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ELODIE

Ich stöhnte innerlich auf, als sich Blue und Ryan wütend ansahen. Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich mich zwischen die beiden und meinte: "Jungs, das könnt ihr gerne wann- und woanders klären, aber ich will nicht so gern zu spät zum Unterricht bei unserem Direktor kommen." Das verstanden die beiden und Blue ließ sich, wenn auch nur widerwillig, mitziehen. Ryan, den ich noch aus dem Kindergarten kannte, sah ziemlich gestresst aus. Hoffentlich war alles okay bei ihm und es war nur Schulstress, im Kindergarten wurde er nämlich mal gemobbt, weil er die wegen seinen Hasenzähnen gelispelt hatte, da hatte er auch immer diesen Gesichtsausdruck und war immer in Eile, um von den Jungs, die ihn gemobbt haben, zu flüchten.

Der Rest des Tages verlief relativ ruhig und sowohl Blue als auch Noah und ich freuten uns wie jeden Tag auf die Bandprobe, besonders weil wir etwas Neues ausprobieren wollten. Ich war echt gespannt, welches Lied Blue spielen wollte und ob ich es kennen würde.

In der Mittagspause war es endlich soweit. Kaum waren wir im Proberaum, da fragte Noah auch schon: "Und? Was für ein Lied willst du uns vorstellen?" Doch Blue grinste nur und setzte sich and Schlagzeug. Dann fing er an.
Ich erkannte den Song sofort. Es war Girls von The 1975. Mit dem Fuß im Takt wippend griff ich zum Mikro. Auch Noah kannte es und sang mit, da er zum Gitarrespielen noch keine Noten hatte.

"They're just girls breaking hearts /
eyes bright, uptight / just girls ... "

Als die letzten Töne verklangen, klatschten wir uns ab. Es war einfach das schönste Gefühl, mit den beiden zu spielen.

"Ach! Was ich euch schon die ganze Zeit sagen wollte: Was haltet ihr von dem Bandnamen BlENo?", fragte Noah.

Blue lachte schallend. "Was ist das denn für ein Name? Das klingt ja wie ... blähen! Sorry, Cutie, aber ich kann nicht anders! Das ist einfach nur witzig." Er kugelte sich vor Lachen fast auf dem Boden und auch ich musste grinsen.

Noah sah uns verdattert an, doch dann begannen seine Mundwinkel zu zucken.

Schließlich saßen wir alle auf dem Boden und hielten uns den Bauch, der vom Lachen wehtat.

Am Ende der Mittagspause kam mir dann die Idee. "Leute, ich fand den Bandnamen ja ganz lustig, aber was haltet ihr von NoBlE?" Die anderen hielten diesen Namen auch für toll und wir klatschten uns wieder ab. "Nobel, nobel. Das muss später gefeiert werden, Sweeties!", meinte Blue und umarmte Noah und gab mir einen Abschiedskuss auf die Wange, da er jetzt Spanisch haben würde und wir Französich.

Ich seufzte.
Kein Mensch brauchte Franze! Zum Glück saß Noah neben mir, so konnten wir uns wenigstens zusammen zu Tode langweilen.

Aber zuerst mussten wir zu unserem Musiklehrer, der wirklich nett war und uns immer mit Noten versorgte, egal um was für ein Lied es sich handelte. In diesem Fall ging es um die Noten von Girls für Noah.

Auf dem Weg vom Lehrerzimmer zum Klassenzimmer dachte ich laut über Blue nach. "Irgendwie hat er immer Pech in der Liebe."

Noah stimmte mir zu. "Vielleicht ist er ja bi oder ganz schwul, so wie er mit uns umgeht und uns nennt", vermutete er.

"Ja, kann sein ... Überleg mal, wenn er dann einen Freund mitbringen würde und ... aber wie bekommt er denn einen Freund, wenn er gar nicht weiß, dass er auf Jungs steht?"

Wir sahen uns an.

"Tja", sagte Noah schließlich. "Eigentlich gar nicht."

Und so tüftelten wir für die nächsten zwei Stunden Franze einen Plan aus, um Blue zu zeigen, wie schwul er war.
Eine bessere Beschäftigung als Pläne zu schmieden gab es nicht, fand ich.

RYAN

Wegen diesem Swaglord, den ich heute aus Versehen angerempelt hatte, würde ich bestimmt den ganzen restlichen Tag schlecht gelaunt sein. Mein Handgelenk tat weh.
Und wieso hatte es ausgerechnet Blue sein müssen (er hatte zwar mich angeschrien, aber das konnte ich verkraften), der total schwul aussah mit seiner roten, engen Skinny Jeans, dem gepunkteten, blauen Tanktop und den Stiefeln? Das sah doch so was von bescheuert aus!

Andererseits hatte ich jetzt endlich die Lösung für mein riesengroßes Problem gefunden:
Ich brauchte Blue für meinen 'Auftrag' bei der Gang, dem eigentlichen Grund meiner schlechten Laune.

Bald würde die Frist ablaufen, die Kyle, der 'Anführer' der Typen, mir gestellt hatte. Und wenn ich bis dahin nicht besorgen konnte, was gewünscht wurde, war ich geliefert.

Blue war der Sohn meines Biolehrers Mr. Green (seine Eltern hatten sich aber getrennt und er wohnte bei seiner Mutter - gute Wahl, bei dem Vater), der uns überhaupt nicht nett behandelte.
Ausgerechnet ich sollte die nächste Klausur bei ihm stehlen, damit Kyle und seine Leute die Versetzung schafften.

Das durfte Blue jetzt schön für mich erledigen. Und ich wusste auch schon, wie.

Seufzend rappelte ich mich hoch, sammelte meine Sachen auf und ging zum Klassenraum. Die erste Stunde an diesem beschissenen Dienstag war eine Biologiestunde.

Bio war schrecklich für mich. Mr. Green war, wie schon gesagt, mein Biolehrer - und das Verrückteste war: mein Dad war Blues Englischlehrer.
Nur meine Vermutung, dass Englisch für Blue auch nicht gerade ein Vergnügen war, heiterte mich ein bisschen auf.

Ich kannte Blue Green nicht wirklich persönlich, aber jedes, wirklich jedes Mal beim Abendessen regte Dad sich so über ihn auf, dass ich wusste, dass er a) irre gut in der Schule, aber b) echt verhasst bei Dad war, weil er die ganze Zeit mit seinen Freunden quasselte und ständig irgendetwas besserwusste. (Wenn mein Vater eins nicht abkonnte, dann waren es Besserwisser.)
Und wenn Blue Stillarbeit machen sollte, sang er die ganze Zeit leise vor sich hin - meistens auch noch Mr. Brownstone von Guns 'n' Roses.

Mein Vater, Richard Brownstone, fand das natürlich außerordentlich toll. Nicht.

Einmal hatte er Blue eins auswischen wollen und den Schülern eine besonders schwere Arbeit gestellt - und dann waren ohne Ausnahme alle so schlecht gewesen, dass die ganze Klassenarbeit wiederholt werden hatte müssen. Sein Lieblingsschüler hatte dann natürlich mal wieder ein A eingeheimst.

Streber.

Damit wir nicht von unseren Vätern unterrichtet werden mussten, waren wir also in Parallelklassen.
Ich war mir auch nicht sicher, ob es überhaupt erlaubt war, seine eigenen Kinder an einer öffentlichen Schule zu unterrichten.
Mit Sicherheit wusste ich nur, dass ich dann schon längst gestorben wäre. Und zwar mehrmals!

Meine Biostunde verbrachte ich, wie immer, in der hintersten Ecke - darüber nachdenkend, wie ich Blue dazu bringen könnte, mir zu helfen.

How To Get Your Best Friend Gay Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt