Die Jungvögel verlassen das Nest

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Hella

Mit den Tanzkursen unserer Schwestern, kam dann auch mal Besuch von jungen Verehrern nach Hause

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Mit den Tanzkursen unserer Schwestern, kam dann auch mal Besuch von jungen Verehrern nach Hause. Mit 16 war Hella die Erste, die ihren Gerd vorstellte. Marillo hatte wegen ihrer attraktiven Erscheinung schon einige Verehrer. Sie legte viel Wert auf ihr Äußeres und war gut geschminkt und hatte modebewusst ihr erstes Lehrlingsgeld nach dem Hauptschulabschluss in Klamotten investiert.

Hella dagegen, legte mehr Wert auf praktikables Outfit, um im Umgang mit ihren vielen Tieren immer präsent zu sein. Unser erster Hund war unsere beliebte Dackeldame Nixi, doch Hella reichte ein Tier nicht. Hamster, Mäuse, Hühner, Enten, Vögel und vor allem weitere Hunde, Irishsetter und Cockerspaniel, waren ihre Favoriten, bis ihr Gerd meinte, hoch zu Ross könnte man das äußere Erscheinungsbild auch noch aufbessern.

Doch ein außergewöhnliches Naturereignis sollte einen kleinen, aber verständlicher Weise nicht unbedeutsamen Makel hinterlassen. Am 17. Juli 1965 wurde in Lippstadt der Katastrophenalarm ausgerufen. Wochenlange Regenfälle hatte die Lippe über die Ufer treten lassen. Als in Lipperode der Damm brach, wurde fast die gesamte Stadt überflutet. Am Freitag den 16. Juli hatten sintflutartige Regenfälle eingesetzt und am Samstagmorgen auch zuhause in der Ahornstraße für entsetztes Erstaunen gesorgt. " Kinder steht auf und guckt euch mal den Garten an, die Fische im Teich sind dabei die Gärten der Nachbarschaft zu erkunden". Ungläubig zogen wir die Rollladen hoch und bestaunten die Seenplatte aller Gärten in der Ahornstraße. Auch die Keller waren einen Meter hoch vollgelaufen und die gelbe Brühe hatte große Folgeschäden verursacht. Papa hatte umgehend Wasserpumpen besorgt und damit begonnen die Keller leer zu pumpen.

In der folgenden Woche stand viel Arbeit an, die Keller zu reinigen. " Hella, hast du etwa meine Gummistiefel an, ich brauch die, sonst kann ich nicht helfen!" Hella stand mit Schrubber und Aufnehmer in der Waschküche und raunzte mich an. "Zisch Leine, ich brauch die, das siehst du doch, du machst ja eh nichts. Also halt die Klappe". Das ließ ich mir nicht gefallen, waren ja meine Stiefel und stieß wütend ihren Wassereimer um. Außer sich vor Wut schlug sie mit dem Aufnehmer nach mir und scheuchte mich aus den Keller. Ich rannte die Balkontreppe hoch und spürte Hella mit dem Aufnehmer im Nacken. Durch die Flucht ins Haus wollte ich mit dem Zuschlagen der Küchentür hinter mir, Hella davoneilen. Doch dann ein Scheppern von Glas und ein Aufschrei ließ mich erschaudern, was war passiert? War sie über die Wanne mit Geschirr gestolpert, die auf dem Fußboden stand? Ich eilte zurück in die Küche und sah entsetzt, wie Hella blutüberströmt in der zerbrochenen Glasscheibe der Terrassentür hing. Mit Handtüchern versuchten wir, die Blutungen im Gesicht und am Handgelenk zu stillen, bevor Mutti sie mit dem Auto ins Krankenhaus brachte. Voller Schuldgefühle wartete ich auf Hellas Rückkehr, in der Hoffnung, dass doch alles wieder gut würde.

Bis auf zwei Narben, die zeitlebens ihr im Gesicht und am Handgelenk erhalten bleiben sollten, wurde auch alles wieder gut. Zumindest verbesserte sich unser Verhältnis, denn seit dem gab es keine Streitereien mehr, im Gegenteil mit zunehmendem Alter sollten wir noch intensiver zusammen finden.

Ein komischer VogelWhere stories live. Discover now