Die Vogelfamilie und der Sport

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Sportlich ambitioniert waren Papa und Mutti zwar nicht, aber sie waren sehr interessiert! Sie haben uns von klein auf alle Wünsche erfüllt, uns die verschiedensten Sportarten auch ausüben zulassen. Wichtig war nur was wir wollten und nicht unbedingt was unsere Eltern als erstrebenswert erachteten.

Es muss wohl daran gelegen haben, das wir 4 Geschwister uns immer im Wettstreit gegeneinander beweisen wollten. Ich erinnere mich an unzählige Treibjagden in unserem Garten, mit waghalsigen Sprüngen über den Teich und um Beete und Hecken, Gestritten wurde um Spielsachen und oft auch Nichtigkeiten, um im Davonlaufen oder auch im Ringkampf zu klären wer die Oberhand hatte.

Sportereignisse genoss die Familie vor dem Fernseher. In Erinnerung bleibt mir das Neujahrs Skispringen mit Moderator Ernst Huberty und die Fußball WM 1966 in England, die die ganze Familie mit Begeisterung am Bildschirm verfolgte.

Ich kann mich aber auch an die sonntäglichen Familienausflüge mit dem KKV erinnern. Der Katholisch Kaufmännische Verein, in dem viele Lippstädter Geschäftsleute ihre Interessen austauschten, unternahm mit ihren Familien Ausflüge mit dem Auto oft auch ins Sauerland. Dann wurde den Kindern sobald sie laufen konnten bei Spaß, Sport und Spiel in Wettkämpfen beim Laufen, Springen und Klettern der Siegeswille gefördert. Dabei gab es immer Gewinne, in Form von Süßigkeiten oder kleinen Spielsachen einzustreichen.

Aber auch Ausflüge ins Lippstädter Schwimmbad waren sehr beliebt. So versuchten unsere Eltern, uns das Schwimmen beizubringen, wir waren überzeugt auch ohne Freischwimmerabzeichen alle Schwimmtechniken zu beherrschen und hatten mehr Spaß daran, vom 3 m Brett zu springen, als langweilige Bahnen zu ziehen. Auf der Großen Wiese konnten wir auch mit Freunden super Fußball spielen, wobei die Bänke als Tore dienten. Selbst Regen konnte uns nicht aufhalten weiter zu spielen, dabei unterlief mir ein verhängnisvoller Ausrutscher, als ich im vollen Lauf einen gegnerischen Torschuss abzuwehren versuchte. Beim Abstoppen vor der Bank schlitterte ich mit den Beinen unter die Bank und prallte hälftig mit dem Ellenbogen gegen die Sitzfläche. Das angebrochene Ellenbogengelenk wurde für vier Wochen eingegipst und sorgte für anhaltenden Frust in den Sommerferien.

Wir hatten alle Freiheiten, uns zu entwickeln und unseren Tatendrang in vollen Zügen zu genießen. Nur in Muttis Garten gab es beim Fußball spielen Tabuzohnen, das waren die zahlreichen Blumenbeete. Helmut und ich haben in vielen Trainingseinheiten unsere Ballkünste verfeinert. Hierbei galt es, die Fenster der gartenseitigen Hausfassade und natürlich die blühenden Tulpen zu schonen. Im Gegensatz zu unserem Nachbarn, Schutzmann Kleinschmidt, der fehlgeleitete Bälle nicht wieder herausgab, mussten wir nur die abgeschossenen Tulpenköpfe einsammeln und uns auf die Straße oder auf Hannemanns Wiese verziehen, bevor Mutti vom Einkaufen zurück kam und das Schlachtfeld erblickte. Als im zunehmenden Alter unsere Schüsse kraftvoller wurden und Fensterscheiben des Treppenhauses zu Bruch gingen, meinte Mutti: " Alvis so geht das nicht weiter, die Jungs verwüsten nicht nur den Garten, jetzt schießen sie sich schon den Ball übers Haus auf die Straße zu. Die müssen in einen Fußballverein." So haben wir dann in den Jugendmannschaften des DJK Lippstadt unsere Fußballleidenschaft intensivieren können.

Im Winter fiel oft noch reichlich Schnee, sodass Rodeln am Bahndamm im Dusternweg möglich war. Wenn die Straßen verschneit waren, wurden auch mal die Schlitten an Papas Auto gebunden und so fuhren wir vier über Feldwege zum Rodelhang nach Rüthen.

Mit 10 Jahren hatten wir schon unsere Eltern überredet, uns bei Sport Rotter mit einer Skiausrüstung zu Weihnachten zu beglücken. Dann ging es Sonntags nach Willingen ins Sauerland. Während Papa und Mutti die örtliche Kirche zur Messe besuchten, gingen wir auf die Piste. Die zwei Mark Taschengeld für den Skilift Ritzhagen war schnell aufgebraucht, Nach dem Motto, so weit die Füße tragen ging's wieder auf den Berg und in Schussfahrt über selbst gebaute Schanzen ins Tal. Pitschnass mit aufgeweichten Lederschuhen trafen wir unsere Eltern mittags im Restaurant an der Talstation.

Oft entschieden wir uns, das Geld für eine Mahlzeit auszahlen zu lassen und in die Beförderung auf den Berg per Lift zu investieren. Da die Holzski nicht lange hielten und die Entwicklung des Skiequipments rasant voranschritt, waren die Wunschzettel zu Weihnachten mit neuen Ski mit Stahlkanten und Sicherheitsbindung, statt Lederriemen gefüllt. Leider hatte die Verteilung der Ausrüstung nach Körpergröße Vorrang, so dass die älteren Schwestern manches Mal bevorzugt wurden und wir ihre Sachen auftragen mussten. Ja wir hatten tolle Eltern, die bereit waren, viel Freizeit und Geld in ihre sportbegeisterten Kinder zu stecken.

Hella brachte schließlich mit 17 Jahren durch ihren ersten Freund Gerd eine neue Sportart in die Geschwisterrunde, Judo! Ja das war der Kick. Wir konnten uns auf der Matte austoben und unsere Technik im Kampfsport durch Ablegen der Gürtelprüfungen bis zum Blaugurt verfeinern. Mir hat der Sport sehr geholfen, mich selbstbewusst den Wettkämpfen zu stellen und so manche Siegerpokale zu holen. Im Schulsport gab es sodann nur noch Einsen und Geräteturnen wurde zu meinem Spezialgebiet.

Damals konnte ich noch nicht ahnen, dass nicht das Baugewerbe, als Stammhalter mein Leben bestimmen sollte, sondern der Sport auch meine zukünftige Familiengeschichte prägen würde.

Ein komischer VogelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt