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Das Schweigen war den Rest des Tages drückend gewesen. Mehr noch als zuvor. Aber ich nahm es dankbar an, solange ich dann nicht über das reden musste, was Arden gesehen hatte.

Meine Kräfte.

Ich wusste nicht, was Arden darin sah. Eine Bedrohung, wie es die Rebellen taten? Oder eine Waffe? Vielleicht würde er mich deswegen nicht gehen lassen, weil er wollte, dass meine Kräfte, die seinen so ähnlich waren, auch an seine Kinder weitergegeben wurden. Vielleicht hoffte er, dass unsere Kräfte sich in möglichen Erben potentieren ließen. Wobei die Stimme in meinem Kopf, die seit Tagen immer lauter wurde mir förmlich entgegenschrie, dass Arden nicht so war. Es bisher nie darauf angelegt hatte, mich für Erben auszunutzen.

Und diese Stimme redete mir auch ein, dass Arden nicht davon eingeschüchtert sein würde. Aber ich musste vorsichtig sein. Zu oft hatte ich mit angesehen, wie Frauen behandelt wurden, die Kräfte besaßen, die ihre Männer nicht hatten. Und es wurde darüber hinweggeschaut, dass jene Frauen unterdrückt wurden. Sie wurden gezwungen ihre Kräfte wegzusperren, sie ganz tief in sich zu begraben, statt sie zu trainieren. Beinah wie ich. Obwohl die Rebellen offener waren, hatte auch in ihnen dieser Argwohn geschlummert. Und auch ich hatte das volle Ausmaß meiner Kräfte verstecken müssen. Niemals das volle Potential entfallten können aus Angst, dass man mich verurteilen oder als Bedrohung sehen würde.

Ich zweifelte nicht daran, dass das was ich von meinen Kräften beherrschte nur die Oberfläche dessen war, was sie sein könnten. Und ich fragte mich, ob Arden dahinter sehen würde. Ob er sich bedroht fühlen würde. Von Kräften, die seinen so ähnlich waren, dass meine Eltern mir geraten hatten, sie zu verstecken.

Auch nachdem wir lange nach Einbruch der Dunkelheit endlich einen Rastplatz gefunden hatten, hatte keiner von uns auch nur ein Wort herausgebracht. Arden hatte Kale zweifellos erzählt, was er gesehen hatte. Aber wir hatten nur still die Pferde am Fluss getränkt und anschließend etwas gegessen. Kale hatte entschieden auf ein Feuer zu verzichten und ich spürte die Kälte bereits in den Stoff meiner Kleidung ziehen.

"Du frierst", stellte Arden fest, als er mir eine Decke reichte.

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, dass er meine Kräfte noch immer nicht angesprochen hatte. War es die Ruhe vor dem Sturm? Oder würden wir den Sturm ganz einfach totschweigen?

Ich murmelte ein leises Danke, bevor ich die Decke entgegennahm und um mich schlang. Die Nacht würde kalt werden. 

"Kale und ich werden abwechselnd Wache halten. Wenn du dich schlafen legen magst, kannst du das jetzt gern tun, Kale wird die erste Wache übenehmen."

Ich suchte mir einen Platz auf dem Boden, nah an dem umgefallenen Baumstamm, um wenigstens vor dem Wind geschützt zu sein, der sanft durch die Baumkronen fuhr. Ich wusste nicht was es war, aber ich war trotz der Kälte und der lauernden Gefahr, die noch immer über uns schwebte, nur Augenblicke später eingeschlafen.

Als ich erwachte brauchte ich einen Moment, mich in der Dunkelheit zu orientieren. Wärme umhüllte mich von der Person, die neben mir lag. Gefährlich nah neben mir.

"Du bist wach." Arden. Natürlich war er es, an den ich mich im Schlaf gekuschelt hatte. Er war die Wärmequelle. Beinah reflexartig wollte ich Abstand zwischen uns bringen, doch er hielt mich fest in seiner Umarmung.

"Was soll das?", fragte ich unwirsch.

"Ein Danke, dass du nicht erfrierst, hätte es auch getan", erwiderte Arden.

"Ich habe dich nicht drum gebeten..." Mich zu wärmen. Mir so nah zu kommen. Doch ich beendete den Satz nicht.

"Du hast so doll mit den Zähnen geklappert, dass du wahrscheinlich jegliche Tiere im Umkreis verjagt hast."

Fated GamesWhere stories live. Discover now