36. Ins Leere verblasst

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"I  feel half faded away like some figure in the background of an old picture"


Augenblicklich taumelte Victoria vor verspürter Überraschung sogleich ein paar Schritte auf dem üppig ausgelegten Perserteppich zurück und wäre dabei um Haaresbreite glatt gegen den hölzernen Rücken eines anrainendes Buchregal gekracht

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Augenblicklich taumelte Victoria vor verspürter Überraschung sogleich ein paar Schritte auf dem üppig ausgelegten Perserteppich zurück und wäre dabei um Haaresbreite glatt gegen den hölzernen Rücken eines anrainendes Buchregal gekracht. Zu ihrer ausgesprochenen Erleichterung hatte ihr wankendes Fußwerk allerdings im letzten Moment seine Standfestigkeit wiedergefunden und bewahrte somit zur rechten Zeit ihren Leib vor dessen unmittelbaren Untergang. 

Charlotte,  aufgrund ihres erlittenen Schrecken nun im Gesicht käseweiß angelaufen, holte in mehrmaligen Zügen tief Luft ein um den rasch getakteten Atem schnellstmöglich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Hingegen zappelte Louisa, die bislang in sitzender Haltung auf dem Bibliotheksboden verweilt hatte, jetzt wie ein hilfloser Fisch am Lande auf dem weichen Grund. Ihre zitternden Gliedmaßen hielt sie dabei weit von sich gestreckt. 

Weiterhin hing aller abgestandener Atem in Form von feingliedrigen Nebelringen in der Luft, die ausgebrochene Kälte liebkostete derweilen das kalt angelaufene Gesicht von Victoria so wie ein Liebhaber mit ein paar Fingern die Wange seiner Herzensdame tätscheln würde. 

Buchstäblich standen der jungen Frau nun die Haare zu Berge, die sie natürlich mit eifrigen Bewegungen wieder zu glätten versuchte. Unweigerlich richtete sich ihr Blick auf dem urplötzlich erschienenen Geist,  dessen erheitert anmutender Ausdruck sich wohl keiner Schuld bewusst zu sein schien. 

Erstaunlicherweise verdunkelte weder Abscheu noch Zorn das helle Strahlen von Konstanzes durchsichtig glänzenden Augen, eher sprach ein federleichter Hauch von jahrhundertealter Melancholie und unverhohlener Erleichterung aus jenen wachsam erscheinenden Gebilden. Insgesamt hüllte ein silberner Funkel die verstorbene Frau von Kopf bis Fuß ein, deren Auftreten sich nicht unterschiedlicher von dem ihres Bruders hätte unterscheiden können. 

Während Louisa und Charlotte sichtbar um Fassung rangen, zum ersten Mal einer untoten Person gegenüber zu stehen, musste Victoria stattdessen nicht lange über eine konternde Antwort nachdenken. Denn langsam aber sicher hielt die Urlauberin wohl genügend Übung inne, um mit einer solch übernatürlichen Erscheinung eine durchaus aufrechte Unterhaltung zu führen. Ein kurzer Seitenblick genügte um sich die Vergewisserung zu verschaffen, dass sich die andere Zwei trotz ihrer schock geweiteten Augen und bleichen Mienen wohlauf befanden.

Und eine innere Ahnung flüsterte bereits, dass mit der sympathischen Haltung von Konstanze vielleicht sogar gut Kirschen zu essen war. Zumindest fühlte sie sich die junge Frau bei dieser nicht wie die Motte vom Licht angezogen, ganz im Gegenteil zu ihrem wohl älteren Geschwisterteil. 

Durchaus ein großer Pluspunkt, wie Victoria im Insgeheimen befand. Hoffentlich kann ich ihr Fragen stellen ohne dabei das Gefühl zu erleben, dass sich meine gesamte Zukunft in Kürze gewaltig ändern wird. Trotzdem finde ich die körperliche Ähnlichkeit mehr als gruselig. Erstaunlich, wie sehr sich die Antlitze gleichen und doch auch fremdeln können...

Das Herrenhaus von DunkelmoorWhere stories live. Discover now