21 - Es werden keine Prioritäten gesetzt!

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Sobald ich den Flur betreten hatte, ließ ich die Tasche und den Rucksack zu Boden fallen. Ich fühlte mich von der Autofahrt erschöpft und war gleichzeitig froh, endlich wieder zu Hause zu sein. Ich hatte nun nicht nur eine Dusche mit heißem Wasser, ein warmes Bett und eine Heizung, sondern als Sahnehäubchen hatte ich mir gleich noch einen Freund mit aus dem Wochenendurlaub mitgenommen. Man gönnt sich ja sonst nichts.

„Ella! Kannst du das Zeug nicht in dein Zimmer schmeißen anstatt mitten in den Weg!", nörgelte Flo prompt über meine Unordnung. Das hatte er sich von Mum noch gut in Erinnerung behalten.

„Ich war zu schwach", rechtfertigte ich mich und ließ demonstrativ meine Arme hängen.

„Übertreib es nicht mit deinem Prinzessinnenstatus", maulte er weiter und von meinem lieben, großen Bruder war nicht mehr viel übrig.

Flo verdrehte die Augen und quetschte sich an mir und meinen Sachen vorbei, um in seine Zimmer zu gehen.

„Wollen wir zusammen in meinem Zimmer 'ne DVD gucken?", fragte Elyas, der deutlich mehr Verständnis für meinen kleinen Schwächeanfall hatte, als mein Bruder.

„Ohoh", mischte sich Daniel ein, ehe ich antworten konnte. „Pass auf, ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht beim DVD-Gucken bleibt."

Er grinste versaut und stieg über meinen Schlafsack.

„Ach halt die Fresse!", rief ich ihm nach, als auch er in seinem Zimmer verschwand. Dann sah ich zu Elyas, dessen Blick erwartungsvoll auf mir ruhte. „Ich würde wirklich gerne, aber ich bin noch mit Till verabredet."

Seine Reaktion überrumpelte mich, denn sie kam heftig und unerwartet. Er sah mich an, als hätte ich ihm gerade erzählt, dass ich von ihm mit Achtlingen schwanger war. Ich war mir nicht darüber im Klaren gewesen, dass es für ihn so schlimm war, wenn ich mich mit meinem besten Freund traf.

„Das war schon lange geplant", schob ich schnell nach, bevor seine offenstehender Mund noch zum Dauerzustand wurde.

„Kannst du das nicht absagen? Das könnte unser erster Abend als Paar sein, bei dem keine Schnarchnasen mit im Zimmer sind und du willst einfach abhauen?"

Also als abhauen würd ich das nun wirklich nicht beschreiben. Mir kam es so vor, als würde die kleine Dramaqueen in Elyas gerade geweckt werden.

„Es tut mir leid, aber ich kann Till nicht absagen. Er hatte extra ein Date mit Thea abgesagt, damit wir uns treffen können."

Elyas sah mich beleidigt an.

„Du siehst ihn doch morgen in der Schule."

„Ach komm schon, Elyas. Mach jetzt kein Drama daraus. Ich komm doch heute Abend wieder. Icih will nur zwei oder drei Stunden bei Till vorbeischauen. Danach komm ich zu dir ins Bett und bleibe über Nacht da."

Noch immer zog er eine eingeschnappte Schnute.

„Bringst du Till dann auch mit?", fragte er sarkastisch. „Ihr scheint ja förmlich aneinander zu kleben."

Das war doch jetzt nicht wirklich sein Ernst! Ich hasste seinen Tonfall fast noch mehr, als das was das aus seinem Mund kam

„Mach dich nicht lächerlich, okay?", wurde ich nun sauer. „Till ist mein bester Freud. Das weißt du. Er ist keinerlei Bedrohung für dich, also führ dich nicht wie ein eifersüchtiger Kerl auf, der kein Vertrauen zu seiner Freundin hat."

Er verschränkte die Arme und ich konnte nicht glauben, dass wir schon stritten, bevor wir überhaupt richtig angefangen hatten zu lieben.

„Ich habe Vertrauen in dich, aber das zwischen dir und Till ist doch nicht normal. Ihr hockt ständig aufeinander."

GingerOù les histoires vivent. Découvrez maintenant