Kapitel 41: Feuer

Beginne am Anfang
                                    

„Du solltest dich besser ausruhen“, widersprach Erin ihr.

Aila lächelte. „Mir geht es gut. Das habe ich dir doch schon gesagt.“

„Die Rebellen übernehmen den südlichen Teil des Feuers weil er am nächsten zur Wasserstelle liegt“, mischte sich Jiral ein. „Wie ihr den Rest unter euch aufteilt bleibt eure Sache.“

„Ich bringe dich zum Feuer, Erin“, erklärte Rak. „Dann seid ihr schneller dort.“

„Ich danke dir“, erwiderte Erin.

Erin, Saya und Tikva verabschiedeten sich von Aila, Jiral und Leu und machten sich dann auf den Weg zum Feuer, Erin auf Raks Rücken, während Tikva und Saya flogen. Sie passierten das ehemalige Lager der Rebellen, auf das nur noch alte Feuerstellen und das plattgedrückte Gras hinwiesen, dann ging es weiter in Richtung Nordwesten.

In der Luft machte sich langsam der Geruch nach Rauch bemerkbar und am Horizont erschien ein glühendes Licht. Erin spürte auch wie es wärmer wurde. Tikva löste sich aus der Gruppe und flog höher und weiter.

Ein paar Minuten später stoppte Rak und Erin stieg herunter. Es war nicht mehr weit bis zum Feuer, man hörte schon das Tosen. Es würde bald hier sein. „Danke, Rak“, sagte Erin. „Wir kommen so schnell wie möglich zurück.“

Rak beugte eins seiner Beine in der Verbeugung der Zentauren. „Ich bin mir sicher ihr werdet Erfolg haben, junge Mistralia.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und gallopierte wieder davon.

Einen Moment später kehrte auch Tikva wieder zurück, ihr Gesicht blass und ernst. „Die Flammen erstrecken sich soweit wie das Auge reicht. Wahrscheinlich sogar bis zum Kirasai. Ich kenne mindestens eine Handvoll Dörfer die jetzt verbrannt sind.“

„Ich übernehme die Westseite und Saya den Norden“, erwiderte Erin, ihre Augen hatten einen entschlossenen Ausdruck angenommen. „Tikva kannst du versuchen, dass das Feuer nicht weiter übergreift? Oder noch besser kannst du dem Bereich irgendwie die Luft entziehen? Dann geht das Feuer auch aus.“

Tikva runzelte die Stirn. „Ich habe bisher immer nur Wind erzeugt und noch nie Luft genommen. Zumindest nicht bewusst.“

„Es ist aber möglich“, beruhigte Saya sie. „Ich konnte das Feuer in mich aufnehmen.“

„Ich werde es versuchen“, versprach Tikva und schoss nach oben in die Luft. „Viel Glück euch.“

„Das können wir brauchen“, murmelte Erin.

***

Die Kutsche rumpelte durch die Straßen von Tais ohne dass jemand sie aufhielt, noch nicht mal am Tor stellte sich ihr eine der Wachen in den Weg. Keiner wagte es jemals eine Kutsche aufzuhalten die auf der Tür das Wappen mit dem feuerfressenden Geier trug. Diejenigen die es wagten wurden, so erzählte man es sich, mit fürchterlichen Strafen belegt. Die Königin hielt man nicht auf.

Es war eine Strecke, die sie als junge Frau oft zurückgelegt hatte. Damals war sie aber meistens selber geritten. Wann immer sie ein bisschen freie Zeit hatte, nahm sie sich ihr Pferd und verließ die Stadt um die Ebenen zu überqueren und nach Sylon zu gehen. Aber sie konnte nie lange in Sylon bleiben, denn ihr Amt als Ratsfrau der Menschen verlangte, dass sie immer wieder nach Tais zurückkehrte.

Veara schob vorsichtig ein Stück des Vorhanges weg, der von dem kleinen Fenster in der Kutsche hing. Sie hatten gerade Tais verlassen.

Tais.

Sie hätte nie gedacht, dass sie einmal dort residieren würde. Als junge Frau wollte sie nach Sylon und Tais weit, weit hinter sich lassen. Doch Sylon war längst nicht mehr, nur noch Staub, Ruinen und Trümmer. Sie wollte auch nicht mehr dort hin zurück. Auch wenn es der Ort war, der sie am meisten geformt hatte.

WeltenwandererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt