dachte ich: "Vielleicht ist das nur ein Traum, und wenn ich morgen früh aufstehe ist alles wie vorher." Was ein kindlicher Gedanke, doch genau dies dachte ich mir aber. Und wie zu erwarten war Opas Tod kein böser Traum gewesen, sondern die harte Realität. Dies wurde mir erst so richtig klar, als ich im Erdkundeunterricht plötzlich mit Tränen
zusammenbrach. Erst jetzt war die Schockstare vom Abend nachgelassen und nun kamen die Tränen ohne Pause. Frau
Keiser*, meine Klassenlehrerin bei der wir auch Erdkund hatten(und noch einige Fächer mehr), bemerkte direkt dass ich am heulen war und kam zu mir. "Dilara ist alles in Ordnung?" "Nein, gestern abend ist mein Opa gestorben." "Und da bist du heute trotzdem in die Schule gekommen, um dich ab zu lenken. Das war eine gute Idee. Möchtest du lieber kurz nach draußen vor die Tür gehen?" "Ja *schnief*." "Soll jemand mit dir raus?" "Ja, Amelia." "Ok, gut. Dann geht mal eben vor die Tür. Und sollte es gar nicht gehen, Dilara, dann geb bescheid. Du kannst dich jeder Zeit abholen lassen." "Danke, Frau Keiser."
Amelia und ich gingen vor die Tür in den Flur, und dort fing ich ohne Vorwarnung erneut an zu heulen. Ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Egal was ich versuchte, es half nicht. Auch die tröstenden Umarmungen von Amelia brachten mir nichts, denn auch diese würden mir Opa Grisch nicht zurück bringen können.
"Amelia, es gibt keinen Gott. Denn würde es einen geben, dann hätte er uns nicht Opa genommen! Ich kann nicht mehr glauben. An einen solchen gemeinen und hinterhältigen Gott kann und will ich nicht glauben!" Meine Trauer wurde plötzlich zu Wut auf den Gott.
Als ich nicht mehr weinen konnte und auch schon zu erschöpft war, um mich weiter über Gott auf zuregen, gingen wir wieder in die Klasse und setzten uns auf unsere Plätze.
Den Rest des Tages brauchte ich keine Aufgaben in der Schule zu erledigen und saß einfach nur da und starte aus dem Fenster. Ich fühlte mich leer, als wurde ein wichtiger Teil meines Lebens rausgerissen. Dort wo dieser Teil war, war nun ein riesiges Loch, welches durch nichts gefüllt werden konnte. Warum, Vater? Warum hast du uns Opa genommen?
Am Montag war die Beerdigung von Opa und dort sprach der Prediger: "Bruder Samuel* ist nun bei unseren himmlischen Vater, an einen besseren Ort.[...]" "Was für ein besserer Ort? Er liegt jetzt ib einer Holzkiste und wird mit dieser unter der Erde vergraben. Dort wird sein Körper von Maden zerfressen und zerfällt. Danach kommt nichts mehr. Man, er ist tot!!! Raff das da ist nichts lebendes mehr an ihm!!!", dachte ich mir.
Nach den Predigten schloßen sie den Sarg, und plötzlich wichen meine patzigen Gedanken den Tränen. Und jetzt wurde mir immer mehr bewusst, dass ich Opa nie wieder sehen würde, so wie Onkel Dima.

Beide sind nun seit sechs Jahren tot und es fühlt sich immer noch nicht normal an.
Jetzt steht auch Opas Mazda Demio in unserer Einfahrt, und sie riecht, wie damals. Manchmal setze ich mich in das Auto hinter den Beifahrer und stelle mir vor, dass ich wieder ein Kind sei und ich mit Oma und Opa zur Gemeinde fahre zum Gottesdienst. Selbst jetzt in diesem Moment, in dem ich diesd Zeilen hier schreibe möchte ich einfach nur heulen und wünsche mir ich wäre wieder dieses kleine Mädchen, das mit Oma und Opa in die Kirche geht.
Und bald ist das Auto auf meinen Namen angemeldet mit Steinfurter Kennzeichen statt Mindener. Was eine Beleidigung für den Mazda.


Life's a shady whoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt