Alpha

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"Du hättest sie schon vor Jahren da raus holen sollen Arden", sagte Vittoria vorwurfsvoll, die sich gerade ungeniert etwas von der brauen Flüssigkeit, die sie in meinem Arbeitszimmer entdeckt hatte, in ein Glas goss.

"Wollt ihr auch einen Schluck?", fragte sie, schaute allerdings nur mich an.

Ich schüttelte den Kopf.

"Im Ernst. Denkst du nicht, dass sie nicht schon eher die Wahrheit verdient hätte?", fuhr Vittoria fort, während sie sich auf die Armlehne von Warins Sessel sinken ließ.

Ich warf ihr einen warnenden Blick zu, den sie geflissentlich ignorierte.

"Sie war fünfzehn", brachte ich zwischen zusammengepressten Zähnen.

"Ja und?"

"Vittoria, sie war praktisch noch ein Kind." In Werwolfmaßstäben zumindest. Wir wurden älter als Menschen, hörten mit Mitte zwanzig auf, im gleichen Tempo zu altern wie sie. Fünfzehn war jung. Zu jung um gezwungen zu sein sich an einem Hof durchzuschlagen der keine Gnade kannte.

"Nicht alle haben das Glück mit fünfzehn noch ein Kind sein zu können", erwiderte sie bitter und ich bereute meine Worte. Bereute, dass ich sie daran erinnert hatte, wo sie mit fünfzehn gewesen war. "Du hast selbst mit fünfzehn deinen Vater umgebracht Arden, abgesehen davon ist Ruelle mit sechzehn den Rebellen beigetreten, das war im Nachhinein nun wirklich nicht die bessere Alternative", fuhr sie fort.

"Eigentlich war das alles von Anfang an eine ganz dumme Idee. Ich frage mich noch immer, wieso keiner euch davon abgehalten hat, diesen dummen Plan zu schmieden."

"Vittoria", sagte ich warnend.

"Was? Ruelle ist nun wirklich nicht die Person, die man vor der Realität beschützen muss. Ganz ehrlich Arden, du bist es, vor dem du sie schützen wolltest. Die einzureden, dass du sie nur vor deinen Beratern, den Adligen oder dem König von Cardum abschirmen wolltest, kannst du nicht ewig fortführen."

"Ich rede mir nicht nur ein, dass ich sie vor dem Hof schützen wollte", widersprach ich.

"Ich kenne deine Dämonen Arden. Mehr noch als alle anderen. Also hör auf, mich und dich selbst anzulügen. Du denkst, dass du nicht gut genug für sie bist. Glaub mir, ich kenne diesen Gedanken. Ich erkenne ihn. Sehe es, wenn du sie ansiehst, wenn du dich zu ihr bewegst, sie anschaust, als wäre sie das Kostbarste, was es auf dieser Welt gibt und dich doch immer wieder zurückhälst. Lass dir eins gesagt sein, Arden. Sie ist perfekt für dich. Sie ist dein Gegenstück. Noch bevor du sie uns damals im Palast vorgestellt hast, wusste ich, wer sie war, weil ich weiß, wer du bist. Also tu mir einen Gefallen und akzeptier diesen Umstand einfach, statt dich dagegen zu wehren."

Ich schwieg. Sie hatte Recht. Natürlich hatte sie das.

 "Sie wäre ein wunderbarer Alpha und das wissen wir alle, nicht wahr Warin?"

Ihr Gefährte griff nur nach ihrem Glas und leerte es in einem Zug.

"Sie hat versucht Arden umzubringen", warf er ein.

"Ja und? Das spricht doch eigentlich für sie, oder nicht?", erwiderte Vittoria ungerührt.

"Ich verstehe, wieso sie so gehandelt hat, wie sie gehandelt hat. Aber ich traue ihr nicht, bis sie bewiesen hat, dass sie auf unserer Seite steht. Bis dahin ist sie eine Gefahr, auch wenn du das nicht wahrhaben willst, Arden. Aber ich werde sie nicht für das Verurteilen was sie in ihrer Vergangenheit getan hat", sagte Warin nur.

Ein ungutes Gefühl erfasste mich in diesem Moment. Beinah so als würde jemand an den Rändern meiner Welt rütteln.

Ruelle. Irgendetwas war mit ihr. Ich spürte es in jeder Faser meines Körpers. Spürte die Anziehung, die mich zu ihr zog, dazu drängte zu ihr zu gehen.

Ich schaffte es nur eine Entschuldigung zu murmeln, bevor ich aus dem Raum stürzte, bereit alles und jeden zu vernichten der für das, was mit Ruelle war, Verantwortung trug.

Ich stieß die Tür zu ihrem Schlafzimmer aus. Und da war sie. Erleichterung erfasste mich. Sie war noch da. Noch immer hier. War nicht gegangen.

Doch im nächsten Moment wurde diese Erleichterung weggewischt, als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten und sie wahrnahmen. Wie sie auf dem Laken lag, in einen Hauch von nichts gekleidet, die Decke auf den Boden gestoßen und um sich schlagend. Einige Strähnen ihrer Haare klebten in ihrem Gesicht. Und sie rief immer und immer wieder einen Namen. 

Xavian. Der Name des Mannes, dessen Geruch an ihr geheftet hatte. Der sie markiert hatte.

Ich hatte seinen Namen schon vor Wochen herausgefunden. Aber die Angst, dass er ihr wirklich etwas bedeuten könnte, hatte mich zurückgehalten. Hatte mich gelähmt. Genau wie jetzt.

Sie hatte einen Alptraum. Von Xavian.

Und ich stand noch immer unschlüssig  in ihrer Zimmertür. Wie der größte Idiot sah ich meiner Gefährtin dabei zu, wie sie sich gegen ihre unsichtbaren Dämonen wehrte. Und ich tat nichts dagegen. Konnte nichts. War zu hilflos.

Ich trat einige Schritte näher.

"Ruelle?"

Sie reagierte nicht. Schien mich nicht wahrzunehmen, sondern wälzte sich nur weiter auf dem Laken. Die Augen zusammengepresst.

Ich war mir nicht sicher, ob es besser werden würde, wenn sie meine Nähe spürte, aber ich ging stark davon aus. Nur wusste ich auch, dass meine Nähe nichts war, was sie wollte. Sie hatte sie oft genug abgelehnt. Auch wenn ihr Körper jedes Mal etwas anderes gesagt hatte.

Und vielleicht würde sie mich morgen hassen, wenn sie erfuhr, dass ich ihr so nah gekommen war.

Aber ich konnte nicht zusehen, wie sie leidete. Konnte nicht daneben stehen, während ihre Dämonen sie plagten.

Ich ging einige Schritte auf sie zu. Hob die Decke auf und legte sie über sie. Noch immer kam sie nicht zur Ruhe. Und ihr Schluchzen brach mir das Herz.

Ich schmiss alle Zweifel über Bord und streifte meine Schuhe ab, schälte mich aus meiner Jacke und legte mich zu ihr unter die Decke. Zog ihren Körper an meinen.
Beinah augenblicklich beruhigte sie sich. Und auch, wenn ich wusste, dass ich es war den sie gerade brauchte, hasste ich mich auch. Dafür, dass ich ihr so nah kam, obwohl sie mich nicht wollte. Dass ich es nicht schaffte ihr fernzubleiben.

Ich sah zu ihr. Wie ihr Brustkorb sich gleichmäßig hob und sank. Ihre leicht geöffneten Lippen. Ihre Gesichtszüge. Ich hätte sie noch Stunden anschauen können. Aber ich würde gehen, sobald ich sicher sein konnte, dass sie sich beruhigt hatte und nicht wieder diesen Alptraum bekommen würde.

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Zusammenfassung

Wir mögen Vittoria. Also ich mag Vittoria, ich hoffe ihr auch. Und bei ihr ging in der Vergangenheit offensichtlich einiges ab. Was sind eure Theorien dazu?

Und sie sagt Arden mal bisschen was er hören muss, aber nicht will.

Achja, Arden. Es tut mir leid, aber er wächst mir immer mehr ans Herz & versprochen, versprochen es geht mit ihm und Ruelle jetzt endlich Berg auf.



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