Ein unromantischer Abend

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„Vero?" frage ich leise. In ihrem Zimmer ist es dunkel, ich höre leises Schniefen.

„Was hat sie dir erzählt?" murrt sie in ihr Kissen.

„Uns. Liam war auch dabei."

Vero schiesst hoch.

„Wie bitte? Dafür kann sie gleich ihre Sachen packen!"

Sie springt auf und will an mir vorbei, ich halte sie am Arm fest.

„Halt. Willst du mitkommen, wenn ich die Teufelsbrut erledige?"

Sie schaut mich mit tränenerfüllten Blick an.

„Ich...Luke. Das ist mir so peinlich. Und dann auch noch vor Liam! Wie kann sie mir das nur antun..."

Ich nehme sie sanft in den Arm.

„Hey...es muss dir doch nicht peinlich sein, hm? Mein Leben ist peinlich. Das, was ich am Donnerstag getan habe, ist peinlich. Aber du kannst doch nichts dafür, das dieses Arschloch dich gequält hat! Am liebsten würde ich hingehen und ihm jeden Fingernagel einzeln ausreissen, weißt du das?"

Sie seufzt und schüttelt den Kopf.

„Er hat seine Strafe schon bekommen. Also, was hast du vor?"

Wir Kerle stehen vor dem Zwinger, Liam schlottert fast genauso wie Vero, die mit Rose in einiger Entfernung alles beobachtet.

„Komm schon, Liam, du sollst nur kurz die Tür öffnen. Wenn du dahinter bleibst, passiert dir nichts." beruhige ich den Angsthasen.

Doch meine Knie sind wohl genauso butterweich wie seine. Die Viecher knurren und geifern, sie müssen völlig ausgehungert sein. Liam hatte den Vorschlag gemacht, Fred's Beruhigungspillen mit unterzumischen, sodass sie friedlich in den Tod schlafen werden. Das Problem ist nur, ihnen das Futter zu bringen, ohne, dass sie mich zerfleischen. Und im Moment sieht es ganz danach aus. Ich blicke zu Vero, die mich entsetzt anstarrt.

„Können wir's nicht einfach rüberwerfen?" ruft sie.

Ich schüttele den Kopf und wende mich wieder Liam zu. Er guckt mich mit riesigen Augen an.

„Okay. Hör zu, wenn ich „los" sage, machst du das Gitter soweit auf, dass ich die Schalen reinschieben kann, ja? Schaffst du das, kannst du die Tür halten, wenn die Viecher dagegen drücken?"

Liam nickt. Nun, er ist ziemlich kräftig. Wollen wir hoffen, dass er's hinkriegt! Ich schaue die Hunde an. Sie sind wirklich stinksauer. Doch ich auch! Ich beuge mich nahe an den Zaun und zische:

„Wenn ihr nicht sofort still seid, reisse ich euch den Arsch auf, ist das klar?"

Plötzlich fiept der Köter, der am nächsten an mir dran ist und auch die anderen verstummen. Ich knurre sie an, und sie weichen tatsächlich zurück!

„Los!" rufe ich, und dann geht alles blitzschnell. Ich schiebe die Schalen mit dem tödlichen Mix hinein und das Leitvieh kommt auf mich zugeschossen, ich sehe förmlich seine Zähne in meinem Arm versinken. In letzter Sekunde ziehe ich meinen Arm weg und werfe mich mit Liam gegen die Tür. Ich spüre den heißen Atem des Vieh's im Nacken, dann knurrt er noch einmal und wendet sich dem Futter zu, das schon von den anderen zwei Tieren belagert wird. Liam lacht erleichtert auf und umarmt mich. Und ich hole endlich wieder Luft. Drücke ihn sanft weg und stürze zu Vero, die mir entgegenläuft und mir in die Arme fällt.

„Ohmeingottohmeingott...ich dachte...er zerfleischt dich..." haucht sie mir ins Ohr.

„Ist ja nochmal gut gegangen, Schwesterherz..." raune ich.

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