Karma

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Vero tarnt ihr geschundenes Gesicht hinter einer Sonnenbrille und dickem Make- up. Sie beugt sich über ihren reglosen Ehemann und streicht ihm über die Stirn, als ich das Zimmer betrete.

„Mrs. Davonport, das ist der Poolboy, der ihrem Mann das Leben gerettet hat." stellt der junge, italienische Arzt mich vor.

Ihre Miene bleibt regungslos, als sie mir die Hand schüttelt.

„Vielen Dank, Mr....?"

„Nennen sie mich einfach Harry. Und das war doch meine Pflicht, Ma'm."

Vero drückt so fest zu, dass ich fast in die Knie gehe. Der Arzt erklärt:

„Nun, ihr Mann hatte einen schweren Schlaganfall. Wenn der junge Mann ihn nicht gefunden hätte, wäre er jetzt tot."

Vero nickt.

„Wann kann ich meinen Mann mit nach Hause nehmen?"

„Wir warten die nächsten 24 Stunden ab, dann können wir ihnen mehr sagen. Er ist noch nicht ganz über den Berg. Ruhen sie sich aus, sie sehen mitgenommen aus. Hatten sie einen Unfall?"

Ich schmunzele. Vero nickt wieder und murmelt:

„Ja. Können sie mir ein Taxi bestellen?"

Eine halbe Stunde später liegt Vero auf meiner nackten Brust und ich streiche ihr sanft durch das Haar. Die Abendluft ist mild, der Pool plätschert leise und ich bin einfach nur glücklich.

„Ich hatte fürchterliche Angst, dass du ihn umgebracht hast

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„Ich hatte fürchterliche Angst, dass du ihn umgebracht hast." murmelt Vero.

„Ja, das war ursprünglich mein Plan. Ich war so verdammt wütend auf dich. Doch dann bekam er den Schlaganfall. Das hat mich gerettet. Und ihn." schließe ich leise.

„Gott sei Dank." seufzt sie. "Warum warst du wütend auf mich?"

Ich seufze.

„Kannst du es dir nicht denken?"

Sie nickt. Dann sagt sie leise:

„Nach letzter Nacht hättest du mich doch abservieren müssen. Schließlich hast du dein Ziel erreicht."

„Das war nicht mein Hauptziel." brumme ich.

„Luke...bitte, du weißt nicht, wovon du redest."

Ich fahre hoch und frage genervt:

„Warum? Weil ich so jung bin? Denkst du, ich weiß nicht, was Liebe ist?"

„Ja, das denke ich. Aber nicht, weil du zu jung bist. Sondern weil du sie nie erfahren hast. Ich wollte dich nicht verletzen, in dem ich sagte, dass ich das „ich liebe dich" nicht so gemeint hatte. Nein, ich wollte dir damit sagen, dass ich die Bedeutung dieser Worte auch nicht richtig verstehe. Ich bin... wie du." murmelt sie.

Ich entspanne mich wieder und raune:

„Dann lieben wir uns eben auf unsere Art."

„Tun wir das nicht schon längst?" schmunzelt die kleine Frau in meinem Arm.

Ich drücke einen sanften Kuss auf ihren Kopf und frage leise:

„Hat er dich meinetwegen verprügelt?"

„Indirekt. Er hat mir schon länger eine Affäre unterstellt. Aber eigentlich war er sauer, weil ich das Dinner mit Geschäftsfreunden vergessen hatte."

„Ich könnt kotzen, wenn ich dran denke, dass er diese kranken Sachen mit dir gemacht hat. Ich habe vorhin in einem Buch gelesen, auf was für Sexpraktiken er so steht."

„Luke... er schläft schon seit zwölf Jahren nicht mehr mit mir."

Ah, jetzt verstehe ich. Sie war tatsächlich völlig ausgehungert, als sie das erste Mal über mich herfiel. Hm, wenn ich daran denke...Doch nein, jetzt sind andere Dinge wichtiger.

„Erzähl weiter. Ich will alles hören, Vero." murmele ich.

„Was alles? Die ganze „englischer Multimillionär verfällt Nazitochter"- Story?" schmunzelt sie.

„Ja. Wie hat er dich rumgekriegt, dieses fette Arschloch?"

„Oh, er sah mal besser aus. Vor sechzehn Jahren jedenfalls.  Meine beste Freundin schleppte mich auf irgendeine Studentenparty, und da war er. Er war mit seinen 30 Jahren gerade zum reichsten Unternehmer Englands gekürt worden, und ich studierte ja BWL, also sprach ich ihn frech an, was sein Geheimnis wäre. Ich hatte selbst eine Idee und wir unterhielten uns angeregt. Das war das erste und letzte Mal, dass er mich wie eine vollwertige Gesprächspartnerin in Business- Angelegenheiten behandelte. Er bat mich um ein Date. Wir trafen uns dann so zwei, drei Male und dann fragte er mich, ob ich ihn heiraten wolle. Doch das ging mir viel zu schnell, ich wollte erst mein Studium beenden. Fred setzte mir die Pistole auf die Brust, er sagte, dass er sich eine Affaire nicht leisten könne. Also ging ich. Zwei Wochen später fiel er in der Uni vor mir auf die Knie, das Foto war in allen Zeitungen, und ich hätte es grausam gefunden, abzulehnen. Plötzlich änderte sich mein Leben schlagartig, als einfache Studentin war ich Haute Couture und die feine Gesellschaft nicht gewohnt. Ich stellte mich oft dämlich an und Fred schimpfte mit mir. In seiner Gegenwart fühlte ich mich immer unmündig und klein, und ich glaube, genau das machte ihn scharf. Nach vier Jahren wurde ich plötzlich schwanger, obwohl wir uns einig waren, dass wir keine Kinder wollten. Trotzdem war ich glücklich und ging ganz in dieser neuen Rolle auf. Doch ich machte meinen ersten großen Fehler... Ich war im fünften Monat, und wir feierten eine Gartenparty. Ein Freund von Fred unterhielt sich mit mir über die neueste Strategie seiner Bank. Ich wagte es, vor Fred zu sagen, dass sich diese interessanter als Fred's anhören wurde. Als wir später alleine waren, schlug mein Mann mich zum ersten Mal. Er war betrunken, boxte mir in den Bauch, bis ich zusammenbrach. Und wenn unsere Haushälterin mich nicht morgens gefunden hätte, wäre ich wohl verblutet."

Vero seufzt und ich streichle sie zärtlich.

„Warum hat du ihm danach nicht den Laufpass gegeben?" frage ich dann.

„Ich...kann es dir nicht sagen. Die Tage im Krankenhaus, nachdem ich das Kind verloren hatte, war ich völlig mit Schmerzmedikamenten zu gedröhnt. Ich kam heim und erwartete das Schlimmste. Doch anstatt sich von mir zu trennen, überraschte mich Fred mit einem Urlaub auf den Malediven, er hatte spürbar ein schlechtes Gewissen und behandelte mich wie eine Königin. Doch von dem Tag an schlief er nicht mehr mit mir. Naja, der Rest ist Geschichte. Ich erfülle weiterhin meine Aufgabe als Vorzeige- Millionärsgattin und er holt sich sein Vergnügen woanders. Wenn ich es wage, meinen Mund auf zu machen, schlägt er mich. Also versuche ich, es möglichst zu verhindern und keine Fehler zu machen."

„Hm. Ich hatte jetzt mit Schlimmeren gerechnet." raune ich nach einer Weile.










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