8. Kapitel: Du weißt was geschah

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Lamilas steht da wie festgenagelt, sein schwarzes Haar weht in einer leichten Brise der Nacht. Dann dreht er den Kopf und sieht Eminel und Amina an. Er zückt Isil, sein Schwert. "Orks.", sagt er und verengt die bernsteinfarbenen Augen. "Wie viele?" Eminel tritt neben ihn und zieht ebenfalls ihr Schwert - Elen. "Zu viele.", antwortet Lamilas rau und blickt Amina an. "Reite fort, meine Tochter. Reite auf Farnir wie der Wind." Erschrocken reißt sie die blaugrünen Augen auf. "A-aber... i-ich kann euch d-doch nicht a-allein lassen!", protestiert die, mit ihren 73 Jahren noch junge, Elbin stotternd. "Du musst.", erwidert Eminel fest und sieht ihre Tochter aus ihren bohrenden, eisblauen Augen an. "Lauf.", fährt sie eindringlich fort. "Geh. Bitte." Amina schluckt und nickt, dreht sich um und eilt aus dem Zelt, dorthin, wo Farnir grast. Lamilas geht ihr hinterher und gibt ihr ihr Schwert Cala, mehrere Messer und Dolche. "Komm erst zurück, wenn die Sonne aufgeht.", murmelt er und küsst sie auf die Wange. Mit tränennassen Augen blickt Amina ihn an. "Werdet ihr dann hier sein?" Lamilas' bernsteinfarbene Augen verdunklen sich. "Wir geben unser Bestes. Jetzt geh.", gibt er zurück und wendet sich ab. Amina schnieft. "Ich liebe euch.", haucht sie mit erstickter Stimme, presst Farnir die Fersen in die Seiten und galoppiert auf ihm davon. Eminel kommt neben Lamilas und sieht ihrer Tochter nach. "Wir lieben dich auch.", flüstert sie und wischt sich über die Wangen. Dann wird ihr Blick hart, sie streicht sich eine braune Strähne aus dem Gesicht. Die Orks kommen näher. Beide Elbenkrieger drehen sich von dem Bild ihrer davonreitenden Tochter weg und warten auf die Orks.
Lamilas hat Recht behalten: Es sind zu viele. Mindestens zweihundert Stück. Fauchend fallen sie über die beiden Elben her. Doch die beiden waren einst Thranduils beste Krieger und das nicht wegen ungefähr. Geschickt töten sie Ork um Ork. Doch dann drängt eins der Biester Lamilas gegen einen Pfahl zurück und er muss sich ausbalancieren, um nicht hinzufallen. Das nutzt ein anderer Ork gnadenlos aus und rammt ihm ein gezacktes Messer in die Rippen. Schaudernd ringt Lamilas nach Atem. "Emi-nel!", stößt er hervor. "Geh!" "Niemals!", faucht sie und schlägt dem Ork, der immer noch vor Lamilas steht, den Kopf von den Schultern. "Ich werde dich heilen!" Sie dreht eine Pirouette um sich selbst und hält Elen auf Hüfthöhe. Mühelos durchtrennt die Elbenklinge Haut, Fleisch und Knochen, Orks fallen nieder. Doch dann trifft ein Orkpfeil Eminel in den Rücken. Die Elbin erstarrt, dreht sich um und starrt ihren Mörder an. Dann zieht sie einen ihrer Dolche, wirft und trifft den Ork genau zwischen die Augen. Zitternd lässt Eminel Elen beinahe fallen und weicht zu Lamilas zurück. Der lehnt an dem Pfahl, rasselnd nach Atem ringend, seine bernsteinfarbenen Augen suchen ihre blauen. Eminel blickt ihn an und lehnt ihre Stirn gegen seine. "Es tut mir so leid, meleth nîn. Das hier ist alles meine Schuld.", flüstert sie kraftlos. "Ich zürnte Thranduil zuerst." Lamilas lächelt. "Er hat es verdient, Eminel. Aber... Amina lebt. Das ist die Hauptsache." "Ja. Ja, das... das ist es.", sie stellt sich neben ihn und der Schatten eines Uruk-hai fällt auf die beiden. Er hebt sein mit Widerhaken besetztes Schwert. Eminel schließt kurz die Augen, tastet nach einem Messer und bevor der Uruk-hai zum tödlichen Schlag ausholen kann, schlitzt die Elbin ihm die Kehle auf. Dann sieht sie Lamilas an. "Zusammen?", fragt sie erstickt. Ruhig erwidert er ihren Blick. "Bis... zum Schluss.", antwortet er und küsst sie. "Im mel dhen.", haucht er, umklammert Isil, löst sich von Eminel und stürzt mit einem Kriegsschrei vor, in die Meute der Orks. Eminel folgte ihm nur einen Bruchteil von Sekunden später.
Nach zwanzig Minuten liegen die beiden Elbenkrieger zerschrammt und blutig am Boden, ihre Augen starren blicklos in den Himmel. Knurrend und die Zähne bleckend ziehe die Orks davon.
Als die ersten Sonnenstrahlen sich über die Hügel tasten, ertönen Hufschläge. Amina. Mit wehendem schwarzen Haar. Als sie die Orkleichen entdeckt, pariert sie Farnir durch und springt ab. "Mama? Papa?", ihre junge Stimme, in diesem Moment fast kindlich, verhallt. Sie erzittert. "Mama! Papa!", wiederholt sie, nun mut einem unüberhörbaren Anflug von Panik in ihren Worten. Vorsichtig, mit Farnir hinter sich, umrundet sie das Zelt. Und bleibt wie erstarrt stehen. Dort liegen ihre Eltern.
Tot.
Amina schreit auf, ihre Tränen brechen ihre Stimme. "Nein!", mit einem Aufschluchzen stürmt sie vor und kniet sich zwischen die toten Orks, neben ihre Eltern. "Nein!! Wacht auf, bitte! Wacht auf! WACHT AUF!!!" Nichts passiert. Nach Luft schnappend starrt Amina ihre toten Eltern an. "Nein.", flüstert sie tonlos. "Nein... Nein... NEIN!!!" Sie schreit. Schreit bis ihre Stimme splittert wie zerbrechendes Glas. Dann kauert sie sich zwischen ihre Eltern und beginnt, haltlos zu weinen. "Nein.", haucht sie immer wieder. "Nein..."

Die Ringträgerin -Die Macht des Einen- || Herr der Ringe FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt