Kapitel 20

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Malia

»Ich habe tatsächlich eine Idee«, bestätigte Flora mir meine Vermutung, nachdem sie angekommen war, und wir ihr unserem Plan erklärt hatten.

Ja, normalerweise durften keine Hexen in die Hölle, doch in diesem Fall war es ganz praktisch, den Teufel mit im Bund zu haben.

»Perfekt. Was schwebt dir vor?«, wollte Joris wissen.

»Eine Mischung aus Gemeiner Alraune, Melisse und Traubensilberkerze sollte Malias Magie unsichtbar für alle anderen außer sie selbst machen«, erklärte meine Freundin.

Ich hatte zwar keine Ahnung, was das alles für Pflanzen waren, doch ich würde ihr mein Leben anvertrauen.
Was ich ja auch gerade buchstäblich tat.

»Danke Flora. Ohne dich wären wir aufgeschmissen«, sagte ich und lächelte sie an.

»Kein Problem. Wann wollt ihr starten? Bis wann soll ich fertig sein?«

Ich blickte zu Joris und Jake, die mit den Schultern zuckten.
»So schnell wie möglich. Wieso sollten wir warten, wenn du sagst, dass du keine Übung brauchst.«

Jake hatte Recht. Wieso warten, wenn man wir es nicht tun mussten?«

»Dann lasst mich die Mischung herstellen. Ich habe alles davon da, und sie muss nicht stehen bleiben, um ihre volle Wirkung zu entfalten.«

»Wir ziehen das morgen durch«, beschloss Joris. »Ihr könnt bis dahin beide hierbleiben, wenn ihr wollte.«

Jake schüttelte den Kopf.

»Nope, könnt ihr nicht. Schon vergessen, die Evakuierung, Mann«

Joris seufzte.
»Hast du immer noch keine neue Couch besorgt?«

»Wann hätte ich das denn machen sollen? Während ihr die Statue beseitigt habt?«

Mein Mitbewohner fuhr sich verzweifelt durch das Haar.
»Ja verdammt«, knurrte er durch zusammengebissene Zähne, und jetzt fühlte ich mich persönlich beleidigt.

»War es so schlimm, mit mir in einem Bett zu schlafen?«

Nicht nur sein, sondern auch Floras Blick flog zu mir. Während sie eher neugierig wirkte, und mir bedeutete, ihr später zu erzählen, was passiert war, wirkte Joris Blick gequält.

Ich meinte, so etwas wie »Du hast ja keine Ahnung« zu hören, doch sicher konnte ich mir nicht sein, da er den Raum verließ und die Tür hinter sich zuknallen ließ.

Jake grinste.
»Ihr habt die Kondome nicht benutzt, oder?«

»Du weißt doch sicher selbst, dass das der absolut falsche Zeitpunkt gewesen wäre«, sagte ich zu ihm, während meine Augen immer noch auf der Tür lagen, durch die Joris verschwunden war.

»Das ist kein Nein«, zog Flora mich auf, und ich verdrehte die Augen.

Himmel, waren die beiden anstrengend. In Kombination noch mehr als einzeln.

»Ich gehe ihn suchen. Und ich würde sagen, wir machen das nicht morgen, sondern direkt heute, wenn du fertig bist«, schlug ich vor.

Beide stimmten mir zu und ich verließ den Raum.

Dann hätten wir das Problem, wer wo schlafen würde, auch geklärt.

Joris und ich, wir würden gar nicht schlafen. Was Flora und Jake machten, überließ ich ihrer Entscheidung.

Vielleicht hätte ich Jake fragen sollen, wo Joris sich gerne aufhielt, denn auch, nachdem ich fünfzehn Minuten durch den Palast geirrt war, hatte ich ihn nicht gefunden, obwohl mir mehrere Dämonen geholfen hatten, weil sie mir die Richtung genannt hatten, in die er verschwunden war.

Frustriert lehnte ich mich gegen die Mauer. Wo war er hin verschwunden? An der letzten Kreuzung hatte mir ein Dämon in einem wunderschönen roten Kleid gesagt, dass er erst vor einer Minute hierher abgebogen war.
Doch jetzt befand ich mich in einer Sackgasse, und weit und breit war nirgendwo auch nur der Ansatz des Teufels zu sehen.

»Ich bin hier«, ertönte seine Stimme aus der Ecke, und Joris materialisierte sich vor meine Augen.

Mein Herz begann schneller zu schlagen, als ich ihn sah, doch erschrocken hatte ich mich nicht. Jetzt, wo ich ihn sah, bemerkte ich, dass ich seine Präsenz schon die ganze Zeit gespürt hatte.
Meine Magie, mein Kopf, mein Herz erinnerten sich an ihn, und nahmen ihn wahr, selbst wenn meine Augen ihn nicht sahen.

»Scheiße, du kannst dich auch noch unsichtbar machen?«

Er grinste.
»Ich kann noch mehr. Wo bliebe der Spaß, wenn man direkt mit all seinen Fähigkeiten rausrücken würde?«

Das stimmte allerdings. Ich hatte bestimmt auch noch viel mehr im Repertoire als nur Seelen aus Körpern zu saugen.
Zuerst einmal errichtete ich mal eine Barriere um meine Gedanken, damit Joris sie nicht ständig lesen konnte. Das, was ich dachte, sollte er nur wissen, wenn ich bereit war, es ihm zu sagen.

»Ich habe dich gesucht«, stellte ich unnötigerweise fest. »Wir haben beschlossen, die Moiren noch heute aufzusuchen, und nicht bis morgen zu warten.«

Er schüttelte den Kopf.
»Ich denke nicht, dass das klug wäre. Du hast heute schon meinen Vater getötet, und wahrscheinlich werden wir erst gegen Dämmerung aufbrechen können. Du solltest dich vorher ausruhen und schlafen, und außerdem scheint morgen die Sonne – der Himmel wird strahlend blau sein.«

Er machte sich Sorgen um mich. Deshalb wollte er noch warten.

»Joris, so geehrt ich mich fühle, dass du dich um mich sorgst, ich kann selbst abschätzen, wie ich mich fühle. Und wenn ich zwischen heute Morgen und morgen Abend entscheiden müsste, würde ich heute wählen. Selbst wenn der Himmel blau ist.«

Da müsste ich ja nicht unbedingt hochschauen.

Er seufzte leise.
»Wenn du meinst.«

Ja, ich meinte es ganz genau so, wie ich es gesagt hatte.

Deshalb standen wir drei Stunden später zusammen am Ausgang der Hölle. Ich trug eine Art enganliegende Kampfmontur, die von außen nicht als solche aussah, und Joris seine übliche Jogginghose und T-Shirt, die er immer in unserer WG trug.
Das war zwar nicht praktisch, doch dafür viel weniger auffällig.

Flora reichte mir die Mischung, eine dickflüssige, gelb-grüne Flüssigkeit.

»Ich muss das trinken, oder?«, fragte ich mit leidendem Unterton in der Stimme.

Sie nickte.
»Alles in einem Zug. Dann wird es am besten wirken.«

Ich verzog das Gesicht, fügte mich jedoch meinem Schicksal und stürzte das Gebräu herunter. Erstaunlicherweise war es vollkommen geschmackslos, und schmeckte definitiv nicht so eklig, wie es aussah.

Meine Freundin nahm das Gefäß wieder von mir entgegen und ich bedeutete ihnen allen, sich zu konzentrieren, als ich probehalber meine Magie um mich herumwabern ließ.

Ich spürte sie immer noch in meinen Adern, doch nichts leuchtete, kein roter Schein legte sich um mich, und auch das Kribbeln war viel schwächer.
Probehalber schob ich sie Richtung Jake, doch selbst als er bis zu Brust in Magie eingehüllt war, reagierte er nicht.

»Du spürst absolut nichts?«

»Nein. Es ist vielleicht etwas wärmer geworden, aber ansonsten gibt es keinen Unterschied.«

Ich nickte zufrieden und versetzte ihm einen Stoß, der ihn zurückstolpern ließ, bevor ich meine Magie wieder zurückzog.

»Es wirkt«, erklärte ich zufrieden, und Flora zog mich in eine feste Umarmung.

»Sei vorsichtig da oben«, murmelte sie und ich strich ihr beruhigend über den Rücken.

Der Plan war gut, und es würde nichts schiefgehen.

Wir lösten uns wieder voneinander, und ich winkte auch Jake zu, nahm dann Joris ausgestreckte Hand in meine.

»Komm. Du hast schon zu lange gewartet.«

Ohne noch einen Blick zurückzuwerfen, betrat ich das Treppenhaus.

Wenn ich Floras und Jakes besorgte Gesichter hätte länger anschauen müssen, wären auch bei mir die Zweifel hochgekommen.
Und das wäre nicht wirklich förderlich gewesen.

Eternal BloodlineWhere stories live. Discover now