Zehn

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Du wusstest nicht weshalb, doch du hattest einfach instinktiv gehandelt. Von deinen überlaufenden Gefühlen geleitet. Bokuto hingegen, schien nicht so entspannt zu sein. Er konnte sein Herz förmlich stolpern hören. Es raste so unglaublich schnell, in viel zu ungleichmäßigen Takten. Vorsichtig legte auch er seine Arme um dich und bemerkte das erste Mal wie unheimlich gut du eigentlich riechst.

Als würde er seine Nase in eine himmlische Blumenwiese stecken, mit einem Hauch von Vanille, welches das ganze zuckersüß abrundete.

Nachdem du dich allmählich beruhigt hattest, löst du dich aus seinen starken Armen und sahst ihn mit roten, Tränen unterlaufenen Augen an. Dein Anblick, zuckte an Bokuto's Herzsträngen und er wusste nicht wieso du so drauf warst. Vor allem nicht weshalb du dich dann auch noch bedanktest. Er wünschte sich manchmal, den Verstand von Akaashi um die Menschen um sich herum besser lesen zu können. Doch leider hatte er diesen nicht.

Dennoch wollte er dich um jeden Preis aufmuntern. Er zog dich an der Hand mit und lief voraus.

„W-Was hast du vor?", ihm hinterher stolpernd, stelltest du ihm diese Frage. Doch er antwortete dir einfach nicht und verfestigte nur seinen Griff um deine Hand.
Kurz sahst du auf diese und ein leichter Rotschimmer schlich sich auf deine Wangen. Du wundertest dich, dass seine Hand trotz des vielen Volleyballtrainings immer noch so weich und geschmeidig sein konnte.

Einige Minuten später, nachdem er wohl bemerkt hatte, dass du seinem Tempo nicht länger mithalten könntest. Verlangsamte er seine Geschwindigkeit, doch deine Hand ließ er dennoch nicht los.

Ihr kamt an einem Hügel an, von dem aus ihr einen Weitblick über die Dächer Tokios hattet. Kurz ließt du diesen Eindruck wirken und sahst dich ehrfürchtig um.

„Wieso sind wir hier?", kam es etwas leiser von dir. Bokuto hatte sich bereits auf das Gras gesetzt und die Beine ausgestreckt.

„Manchmal, wenn mir alles zu viel wird.. dann komme ich hierher. Hier ist es so ruhig und ich hab das Gefühl, einfach besser mit meinen Gedanken klarzukommen", sprach er nun aus. Du hättest Bokuto nicht als solchen Menschen eingeschätzt. Er kam dir eher sorgenlos und stets munter vor. Doch allein so etwas zu denken, war naiv von dir. Jeder Mensch hatte sein Päckchen zu tragen. So bestimmt auch Bokuto.

„Verstehe..", langsam setzt du dich neben ihn und zogst deine Knie an deine Brust, während du sie mit deinen Armen umschlangst.

Bokuto hatte unglaublich viele Fragen. Doch wie sollte er es denn aussprechen. Akaashi wüsste es bestimmt. Jedes Mal war er zu direkt und sein Freund meinte er sei unsensibel, wenn es um die Gefühle anderer ging. Doch mit Mädchen hatte Bokuto bis jetzt kaum zu tun. Wie sollte er denn jetzt auf einmal sensibler handeln. Noch nie musste er sich Gedanken darüber machen. Oder hat es halt einfach nicht gemacht.
„Wieso hast du eigentlich geweint?"
Deine Augen weiteten sich. Du wandtest den Blick, den du zuvor auf die Stadt gerichtet hattest, in seine goldschimmernden Iriden.

„D-Du musst es natürlich nicht sagen, wenn du nicht willst", versuchte er dich schnell zu besänftigen.

Kopfschüttelnd, hattest du erneut den Blick auf die Stadt gerichtet.

„Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll.. vielleicht war ich einfach nur überwältigt.."
Bokuto verstand es immer noch nicht. Er wollte aber nicht nachhaken. Deine Erklärungen kamen für ihn, wie in Rätseln.
Stattdessen wollte er etwas anderes ansprechen, was ihm zuvor aufgefallen war.

„Magst du deine Heimat nicht?"
Verdutzt sahst du ihn an. Wie kam er denn darauf?

Als hätte er deinen Blick deuten können, fuhr er fort.

„Du bist nicht so gut auf Hyōgo zu sprechen, nicht wahr?"
Erneut erschreckte dich die Direktheit Bokuto's. Dass er damit sogar ins Schwarze traf, überraschte dich noch mehr. Für so gerissen hattest du ihn nicht gehalten. Er wirkte viel mehr, wie die Gutherzigkeit in Person, die nichts Negatives aufnehmen konnte. Wieder viel zu naiv von dir.

Ein trauriges Lächeln bildete sich auf deinen Lippen. Bokuto ließ dein Antlitz keine Sekunde aus den Augen.

„Du hast Recht", gabst du schlussendlich zu.

Deine Körperhaltung änderte sich. Sie warst steif und wenn man genau hinsah, konnte man das Zittern deiner Muskeln erkennen.

„Ich versteh mich nicht besonders gut mit meiner Mutter.. und meinem Stiefvater", es war fast nur ein Flüstern. Doch Bokuto hatte es verstanden. Ihm war deine sich wechselnde Körperhaltung nicht entgangen. Du wirktest beinahe schon ängstlich. Er konnte sich das nicht erklären. Zuhause, war doch der Ort, an dem man sich am wohlsten fühlen sollte. Wenn es dir dort nicht gut ging, wieso bliebst du dann nicht einfach bei deinem Vater. Diesen Gedanken fand er so gut, dass er ihn dir sofort vorschlagen musste. Dann könnte er dich auch nach den Sommerferien noch sehen.

„Dann bleib doch einfach hier, bei deinem Vater!", es klang energisch, doch seine Gesichtszüge wirkten immer noch ernst.

Verbittert lachst du ein wenig. Als würdest du das nicht auch wollen.

„Das ist leider nicht so einfach.."
Weiter wolltest du das Gespräch auch nicht vertiefen. Denn du hattest das Gefühl, ihn sonst verschrecken zu können. Bokuto wirkte vertrauenswürdig und du fingst an, ihn wirklich gernzuhaben. Umso weniger wolltest du, dass er über deine verkorkste, bemitleidenswerte Welt Bescheid wusste.

What's left of me - Bokuto x Reader/OCWhere stories live. Discover now