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Ich wurde in den Abstellraum geschoben. Die Kiste voller Kleider fiel mir aus den Händen. Ein heißer Körper presste mich an die Wand. Geschockt hielt ich den Atem an und sah zu der Person vor mir auf. Der gesamte Raum war dunkel, nur durch die offene Tür fiel grelles Licht ein, was mir aber nicht weiterhalf, da er in seinem Schatten stand, diesen zum Vorteil nutzte.
Natürlich wusste ich, wer vor mir stand. Er hatte sich schon allein durch seinen Geruch verraten gehabt und auch die Tatsache, dass er der einzige war, dessen Körperkontakt ich ertragen konnte, bestätigte meinen Verdacht umso mehr. Ich seufzte genervt und versuchte ihn mit meinen Händen von mir weg zuschieben. Doch er bewegte sich keinen Zentimeter nach hinten, stattdessen drückte er sich gegen mich und überbrückte die Distanz, die uns noch getrennt hatte. Fuck, das sollte sich nicht richtig anfühlen. Ich seufzte.
"Jimin, was willst du von mir?", versuchte ich ihn in einer neutralen Miene zu fragen, denn mein Körper erhitzte sich drastisch und mein Verstand schien sich mit Nebel füllen zu wollen. In der Dunkelheit suchte ich nach seinen Augen.
"Ich will,", ich spürte, wie er mir mit seinem Gesicht immer näher kam, bis ich seinen warmen Atem auf meinen Lippen spüren konnte. Ich schluckte. "Dass du", er legte seine Hände vorsichtig auf meine Hüften und zog mich weiter an sich, obwohl ich dachte, kein Papier würde mehr zwischen uns passen. "Dich erinnerst.", dann lagen seine Lippen an meinem Hals und verteilten federleichte Küsse auf der Haut, die mich um den Verstand brachten. Mein Kopf war leer und ich wusste echt nicht mehr, was ich machen sollte, als einfach meine Hände in den Stoff seines Shirts zu krallen und daran zu ziehen, da diese immernoch versucht hatten, ihn wegzudrücken. Sehr produktiv.
Doch so schnell wie dieser Überfall gekommen war, war er auch wieder verschwunden und ich stand alleine im dunklen Abstellraum und versuchte wieder eine geregelte Atmung zu finden. Anscheinend hatte ich die ganze Zeit über vergessen zu atmen. Mit meinen Händen fächerte ich mir Luft zu und rief mir seine Worte ins Gedächtnis, die er mir eben gesagt hatte. Ich will, dass du dich erinnerst. Und woran sollte ich mich erinnern? An die Nacht? Verwirrt kratzte ich mir am Kopf und versuchte irgendeinen Zusammenhang zu finden, doch alles was ich mir zusammenreimte, ergab für mich - nach einem bestimmten Punkt - keinen Sinn.
Auch wenn es um die Nacht gehen würde und er will, dass ich mich an sie erinnere, warum erzählt er es mir dann nicht selber? Warum will er überhaupt, dass ich mich erinner? Er war doch von Anfang an nur darauf hinaus, irgendein Weib in die Kiste zu bekommen, damit seine Bedürfnisse befriedigt wurden, mehr nicht.
Dann ging das Licht an und ich kniff meine Augen zusammen. Um schneller erkennen zu können, wer im Rahmen stand, schirmte ich meine Augen durch meine Hände ab und hob meine Lider. Belustigt sah mich Jungkook an, der ein Zepter in der Hand hielt und eine weitere Kiste voller Kostüme sich unter den anderen Arm geklemmt hatte.
"Siehst ziemlich durchgenommen aus.", bemerkte er. Dabei deutete er mit dem Zepter auf meine Haare, die ich hastig versuchte mit meinen Fingern durch zukämmen. Was ein Penner, warum treffe ich eigentlich immer als erstes auf diesen Idioten, wenn irgendetwas mit Jimin geschehen war? Angepisst spitzte ich meine Lippen und drückte mich von der Wand ab, an welcher ich immernoch lehnte.
"Irgendwas passiert, oder warum versuchst du mich mit deinem Blick zu töten?", fragte Jungkook und stellte die Utensilien in irgendein Regal und folgte mir daraufhin raus aus dem Raum, damit ich diesen abschließen konnte. Ich schüttelte nur mit dem Kopf und zog den Schlüssel aus dem Schloss.
"Nein, nein. Alles gut." Ich rieb mir meine Nase. Verdammt, ich sollte wirklich versuchen dieses Verhalten abzulegen. Auch wenn Jungkook knapp nickte und mir zurück in die Sporthalle folgte, wirkte er nicht sehr gerade zufrieden gestellt. Er glaubte mir kein Wort.

In Gedanken versunken stocherte ich in meinem Salat herum. Mein Kopf lag in meiner Handfläche, der Ellbogen war auf den Tisch gestützt. Noch immer gingen mir Jimins Worte nicht aus dem Kopf, wieso kümmerte ich mich eigentlich darum? Wenn er doch wollte, dass ich mich erinnerte, dann soll er es mir doch einfach sagen. So wäre alles viel einfacher. Stattdessen verkomplizierte der Junge es ums Zweihundertsechsundvierzigfache. Ich bekam dadurch Kopfschmerzen.
Ich will, dass du dich erinnerst. Was war das für ein Verhalten? Und warum hat er mich danach am Hals geküsst? Klirrend ließ ich die Gabel in den Salat fallen und blickte von der Schüssel auf. NamJoon, Hoseok und Yoongi hielten in ihrem Gespräch inne, sahen mich erwartend an.
"Kann mir mal wer erklären, warum ihr Kerle einfach so behindert seid, weswegen man ihnen jedes Haar einzeln ausreißen möchte?", meine Stimme hallte aufgrund der lauten Lautstärke im Raum nach. Yoongi legte sein Besteck beiseite und grinste mich breit an.
"Dann erkläre du uns mal, warum ihr in der einen Sekunde zuckersüß und in der anderen der Teufel höchstpersönlich seid?"
"Das ist doch was ganz anderes!", fauchte ich, während ich leicht mit der Faust auf den Tisch schlug.
"Siehst du.", murrend wandte sich Yoongi von mir ab, zog dabei eine leicht angepisste Schnute. Seufzend ließ ich meine Kopf wieder in meine Hand fallen. Auf eine Antwort wartend blickte ich die weiße Wand an. Doch auch diese gab mir nicht meine gewünschten Antworten, wäre ja auch zu schön gewesen um wahr zu sein.
"Ab morgen ziehst du wieder in die WG.", etwas erschrocken von diesem Statement sah ich meinen besten Freund an. "Glaub mir Enya, ich will dich, eher gesagt, wir wollen dich hier nicht rausschmeißen. Denn du bist hier immer herzlich Willkommen, aber so kann das nicht weiter gehen. Bei deinem Mädchenkram können wir dir nicht weiterhelfen, dabei kann dir nur Emma helfen, die du nur in der Schule siehst." Obwohl ich wusste, dass er Recht hatte, seufzte ich trotzig, weswegen ich mir einen besorgten Blick von NamJoon einfing, dessen weißen Haare ihm in die Stirn fielen. Yoongi aß still sein Essen vor sich hin, anscheinend hatte ich ihn etwas sauer gemacht. Doch dem schenkte ich erstmal keine Beachtung, ich wusste, dass er mir nicht lange böse war, da er mit großer Sicherheit mich auf eine komische Art und Weise verstand. Hoffte ich zumindest. Von der Seite betrachtete ich Hoseok. Ich nickte knapp. Mehr fiel mir in diesem Moment gar nicht ein. Es war eine Situation, in welcher schon alles gesagt wurde. Deswegen wäre es auch dumm, wenn man alles nocheinmal aufbröselt, obwohl man am Ende eh wieder auf dem gleichen Standpunkt wie am Anfang steht.

Die Maske | JiminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt