Vater und Tochter

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„Du solltest nicht so nah am Waldrand stehen!"

Ein paar Monate zuvor wäre Sirius so sehr erschrocken, dass er dem Unbekannten hinter sich erst drei verschiedene Flüche auf den Hals gejagt hätte, bevor er seinen eigenen Bruder erkannt hätte. Doch mittlerweile spürte er Eridanus Anwesenheit schon bevor dieser etwas sagte oder irgendwie anders auf sich aufmerksam machte.

„Lass mir doch ein bisschen Spaß", bat er gleichmütig, während sein Blick auf den geschlossenen Schultoren verharrte. „Es sind Weihnachtsferien, niemand wird mich entdecken!"

Der ältere Black-Bruder schnaubte ungläubig und setzte sich neben Sirius in den Schnee. „Hast du einigermaßen ein Gespür dafür, welcher Tag ist?" Als sein Bruder nicht antwortete, seufzte er. „Natürlich nicht. Es ist Sonntag. Ferienende. In weniger als einer halben Stunde ist hier alles voller Schüler. Also würde ich dir wirklich ans Herz legen, dich ein bisschen besser zu verstecken. Verwandele dich mindestens!"

„Schon gut ...", brummte Sirius verdrossen und nahm wieder die altvertraute Form seines Animagus an. In den vergangenen Monaten hatte er mehr Zeit in Tierform als in Menschenform verbracht und es frustrierte ihn, dass er noch immer keinen Weg gefunden hatte, an Wurmschwanz heranzukommen. Er konnte und wollte nicht länger warten!

„Du musst Geduld haben", flüsterte Eridanus und der dunkle Hund schnaubte wütend. Geduld. Er hatte seit Jahren Geduld gehabt. Hatte das Warten denn nie ein Ende? „Du hast nur diese eine Chance!", erinnerte ihn sein Brüder mit gesenktem Kopf. „Wenn du jetzt entdeckt wirst, dann bist du schneller tot, als dass ich soetwas wie eine öffentlichen Einspruch einbringen könnte ..." Er schauderte. „Schlimmer als tot!"

Als die ersten Kutschen die zurückkehrenden Hogwartsschüler in Richtung Portal fuhren, gesellte sich etwas großes und rostbraunes zu den beiden dunklen Gestalten am Waldrand. Ein Kater mit eingedelltem Gesicht und stets eher missmutigem Blick. Der Hund erhob sich und kam den Tier entgegen, stupste es mit der Nase an und hoffte, dass der Kater Neuigkeiten hatte. Sirius hatte das Tier mehrere Wochen zuvor auf dem Gelände kennengelernt und seitdem verband sie eine ungewöhnliche Freundschaft, auch wenn es sich eindeutig 'nur' um einen Kater handelte. Das Tier wusste von Wurmschwanz und vielleicht ... vielleicht konnte Sirius mit seiner Hilfe den Betrüger enttarnen und endlich Gerechtigkeit bringen.

„Ist das Adriana?", flüsterte Eridanus plötzlich und augenblicklich schoss der Kopf des schwarzen Hundes in die Höhe. Adriana? Mit einem leisen 'plop' verwandelte sich Eridanus neben ihm. Eine kleine Gestalt rannte in den Schnee hinaus. Sirius legte verwirrt den Kopf schief. War es nicht etwas zu spät für einen Spaziergang?

Adriana rannte Richtung See ... und sie sah traurig aus. Kurzentschlossen setzte sich der Hund in Bewegung und folgte ihr in sicherer Entfernung. Was auch immer hier los war, er würde auf seine Tochter achten! Wenn Fledermäuse fluchen könnten, Eridanus hätte es wohl getan.

Am Waldrand nahe des Sees blieb Adriana stehen und lehnte sich an einen der Bäume. Im schwachen Abendlicht konnte man die Tränen auf ihren Wangen glitzern sehen. Etwas war ganz eindeutig nicht in Ordnung. Er winselte, wagte es jedoch nicht, näher zu kommen und hielt sich auch weiterhin im Schatten der Bäume. Nur ein paar Meter. So lange war er ihr nicht mehr so nah gewesen.


Die dunkle Gestalt - seine Tochter - eilte über das kühle und zunehmend im Schatten versinkende Schulgelände ohne sich auch nur einmal umzusehen. Er runzelte die Stirn und schlich näher, folgte ihr mit sicherem Abstand und immer darauf bemüht, die eigene Gestalt hinter den dunklen Bäumen des verbotenen Waldes zu verbergen. Wenn er seinen Instinkten trauen konnte - und das konnte er für gewöhnlich - dann war hier irgendwas ganz und gar nicht in Ordnung und es war an ihm herauszufinden was.

Schwarz wie die Nacht: Vater (Harry Potter Fanfiction)Where stories live. Discover now