17. Kapitel: Sil'ans Macht

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Zu dritt in einer Reihe laufend bog Aragorn Seite an Seite mit Gimli und Boromir in den Abschnitt des Ufers ein, an dem auch die beiden weißen Boote lagen. Zumindest theoretisch. Denn praktisch gesehen war nur noch eines da. Irritert blieb der Thronfolger von Gondor stehen. Dann wurde es ihm klar, denn er sah leichte Abdrücke im Boden. Zwei Spuren. Die Art, wie sie angeordnet waren zeigte die sanfte, federnde Gangart der Elben. "Wo ist sie?", das Flüstern kam von Boromir, seine Augen waren geweitet. "Sie ist weg. Und von unserem spitzohrigen Elbenprinz ist auch keine Spur.", stellte Gimli fest. "Ja.", Aragorn nickte, ihm war bewusst, dass die Orks bald da sein würden. "Weil sie fort sind." "Fort?", Boromir warf den Kopf zu ihm herum, die kinnlangen Haare schlugen ihm gegen die Wangen. "Doch nicht etwa wegen mir?" Schuldbewusstsein und Panik mischten sich in seiner Stimme. "Sie ist die Ringträgerin.", erwiderte Aragorn. "Und ich denke, nachdem was der Ring", er sah den Sohn Denethors an "mit dir gemacht hat, kam sie zu dem Ergebnis, gehen zu müssen. Ohne uns, nach Mordor." "Aber warum? Wo ist dann Legolas?", Gimli hob die Augenbrauen. "Das", sagte Boromir sanft "ist doch offensichtlich." Gimli blinzelte, sah Aragorn fragend an und der blickte zu Boromir, bevor er dem Zwerg einen vielsagenden Blick zuwarf. Gimlis Miene erhellte sich. "Oh.", machte er und nickte dann. "Ja. Jaaaah. Das ist wirklich... offensichtlich." Ein kurzes Grinsen flog zwischen den restlichen verbliebenen drei Gefährten der Gemeinschaft des Ringes hin und her. Dann zuckten sie alle zusammen, denn sie alle drei hörten es. Das Geräusch, von dem Aragorn befürchtet hatte, es zu hören, seit Amina und Legolas die hohe Schwarzmagie gespürt hatten. Ein Stampfen und Klirren. Die Orks kamen. "Bei dem weißen Königsbaum.", murmelte Boromir und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, dann zog er sein Schwert. "Es ist alles meine Schuld, oder? Ich hab sie in die Flucht geschlagen." "Nein. Nicht du.", Aragorn schüttelte den Kopf und legte ihm einen Arm um die Schultern. "Der Ring." Boromir schnaubte. "Ja, der Ring. Aber dir und Gimli macht er nichts. Mir ist schon klar, warum Amina euch beide vorgeschlagen hat, als Sauron in Gestalt seines Auges kam. Mich nicht, weil ich für seine Macht zu anfällig bin. Legolas nicht, weil sie ihn nicht gefährden wollte. Aber euch beide.", er schüttelte den Kopf und seufzte. "Aber das ist jetzt egal. Amina und Legolas sind fort, die Orks kommen hierher." "Jetzt", brummte Gimli "schlagen wir erstmal die Orks in die Flucht. Dann sehen wir weiter." "Was unsere Ringträgerin betrifft", ergänzte Aragorn "so können wir nichts anderes tun, als zu hoffen, dass ihr Wille und die Bindung zwischen ihr und Legolas stark sind, um den Wahnsinn des Ringes zumindest ein bisschen abzuschwächen oder wenigstens sein Fortschreiten zu verlangsamen." Boromir nickte, dann hob Gimli seine Axt, Aragorn zog sein Schwert. "Also gut. Bringen wir eine Runde Orks um.", verkündete Gimli. Das Stampfen und Klirren war näher gekommen. Bald würden die Orks da sein.

Galadriel wanderte ruhelos in ihrem Schloss auf und ab. Die Sterne über den Spitzen des Waldes waren verschwunden. Saurons ansteigende Macht hatte sie verblassen lassen. Einzig und allein die Tatsache, dass Galadriel die älteste und mächtigste Elbin in Mittelerde und die Herrin des Lichts war, verhinderte, dass es in ihrem Reich vollkommen dunkel wurde. Jetzt blieb die Waldelbenkönigin doch stehen und sah noch einmal zum Himmel. Da. Ein einzelner Stern kämpfte sich durch die Dunkelheit, kurz flackerte sein Licht schwach durch die Wolken der Finsternis, doch dann wurden seine weiß-bläulichen Strahlen beständiger. Klein, dennoch hell und an Macht absolut nicht zu unterschätzen. Der Stern des Nordens, der Stern, der auf jede Niederlage Saurons und auf genügende Morgoths hinabgeschienen hatte. Sil'an. Der Stern, dessen Wächterin Amina war. Die Ringträgerin. Sie hatte nun den Boden von Mordor betreten, das sagte Sil'ans Licht Galadriel. Aber nicht alleine. Thranduils Sohn, der Prinz der Waldelben des Düsterwaldes, war bei ihr. Der Schatten des Ringes lastete schwer auf seiner Trägerin, er brach sie mit jeder Sekunde mehr. Noch war sie in der Lage, die Risse in Verstand, Seele und Wille zu retuschieren und zu ignorieren. Doch der Tag, das spürte Galadriel auch ohne dass Sil'an ihr dies mitgeteilt hätte, war nicht mehr fern, da Amina dies nicht mehr gelingen würde. Wenn dieser Tag kam, würde es auf die Bindung zwischen ihr und Thranduils Sohn ankommen. Darauf, ob sie stark genug war, dem Wahnsinn des Ringes standzuhalten. Einige Male war sie diesem Wahn schon ausgesetzt gewesen und bisher hatte die Bindung gehalten. Hoffentlich würde dies auch weiterhin so bleiben. Denn ohne etwas, das Amina in die Realität zurückholte, würde sie nicht in der Lage sein, die Finsternis des Ringes abzuschütteln, an dem Tag, da die Risse in ihrer Seele, ihrem Willen und ihrem Verstand zu tief wurden. Und dann war da ja auch noch Sméagol, der von dem Ring besessen war und den Gefährten seit Monaten folgte. Zwar war ein großer Abstand zwischen der Ringträgerin, Thranduils Sohn und ihm, aber Mordor verlangsamte die Schritte der beiden Hoffnungsträger, während Sméagols Gier nach dem Ring ihn immer weiter vorantrieb. Er würde sie einholen. Die Frage war, wie die Ringträgerin damit umgehen würde. Denn der Ring säte die Saat der Einsamkeit und des Wahnsinns in die Herzen seiner Träger und es wäre durchaus möglich, dass Amina Thranduils Sohn von sich stieß und sich Sméagol zuwandte, da sie sich von ihm mehr verstanden vorkommen könnte. Auf diese Entscheidung Aminas hatte Galadriel keinen Einfluss, auch Sil'an nicht und die Waldelbenkönigin spürte, wie sehr der Stern sich um seine Wächterin sorgte. Denn selbst wenn Sméagol Loyalität und Verständnis vortäuschte, so war doch alles an und in ihm auf den Ring fixiert. Er hatte ihn zu lange besessen und der Ring hatte ihn sich vollkommen zu Untertan gemacht.
Der Tag würde kommen, da die Risse in Aminas Seele, Wille und Verstand zu tief werden würden, um sie einfach weiterhin zu ignorieren.
Der Tag würde kommen, da Sméagol die Ringträgerin und Thranduils Sohn erreichen und ihre Bindung auf eine harte Probe stellen würde.
Galadriel hoffte, dass das Vertrauen zwischen der Ringträgerin und dem Prinzen des Düsterwaldes bis dahin tief genug war. Denn momentan war es das nicht.

Die Ringträgerin -Die Macht des Einen- || Herr der Ringe FFМесто, где живут истории. Откройте их для себя