Die drei von der Tankstelle

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"Ich habe eine neue Herausforderung für euch Beiden. Habt ihr Lust an Autos zu schrauben und dabei die Tankstelle im "Schwerpunkt" zu betreiben, leider hat unser Pächter gekündigt und ich habe noch keinen Nachfolger gefunden." "Aber Papa, wie soll das gehen, wir haben doch nie an Autos gearbeitet!" Das lernt ihr schnell, euer Vetter Josef aus Talitter hat eine Woche Urlaub und hilft euch. Der hat Erfahrung, denn er ist gerade in der Lehre als Autoschlosser."

Wir waren begeistert, packten unsere Sachen und verabschiedeten uns vom Kurzurlaub am Bayrischen Meer. Eine turbulente Zeit als Tankstellenbetreiber sollte unsere unvergessenen Ferienerlebnisse fortsetzen. Josef war gerade 18 Jahre alt geworden und hatte seinen ganzen Lohn in einen 1100 NSU Prinz gesteckt, breite Gürtelreifen, Zusatzscheinwerfer und top lackiert! Helmut war 17 Jahre und ich fast 19 Jahre alt, sollten also die Tanke schmeißen. Ideal war die Waschhalle mit hydraulischer Hebebühne, um von Josef in die Fertigkeiten der Instandsetzung von Kraftfahrzeugen eingeführt zu werden. Bremsbeläge wechseln, Ölwechsel und sonstige Servicearbeiten boten wir der tankenden Kundschaft an. Mit Hilfe unseres Lehrmeisters konnte ich dann auch meinen Kadett A, den ich von Mutti erworben hatte, bearbeiten.

Eines Tages wollte ich zum Mittagessen mal eben nach Hause, wir wechselten uns dazu ab, sodass immer einer Dienst hatte. Den Kadett hatte ich schnell von der Hebebühne abgelassen, da ich Bremsbeläge gewechselt hatte und fuhr schon auf die Kreuzung Stirper / Overhagener Straße zu, als ich vor dem Stoppschild bremsen wollte, aber ins Leere trat. Panisch zog ich im letzten Moment die Handbremse, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Der Kadett reagierte mit einem glatten 180er Dreher und kam kurz vor der Kollision zum Stehen. Heiß schoss der Schock mir in die Glieder, ich hatte die Bremsleitungen nicht entlüftet! Aber alles war glimpflich verlaufen und sollte mir nicht noch einmal passieren.

Wir waren schon erstaunt über die Gutgläubigkeit der Kundschaft, die uns auch ihre tollen Autos, wie einen NSU RO 80 zu Servicearbeiten anvertrauten. Als Helmut mal einen Ford 17 M, genannt "Badewanne", einen Auftrag für Unterbodenschutzarbeiten entgegen nahm, machte er sich sofort ans Werk, ohne uns zu informieren und hatte mit der Spritzpistole den Unterboden komplett mit Bitumen bearbeitet. Der Kunde fuhr aber kurze Zeit später wieder vor und bemängelte die wirkungslose Bremsleistung. So mussten wir alle drei mit Schleifpapier dran, um die Bremsen vom Unterbodenschutz zu befreien.

Im Vordergrund stand natürlich der Spaß, den hatten wir, weil uns junge Damen und Herren aus der Wohnsiedlung besuchten, um mit uns im Tankhäuschen beim Warten auf Kundschaft die Zeit zu vertreiben. So kam auch mal unser Freund Rolfe Byram, Sohn eines britischen Soldaten, vorgefahren. Er stoppte seinen VW Variant direkt vor den Toren der Waschhalle, als wir gerade dort ein Fahrzeug mit dem Schwamm von Schmutz befreiten. Bei laufendem Motor öffnete er die Wagentür und fragte uns, ob wir noch zum Margarethensee fahren wollten, denn dorthin fuhren wir bei schönem Wetter nachmittags ab 16 Uhr, wenn Papa oder Mutti den Dienst übernahmen. Als Antwort schleuderte ich ihm mit einem " Na klar" den nassen Schwamm ins Auto. Vor Schreck ließ er die Kupplung los und gab Gas. Mit geöffneter Tür im Rückwärtsgang machte der Wagen einen Satz nach hinten, wobei die Tür am Hallentor hängen blieb und zum vorderen Kotflügel umklappte. Das war für Rolfe gar nicht lustig, doch wir bogen uns vor Lachen. Unsere Freundschaft blieb jedoch davon unberührt.

Ein komischer VogelWhere stories live. Discover now