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"Kommst du mit einkaufen? Jimin hat keine Lust mitzukommen.", ich blickte mit Müsli im Mund auf und sah Taehyung an, der am Kühlschrank stand und sich eine Flasche Cola heraus zog, die er öffnete. Er nahm einen großen Schluck, seine Augen visierten mich, wie ich am Tisch saß und mein Frühstück verputzte. Naja, Frühstück konnte man das hier gar nicht mehr nennen, sondern eher Mittagessen. Ich hatte elf Stunden durchgeschlafen, nachdem ich gestern in meinem Zimmer verschwunden war und keinen sehen wollte. Mit einem Schuh hatte ich Joshua verscheucht, der auf der Couch in meinen Zimmer schlafen wollte, so wie er es eigentlich immer macht. Aber gestern hatte ich wirklich keinen Nerv auf ihn und seine humorlosen Witze, die durch ihn dann doch ziemlich lustig waren. Ich verstand nicht, wie ich oder einer der anderen über das, was er erzählte lachen konnte.
"Gerne, ich habe sonst nichts zu tun.", meinte ich schulterzuckend, vielleicht wusste er ja, was hier gespielt wurde. Taehyung konnte man eigentlich sehr gut manipulieren, sodass er gerne mal aus dem Nähkästchen plauderte. Obwohl ich das ungern tat, es zudem noch nie gemacht habe, wusste ich, wie man ihn umstimmen oder um den Finger wickeln konnte. Jungkook, dieser Schlingel, war sehr gut darin das von seinem Hyung zu bekommen, was er will, auch wenn dieser kurz vorher noch dagegen war. Und da ich ihm öfter dabei zugesehen hatte, glaube ich, dass ich das vielleicht auch schaffen könnte.
Schon allein der Gedanke ihn auszunutzen, ließ mich innerlich schlecht fühlen, ich hasste mein Gewissen. Andere konnten so skrupellos sein, doch ich war nicht so. Manchmal beneidete ich diese Leute.
"Ich esse noch auf und ziehe mir was ordentliches an, dann können wir los.", glücklich wie ein Kindergartenkind nickte er mir zu und verschwand aus der Küche, da Emma nach ihm schrie. Lächelnd verschlang ich einen weiteren Löffel und blickte die Schüssel an.

Mit Yoongi im Schlepptau parkten wir auf dem Parkplatz des Supermarktes, schnappten uns am Eingang einen Wagen, ehe wir diesen betraten und auf die Getränkeabteilung zusteuerten. Unglücklicherweise konnte ich Taehyung erstmal nicht auf den Zahn fühlen, da Yoongi mit von der Partie war und wahrscheinlich verstand, worauf ich hinaus wollte. Ich habe nämlich das komische Gefühl, dass irgendwie jeder wusste was los war und nur mir verwehrt wurde es zu wissen und verdammt, ich konnte es überhaupt nicht leiden. Sicherlich wusste auch Yoongi, was hier abging. Und er war nicht so naiv wie der Blondschopf, der gerade den Einkaufswagen mit allen möglichen Sorten an Alkohol füllte. Ich seufzte und schloss zu den beiden auf, da ich aufgrund meiner Gedanken an dem Infoschalter stehen geblieben war. Etwas skeptisch blickte ich in den Wagen und hob eine Augenbraue als der Junge eine Kiste Bier hinein stellte.
"Guck mich nicht so an! Bei circa zweihundert Gästen reicht man nicht mit einem Kasten und vielleicht drei Sektflaschen zum anstoßen.", fassungslos, dass ich anscheinend gar nicht mitgedacht habe, sah er mich an, sein Mund dabei zu einer klaffenden Schlucht geöffnet. Leise kicherte ich bei seinem Anblick.
"Aber doch keine neunzehn Flaschen Wodka.", meinte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.
"Ja, stimmt, da hast du recht.", meinte Yoongi und fuhr sich durch seine Haare. "Deswegen bringen ein paar Freunde meinerseits auch noch etwas mit.", jetzt war ich die, die fassungslos die Augen aufriss. Gott, das waren solche Schnapsbrirnen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ungläubig schüttelte ich meinen Kopf und verschwand auf der anderen Seite des Regals, denn dort standen die Getränke ohne Alkohol. Meine Abteilung, - denn wie gesagt, seit diesem Vorfall habe ich keinen Alkohol mehr angefasst, sodass mir nicht nochmal das Gleiche passieren konnte. Mit einem halben Grinsen auf den Lippen lief ich, in meinen Händen zwei Getränkekisten, die mit verschiedenen Softdrinks wie Cola, Fanta und Sprite gefüllt waren, zurück zu Taetae. Wir konnten schließlich nicht nur Spirituosen ausschenken. Eher gesagt, ich konnte es nicht, die anderen wahrscheinlich schon, scheinbar waren sie darin mehr geübt.
Taehyung blickte über seine Schulter, als ich hechelnd auf ihn zu lief, um die Kisten unter den Wagen zu stellen. Yoongi war nirgends zu sehen, das war meine Chance und der Junge lief mir praktisch noch in die Arme, als er mir entgegenkam, damit ich die Kisten nicht schleppen musste. Wie ein Gentleman nahm er sie mir ab und grinste breit.
"Stärker als du aussiehst.", bemerkte er und streckte mir die Zunge raus, als ich ihm etwas schmollend auf den Oberarm schlug, wodurch er auflachen musste. Die Kisten verstaute er unter dem Wagen und ich ordnete derweil die ganzen losen Flaschen im Korb.
"Du sag mal, haben Jimin und YeoReum Stress, gestern habe ich mitbekommen, wie sie heftig miteinander diskutiert haben.", sagte ich etwas desinteressiert, als wäre es ein Thema, was man nur so nebenbei behandelte. Man kann sich quasi schon denken, dass das überhaupt nicht der Fall war. Dieses Thema interessierte mich mehr als alles andere. Mit Absicht blickte ich auf die Flaschen, drehte sie und schob sie von der einen Ecke in die andere, damit es so aussah, als täte ich etwas produktives. Pah, wer's glaubt. Der Blick des Jungen, welcher sich bei meinen Worten wieder aufgerichtet hatte, haftete an mir, was mich innerlich nervös machte. Gott, Taetae soll nicht auf dumm stellen. Was er aber, keine zwei Sekunden später, sofort in die Tat umsetzte.
"Heute morgen sah es aber nicht danach aus, zwischen ihnen war alles gut.", meinte er schulterzuckend, griff dabei nach drei Flaschen Hugo, die etwas weiter oben im Regal standen. Ich stutzte und zog meine Augenbrauen zusammen, sollte jetzt nicht eigentlich eine Gegenfrage kommen, warum ich auf die Vermutung komme? Normalerweise schon.
"Schade, ich dachte du wärst genauso offen wie Emma.", ich warf es ihm beiläufig gegen den Kopf, als wir zusammen zu den Snacks schlenderten um dort ebenfalls die Angebote und Regale leer zu räumen. Ich fühlte mich schlecht, ich glaube, abgewichster konnte man nicht mit einer Person umgehen. Das hat er nicht verdient, besonders, da ich Emma jetzt gegen ihn verwendete, obwohl diese auch ihren Mund wie einen Reißverschluss verschlossen hatte.
"Wirklich?", kurz hielt er inne, worauf ich nur stumm Nicken konnte. Gott, wenn ich jetzt etwas sage, dann verrate ich mich selbst. So einem Druck kann ich nicht stand stehen. Anscheinend etwas überfordert strich er sich durch sein weiches Haar und ich blickte zu ihm auf. Warum verhielt er sich denn jetzt so?
"Emma, diese kleine- ! A-Aber wieso hast du nichts gesagt?", fragte er, ein verwirrter Ausdruck zierte sein Gesicht. Ohne mich überhaupt zu Wort kommen zu lassen, brabbelte er weiter. "Oh man, das sollte doch eine Überraschung werden."
"Eine Überraschung?", harkte ich unauffällig nach. Das wollte ich jetzt wissen, denn was hat das mit Jimin und YeoReum zu tun?
"Mir brauchst du jetzt auch nichts mehr vorzumachen. Wofür geben wir uns hier eigentlich die Mühe?", deprimiert schmiss er verschiedene Chipssorten in den Einkaufswagen, blickte auf seine Hände und seine Mimik zeigte mir deutlich, dass er enttäuscht war. Doch dann sah er auf, strich sich die Haare aus der Stirn, in seinen Augen blitze Erwartung auf. Gemischt mit ein bisschen Freude. Leiden hier eigentlich alle unter Stimmungsschwankungen? "Freu dich einfach. Du hast keine Ahnung, wie neidisch sie sein werden.", grinsend wandte er sich von mir ab und ich wollte gerade lautlos Fluchen, da drehte er sich wieder zu mir um, der Zeigefinger gehoben. "Aber tu einfach so, als wüsstest du von nichts."
Ich war verwirrter denn je. Der Junge verschwand mit den Worten 'Nachher werde ich Emma rupfen' aus dem Gang und bewegte sich auf die Kassen zu. Irritiert folgte ich ihm und sah Yoongi aus der Milchabteilung sprinten. Er sprintet? In seinen Armen hielt er eine Palette mit 12 Milchtüten enthalten, die er aufs Band stellte, als Taehyung anfing den Alkohol aus dem Einkaufswagen zuräumen. Etwas abseits stellte ich mich dazu, die Kassiererin beäugte mich eines komischen Blickes, welchen ich nur mit einem Schulterzucken beantworten konnte.

Die Maske | JiminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt