10 - Mein Baby gehört zu mir

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Till: Du bist ja heute schon wieder nicht in der Schule

Es geht mir richtig schlecht. Mich hat es voll erwischt. Keine Ahnung, wie es passiert ist, aber ich muss mir irgendwie den Magen verdorben haben.

Till: :( Das ist doof. Bist du alleine zu Hause?

Ja -_-

Till: Ich komm nachher vorbei und mache einen Krankenbesuch.

Brauchst du nicht.

Till: Doch, darüber diskutiere ich nicht. Ich schreib später. Mathe fängt an.


Ich schleppte mich in die Küche, um mir einen Pfefferminztee zu machen. Etwas Warmes im Bauch würde mir gut tun. Ich griff nach der Teepackung. Sie war verdächtig leicht und als ich sie öffnete, wusste ich warum. Sie war leer. Mein Magen krampfte und ich fragte mich, wo ich ihn mir verdorben hatte. Mir war übel und schwindelig. Ich fühlte mich, als hätte jemand jegliche Energie aus meinem Körper gezogen.

„Morgen", säuselte eine weibliche Stimme.

Erschrocken wirbelte ich herum. Ich war davon ausgegangen, dass ich alleine in der Wohnung war. Und weibliche Stimmen gab es hier auch nicht. Doch da stand eine langbeinige Blondine in Boxershorts und BH vor mir. Sie sah älter aus als ich. Die Schulbank musste sie mit Sicherheit nicht mehr drücken. Dafür musste sie sich aber schon mit Anti-Aging-Produkten auseinandersetzen.

„Äh, guten Morgen."

Wie selbstverständlich ging sie zur Kaffeemaschine. Das war MEINE Energiequelle, die ICH in den Haushalt miteingebracht hatte.

Ich stellte mir die Frage, mit wem dieses Mädchen die Nacht verbracht hatte. Elyas war noch einmal in den Pub zurückgegangen, nachdem er mich nach Hause gebracht hatte. Ich könnte mir vorstellen, dass er auf langbeinige Blondinen stand. Zwar zumindest deutlich besser als rothaarige Zwerge.

„Ich bin Steffi. Wohnst du auch hier?", fragte sie mich und setzte sich an den Küchentisch, während sie wartete, bis ihr Kaffee durchgelaufen war.

„Ella", stellte ich mich pflichtbewusst, aber frei von jeder Gastfreundlichkeit vor. „und ja, ich wohne hier."

„Oh. Muss nervig sein, am Morgen immer den One Night Stands der Jungs zu begegnen, oder?"

Und sowas sagte ausgerechnet sie?

„Ich wohne noch nicht lange hier", brummte ich, aber ja, es nervte mich jetzt schon. Besonders bei solchen Exemplaren wie sie es war. Ich hätte den Jungs mehr Geschmack zugetraut.

„Bist du mit einem von ihnen zusammen?"

Konnte sie sich nicht einfach ihre Klamotten nehmen und aus der Wohnung türmen? Sie hatte ihren Sex bekommen, also musste sie mich jetzt nicht volllabern.

„Nein, die Schwester."

„Ach, die Schwester!", freute sie sich wie ein Honigkuchenpferd und ging mir damit tierisch auf den Geist. „Aber nicht von Flo, oder?"

Mein Blick blieb an ihr haften und das nicht nur wegen ihrer Mörderoberweite. Ich hatte eine böse Ahnung.

„Woher kennst du meinen Bruder?"

„Na, wir haben die Nacht zusammenverbracht." Bitte was? Dieser schlechte Geschmack lag in der Familie? „Sorry. Das will man als Schwester wohl nicht wissen."

Ach, das fiel ihr aber früh ein. Ich konnte meinen Schock nicht verbergen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was mein Bruder mit dieser Tusse die Nacht über angestellt hatte. Mir schossen Bilder in den Kopf, die mich mehr verstörten als meinen schmerzhaften Sturz in die Klärgrube. Doch dann überkam mich wie so oft an diesem Morgen die Übelkeit. Ich stürmte ins Bad und übergab mich. Eigentlich hatte ich schon nichts mehr im Magen, doch der Würgereiz wollte nicht aufhören. Ich fühlte mich schwach. Mein Körper resignierte bei jeglichen Befehlen, die mein Gehirn ihm erteilte. Mehr als schlaff neben der Kloschüssel zu hängen, war nicht drin.

GingerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt