46. Wanderung in Finsternis

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"The night is darkest just before the dawn."

Augenblicklich schenkte Fabian ihr einen scharf geschliffenen Blick, der Victoria nicht nur auf der Stelle durch Mark und Bein ging, sondern sich auch wie ein abgeschossener Pfeil tief in ihr blutendes Herz bohrte

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Augenblicklich schenkte Fabian ihr einen scharf geschliffenen Blick, der Victoria nicht nur auf der Stelle durch Mark und Bein ging, sondern sich auch wie ein abgeschossener Pfeil tief in ihr blutendes Herz bohrte. 

Fröstelnde Schauder jagten in Windeseile über ihren zitternden Rücken hinweg, während sie seiner taxierenden Musterung verzweifelt standzuhalten versuchte. 

Gleich einem abwartender Jäger auf der Lauer wirkte er nun, seine zu erledigende Beute dabei stets in Sichtweite behaltend. 

Quälend lang zogen sich die Minuten dahin, Victoria wandte sich angesichts der schwer auf ihren Schultern lastenden Stille schon bald wie ein  gestrandeten Aal auf trockenem Land. 

Immer wieder verlagerte die nervöse Schwarzhaarige ihr komplettes Körpergewicht von einem Bein auf das andere, während sich ihr bebenden Fingern stetig mehr ins eigene Armfleisch gruben.  Rastlos schossen Victoria unzählige Gedanken durch den Kopf, eine nebulöser und von einer wahnsinnigeren Natur als der andere. 

Zu ihrem Glück fand die körperlose Tortur allerdings bald ein rasches Ende, denn nach einer gefühlten Ewigkeit später veranlasste sich der stille Geist schließlich zu eine leidenschaftlich ausgerufenen Antwort. In Windeseile suchte er Victorias direkte Nähe auf. Instinktiv wollte die unsichere junge Frau erst ein paar Schritte zurück weichen, doch er ließ ihr hierbei keinerlei Wahl übrig. 

Nur wenige Momente später trennten lediglich ein paar Zentimeter Abstand beider Gesichter von einander. 

Ein kühler Windhauch fegte sogleich über Victorias kalte Haut hinweg und sickerte darauf gleich tief in ihre Knochen hinab.

"Ja und Nein...", gab Fabian erst widerwillig zu, ehe er seine körperlose Haltung straffte und im Anschluss darauf direkt dem Auge des Sturms entgegen blickte. 

"Wie bereits gesagt, so glaube ich in dir ihre physische Doppelgängerin zu erkennen. Doch dein eigentliches Wesen scheint deutlich unzähmbarer .. mutiger. Mir ist es, als habe ich früher Rosmarie wie ein offenes Buch lesen können. Bei dir ist jenes Unterfangen keinesfalls so leicht.... Immerhin weißt du deine geheimsten Gedanken hinter vielen gezogenen Burggräben und verwinkelten Schächten gut zu verbergen. Und das gefällt mir." 

Schweigend hörte Victoria seine leicht stockende Erläuterung an, sich weiterhin im Inneren äußerst zerrissen fühlend. Beinahe kam es der jungen Frau so vor, als würde nun zwischen Herz und Verstand ein heftiges Tauziehen von statten gehen. 

Jede um Oberhand ringende Seite schien gleich stark, daher wähnte sich der unmittelbare Ausgang für die Heimgesuchte als nicht unbedingt gewiss. Einerseits freute sich ihr geschmeicheltes Ego über die voran gegangenen Worte, nicht wie die tote Verflossene betrachtet zu werden.  

Anderseits hafte den vor Bittersüße triefenden Worten ein durch und durch dunkler Klang bei, den sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstehen konnte. Oder eher nicht verstehen wollte.

Das Herrenhaus von DunkelmoorWhere stories live. Discover now