Kapitel 8: Geheimnisse im Keller

20 7 2
                                    

Jeder Funken Hoffnung scheint von der drückenden Kälte des Kellergewölbes des Anwesens verschlungen zu werden. Obwohl sie erschöpft und von Angst umgeben sind, erkennen sie, dass sie nicht zurückweichen dürfen. Elisabeths Schicksal ist eng mit den Schatten des Anwesens verbunden, was sie tiefer in dessen Herz zieht. Mit nichts weiter als dem schwachen Licht ihrer Taschenlampen bewaffnet, beginnen sie ihren Weg nach unten. Jede Stufe knarrt unter ihrem Gewicht, als ob das Haus selbst vor Schmerz stöhnt. Je tiefer sie kommen, desto kälter wird die Luft und ein feuchter, modriger Geruch erfüllt ihre Nasen. Als sie unten ankommen, finden sie sich in einem labyrinthartigen Gewölbe wieder. Der Lichtkegel ihrer Taschenlampe funkelt an den feuchten Steinwänden und wirft gespenstische Schatten. „Warum ist es hier unten nur so kalt?", fragt Casey. „Ist das dein Ernst?", erwidert Alex. Er macht sich nicht die Mühe auf diese Frage eine ernsthafte Antwort zu geben. „Wir müssen Aufmerksam bleiben, damit wir uns nicht verlaufen", ergänzt er. Langsam wagen sie sich voran, in der Hoffnung sich nicht zu verirren und irgendetwas Nützliches zu finden. Überall stehen alte, kaputte Fässer herum, leere, zerbrochene Weinflaschen. Die Tropfen, die von der Decke herabfallen, hallen leise durch die düsteren Gänge. „Wie sollen wir hier nur etwas finden?", erkundigt sich Jordan ängstlich. „Ich weiß es nicht. Aber irgendetwas muss ...", Alex hält inne. „Was ist denn?", wundert sich Casey. „Shhhh!", zischt Alex. „Hört ihr das?" „Was meinst du?", fragt Jordan. Alex hält sich den Zeigefinger an den Mund um zu verdeutlichen, dass seine Freunde still sein sollen. Aufmerksam lauschen sie in die Dunkelheit. „Ja, ich höre es!", meint Casey. Auch Jordan nimmt mittlerweile das Geräusch wahr, das Alex als erster gehört hat. Ein leises Schluchzen hallt durch das Gewölbe und geht ihnen durch Mark und Bein. „Scheiße, was ist das denn jetzt schon wieder?", stöhnt Casey. „Vielleicht ist es ein Zeichen? Ein Zeichen von Elisabeth", murmelt Alex. „Du willst jetzt nicht ernsthaft dem Geräusch folgen?", mein Jordan zitternd. „Doch! Ganz genau das machen wir", erwidert Alex mit großer Unsicherheit. „Das kann doch alles nicht wahr sein ...", schluchzt Casey.

Sie sammeln die Reste ihres Mutes zusammen, der geringer ist, als der einer Maus und wagen sich langsam vorwärts. Das Schluchzen und Wimmern, das sie leise wahrnehmen, hallt durch den Untergrund und weist ihnen die Richtung. Sie verstehen nicht, wieso sie sich dazu entschlossen haben an diesen gottverlassenen Ort zu kommen. Ständig schauen sie über ihre Schultern, voller Furcht davor, dass sich etwas hinter ihnen befinden könnte, sie in der Dunkelheit verfolgt und nur darauf wartet zuzuschlagen. Ein Schritt nach dem anderen. Das Wimmern wird langsam deutlicher und wandert durch die Finsternis. ... Schatten ... die Schatten ... sie sind hier ... Die drei Jungs bleiben kurz stehen, als sie die Worte verstehen. „Sch-Schatten", stammelt Jordan. „Kommt, wir müssen weiter", ermutigt sie Alex, welcher aber die meiste Angst, nach seinem Erlebnis in der Halle, hat. Mit zitternden Händen und schlotternden Knien laufen sie immer weiter in die Richtung, aus der die Stimme kommt. Die Luft drückt und es fühlt sich an als würden die steinigen Wände immer näher und näher an sie herankommen. ... Schatten ... flüstert es die ganze Zeit und wird mit jedem Meter die sie zurücklegen, klarer und deutlicher. Sie folgen der Stimme so lange, bis sie schließlich an einer großen, modrigen Tür ankommen. Die Stimme verstummt und mit einem Mal sind sie wieder ganz alleine in der Finsternis. „Das hier muss es sein", stammelt Alex. „Hier hat die Stimme uns hingeführt." Die Jungs, bereit die Türe mit dem letzten Funken ihres Mutes zu öffnen, halten inne, als sie plötzlich etwas hinter ihnen hören. patt ...patt...patt... Sie drehen sich voller Schreck um. „Nein, nein, nein", stammelt Alex, der sich beinahe einnässt. „Was ist das?", fragt Jordan mit zittriger Stimme. „Das ist sie! Das ist Elisabeth!", ruft Alex. „Los mach die Tür auf!" ... Schatten ... patt ... patt ... die Schatten ... patt ... patt ... Kommt es immer lauter auf sie zu. „Mach die scheiß Tür auf Casey!", brüllt ihn Alex an. „Ich versuche es ja, aber sie klemmt!", entgegnet er ängstlich. Die Schatten sind hier ... patt ... patt ... patt ... patt ... „Na los! Mach jetzt endlich!", weint Alex. Casey wirft sich mit ganzer Kraft gegen die Tür und versucht sie zu öffnen. Die Schatten sind hier ... UM EUCH ZU HOLEN! kreischt es ihnen mit schriller Stimme aus der Dunkelheit entgegen und betäubt ihre Ohren. Auf einmal werden die Schritte immer schneller, immer lauter. „Bitte Casey! Mach sie endlich auf!", schreit Alex heulend und wirft sich mit gegen die Tür. Bevor die Schritte sie erreichen konnten, ging die Tür endlich auf und die Freunde stürmten in den Raum. Sie werfen die Tür hinter sich zu und schieben den Tisch, welcher glücklicherweise neben ihr stand, davor. Sie treten weg von der Tür, immer weiter in den unbekannten Raum hinein, den Blick fest auf den Eingang gerichtet. Ihre Herzen schlagen schnell und fest, das Blut schießt durch ihre Adern und sie zittern an ihren ganzen Körpern. „Lass uns in Ruhe!", brüllt Jordan, ebenfalls weinend, durch die verrammelte Tür. Stille, nichts als Stille und das entsetzte Schluchzen und Wimmern der Freunde. „Wir kommen hier nie wieder lebend raus ...", stammelt Alex. Casey leuchtet in der Zwischenzeit den Raum ab, in dem sie sich befinden und macht eine erschütternde Entdeckung. „J-Jungs, seht mal da, die Wand", macht er auf sich Aufmerksam.

Alex und Jordan, die sich so gut es ging beruhigt haben, drehen sich zu ihrem Freund um, welcher auf die hintere Wand des Raumes leuchtet und erstarren. An der Wand hängt eine Fessel mit eiserner Kette in Richtung Boden. In dem Bereich davor liegen wild verteilt einige Blätter. Die fehlenden Tagebuchseiten. "Hier müssen sie Elisabeth eingesperrt habe", bibbert Jordan. "Das ist grausam. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man so etwas seiner eigenen Tochter antuen kann", stammelt Alex. Mit mulmigen Gefühl treten sie vorsichtig Näher an die Fessel heran. Sie ist schwer und schon lange sehr verrostet. Sie blicken auf den Boden vor sich. "Das müssen die fehlenden Seiten sein", spekuliert Casey. "Lasst sie uns einsammeln und lesen", schlägt Alex vor. "Dann erfahren wir vielleicht endlich, was zur Hölle hier vor sich geht und können helfen, den Fluch zu brechen." Die Drei sammeln die wild verteilten Zettel ein und versuchen sie zu ordnen. Die Seiten sind stark vergilbt und die Schrift verblasst, aber gerade noch sichtbar genug, um alles lesen zu können. "Alles klar Jungs", Alex atmet tief ein und aus. "Es ist an der Zeit herauszufinden, was für Geheimnisse hier in diesem Keller verborgen liegen."

Schatten über DunravenWhere stories live. Discover now