1 Der Fehler

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Im Dorf herrschte heitere Aufregung als ich aus der kleinen Hütte trat.
Sie war umringt von vielen Geschwistern die genauso aussahen wie sie.
Dieselben süssen Fensterläden des einstöckigen Häuschens und dieselben farbigen Blumen auf den Beeten auf der holzigen Veranda.
Unser Haus hatte einen kleinen Traumfänger vor der Tür hängen, meine Tante glaubte immer noch daran dass er Böses fern hielt.
Nicht dass es Grund dazu gab, das Dorf war so ziemlich das Langweiligste in ganz Màthair.
Ich war zwar noch nie wirklich wo anders gewesen, aber hier passierte nie was, also musste es dem wohl sein.
Die Einwohner waren in ein friedliches Leben verfangen welches sich immer und immer wieder wiederholte.
Ich seufzte, die Backsteine des Hauses waren mit Efeu überwachsen, es verlieh dem
Ganzen einen Bezug zur Natur.
Ich war ein grosser Fan von Wäldern, ich verbrachte die halbe Zeit meines Lebens im kleinen Wäldchen gleich neben dem Dorf, wo die Kinder im Fluss plantschten und doch nicht ertranken, weil er so friedlich floss wie meine Tante sang.
Ich hörte zwar noch von den tapferen Reitern und den früheren Schlimmen Zeiten des Krieges, aber meistens nur noch von den alten Weibern die immer vor dem Dorfbrunnen sassen und ihre Geistergeschichten zum Besten gaben.
Als kleines Mädchen hatte ich sie geliebt. Aber mit siebzehn stolzen Jahren wurde ich langsam zu alt dafür.
Meine Tante, eine aufgeweckte Frau die immer ein Tuch über den kurzen braunen Haaren trug und die immer ihr strahlendstes Lächeln zum
Besten gab, hatte mir eigentlich verboten heute raus zu gehen.
Ich hatte mich erst gestern Nacht noch mit ihr deswegen gezofft.
Hier passierte nie etwas. Ich lebte im
Kleinsten Dorf wo sogar mehr Tiere einheimisch waren als Menschen.
Selbst unser Handel funktionierte so langsam dass man uns auf den Landkarten gleich streichen konnte.
Es war eine kleine Welt die abgeschnitten vom Rest lebte und das hasste ich.
Und heute kamen sie.
Das erste Mal in meinem Leben dass ich hätte zusehen können.
Jedes Kind kannte bei uns die Sagen und Geschichten über die Männer der Drachengilde.
Alle Zehn Jahre bereisten sie jedes Dorf, jede Stadt in ganz Màthair, um einen Test mit Menschen durch zu führen.
Zu Anfangs hatte ich zwar stark daran gezweifelt dass sie ein Kaff wie uns besuchten, doch heute Morgen hatten die Glocken geklingelt und sogleich waren alle Jugendlichen unter Zwanzig aus dem Haus gestürmt.
Angeblich machten die Gildenmitglieder einen Test mir jedem von ihnen.
Man munkelte dass diejenigen die Bestanden mit ihnen ziehen durften, und ein Leben in einem Schloss lebten, das voller Drachen war.
Doch das war Unsinn, die waren seit über fünfzehn Jahren nicht mehr aufgetaucht
Trotzdem musste es wohl einen Gewissen Reiz haben, war auch das Einzige Spannende was man sich geben konnte.
Deshalb hatte auch ich mich raus geschlichen, etwas verspätet aber immerhin.
Ich war nur neugierig, wollte sehen wie diese Männer aussahen die solchen Trubel in das Lahme Leben hier brachten.
Die Strassen waren ausgestorben und der holprige Weg der mit runden und unförmigen Steinen gepflastert war, liess nur meine Fusstritte widerhallen.
Alle Welt hatte sich also auf dem Marktplatz versammelt, wo die Stimmen und das Gemurmel und Getuschel das zwitschern der Vögel überstimmten, welches ich so gerne hörte.
Vögel waren zwar toll, aber ich war nicht so der Höhenmensch.
Was mich faszinierte war die Erde, die Natur und die Tiere darin. Das Flackern des Feuers war auch schön anzusehen, doch es war viel zu aggressiv.
Ich bevorzugte Wölfe, intelligente Tiere.
Die Vögel knallten viel zu oft an meine Fenster und starben durch ihr eigenes Verschulden.
Ich hatte meinen filzenen Kapuzenmantel auf, die Kapuze war eigentlich viel zu gross für mich, doch da sie meinem Vater gehört hatte ging ich nie ohne sie aus dem Haus.
Einige machten sich darüber lustig dass ich Rotkäppchen imitieren wollte, doch die welche wussten was es bedeutete brachten sie immer wieder zum Schweigen.
Ich blieb neben einer Hausmauer stehen, sie roch etwas vergammelt, aber in erster Linie nach Steinen.
Über die Köpfe der bunten Gesellschaft die sich als freudige Zuschauer entpuppte, konnte ich die Jugendlichen sehen, die in Schlangen an dem einen kleinen Tisch anstanden, der ihrer aller Ziel war.
Die älteren und die kleinen Babys hatten sich an den Seiten versammelt, und jedes Mal wenn eines der Kinder vom Tisch zurück trottete und etwas enttäuscht wirkte, wurde zögernd geklatscht und es wurde getröstet und die Schultern wurden missmutig gezuckt.
Und bei jedem nächsten ging ein Raunen durch die Menge, wieder voller Hoffnung.
Seit Jahrzehnten hatte keines der Kinder mehr mit den Männern der Gilde mitgehen können, kein Wunder bei der kleinen Einwohnerzahl.
Aber das hielt einem ja nicht davon ab sein Glück zu versuchen.
Ich lehnte mich an die Wand und lugte hervor, ich wollte nicht in die Menge, ich war eher ein Einzelläufer.
Und was ich nicht ausstehen konnte waren fremde Körper überall um mich herum, lautes Geschwätz oder übermütiges rum gefuchtelt.
Ich konnte schon aufgeweckt sein, aber dieses Kaff war ja zum einschlafen.
Ich beobachtete den kleinen Tisch, er war aus einfachen Holz und nicht einmal gross oder kunstvoll verziert wie ich es mir gedacht hatte.
Dahinter sassen drei Männer.
Einer davon schrieb auf ein Pergament und der Andere führte einen Test durch, den ich von hier aber nicht sehen konnte.
Nur dass die Kinder jedes Mal zusammen zuckten.
Ich spielte mit dem Saum meines braunen Kleides, schlicht und ohne grosse Säume.
Jede andere Farbe hätte dem Wald ohnehin nicht getrotzt.
Und braun fand ich ganz in Ordnung.
Die Männer trugen alle Rüstungen.
Sie waren silbern und doch irgendwie dunkel sodass es nicht glänzte oder all zu auffällig war.
Es war eher ein verborgenes Funkeln welches von Geheimnissen erzählte, die damit schon ergründet worden waren.
Ihre langen Mäntel sahen aus wie meiner, nur neuer.
Komischer Zufall, denn egal welchen Laden ich im Dorf gefragt hatte, keiner wusste woher der Mantel kam.
Und jeder hatte die Frage verneint ob er den gemacht habe.
Der Mann der die Jugendlichen an den Armen packte war ziemlich schweigsam und redete ab und zu mit dem Schreiber neben ihm.
Doch der Mann ganz links sass nur da und beobachtete die Kinder.
Mit Augen die so blau waren wie ein Gletschersee, und auch so rein wirkten.
Genauso wie ich mir vorstellte sahen sie aus, bestimmt, wenn ich näher gegangen wäre.
Aber das tat ich natürlich nicht, zu viele Menschen.
Dann drehte der alte Mann mit den weissen Haaren die einer Friedenstaube Konkurrenz machen könnten, den Kopf.
Ganz langsam als sei er schon so alt wie die Bäume des Waldes, deren Äste sich gleich schnell im Winde bewegten.
Er drehte den Kopf zu der Menge.
Sein Blick drang einfach hindurch als müsste er nicht einmal suchen.
Als würde er gefunden haben.
Sein Blick wanderte weiter.
Und stoppte bei mir.
Unsere Blicke trafen sich und ich konnte am ganzen Körper Gänsehaut spüren, so einen starken, waisen Ausdruck machten seine Augen.
Ich war nicht Jemand der viel von Respekt hielt.
Ränge und Anstand waren nicht das wichtigste für mich.
Aber dieser Mann strahlte etwas aus was mich in Ehrfurcht verfallen liess, obwohl es nicht mehr als ein Blick war.
Dann sah ich Überraschung in seinen Augen, und das war der Moment indem ich mich aufraffte.
Schnell drehte ich mich weg, so dass er mich nicht mehr sehen konnte und drückte mich an die Mauer.
Was hatte er getan? Wieso hatte er mich angesehen, ich war doch versteckt gewesen.
Wieso also hatte er genau mich angesehen?
Das war nicht gut, Aufmerksamkeit war nicht so mein Spezialgebiet.
Zu viel davon tat mir nicht gut.
Langsam lugte ich wieder hervor, nur um sicher zu gehen dass er nicht mehr zu mir sah.
Er zeigte mit einem langen, dürren Finger in meine Richtung und sprach mit einem jüngeren Mann, der wie ein Soldat hinter ihm stand und sofort los eilte.
Der Umhang den er trug war an seiner Rüstung angemacht und wehte als ein einziges, blaues Stoffstück hinter ihm her.
Er drängte sich durch die Menge die tuschelnd und fluchend zur Seite wich.
Er war gross gewachsen und hatte zauses braunes Haar und wasserblaue Augen wie das Meer es wohl haben musste.
Sein Gesicht war wohl proportioniert und nicht zu Kantig, er hatte etwas sympathisches an sich.
Doch mit seinem energischen Gang und seinem ernsten Blick wirkte er doch nicht mehr ganz so nett.
Als er nicht stoppte und auf die Mauer zulief hinter der ich mich versteckte, wurde mir langsam bange dass er auf dem Weg zu mir war.
Also schnell weg, bevor ich noch für irgendwas bestraft wurde wovon ich nicht mal wusste.
Ich zog die Kapuze tiefer ins Gesicht und begann mit eiligen Schritten zurück zu laufen, die Strasse entlang.
Meine Tante Selene hatte mir gepredigt wie schlecht sie für mich sein würden, und das man sich bei ihnen nur Probleme einhandelte. Und überhaupt nur schlechtes.
Vielleicht hatte sie doch mehr Wahrheit gesagt als ich ihr geglaubt hatte.
Ich lief mit hastigen Schritten, vielleicht verdächtig gehetzt aber die Tatsache dass ich verdeckt war verlieh mir irgendwie nicht vorhandene Sicherheit.
Doch ich war nicht schnell genug denn plötzlich waren die harten Schritte ganz Leise hinter mir und eine Stimme die irgendwie etwas freundliches und dennoch ernstes hatte, sodass man sie nicht unterschätzte, sprach mich an;
"Bleib stehen."
Ich lief weiter.
Erste Reaktion natürlich.
"Sofort."
Ich biss mir auf die Lippen.
Ich wollte nicht auf den Marktplatz, es würde nur Getuschel geben wenn ich schon wieder was angestellt hatte.
Und dieses Mal hatte ich keine Schweine über den Garten gejagt oder einen Fuchs in den Hühnerstall gelassen.
Dieses Mal hatte ich nichts falsch gemacht.
"Ich habe nichts getan."
Sagte ich und lief weiter, gut so, selbst ist die Frau.
Die Schritte wurden schneller und näherten sich, ich unterdrückte das Verlangen los zu laufen, dann sähe es aus als würde ich doch etwas angestellt haben.
Dann schlossen sich zwei feste Hände um meine Arme und rissen mich herum.
Ziemlich unsanft muss ich dazu noch sagen.
"Hey! Lass mich los oder ich schreie!"
Auch ein Tipp von Tante Selene, aber ich glaube den hatte sie sich nicht für Situationen wie diese Gedacht.
Belustigt funkelnde Augen die aussahen als wäre ein Stück des blauen Himmels darin gefangen, über den man Wasser leerte.
"Mach es doch."
Lautete seine amüsierte Antwort und ich runzelte die Stirn.
Damit hatte ich nicht gerechnet.
Notiz eins, niemals auf Selenes Ratschläge hören.
Das tat nicht gut.
"Lass mich los du tust mir weh!"
"Tut mir leid Prinzesschen aber du sollst mitkommen. Du kannst mich immer noch freiwillig begleiten."
Er wies zurück auf die Menschen die neugierig in unsere Richtung lugten.
Ich versteckte mich vor ihm.
"Nicht grade eine freundliche Einladung."
Murmelt ich.
Er liess mich immer noch nicht los.
"Na gut ich komme mit."
Ich sah ihn aus ehrlichen Augen an und er hob eine Braue.
Noch immer liess er mich nicht los.
"Nein, so schnell würdest du nicht aufgeben. Du würdest weg rennen und ich bin für heute weit genug gelaufen."
Ich öffnete sprachlos den Mund, woher wusste er meinen Plan?
Hatte ich ihn zufällig laut gesagt? Passierte mir nämlich öfters.
Aber nein, dieses Mal nicht.
"Also dann."
Er drehte sich um und liess einen Arm los, und schleifte mich einfach total ungerührt hinter sich her.
Ich sträubte mich ihm zu folgen, selbst dann noch als ich das verhasste Tuscheln hören konnte.
"Willkommen im Club liebe Leute! Ich frage mich dieses Mal ehrlich auch was ich getan habe!"
Das rief ich natürlich nicht.
Aber ich dachte es mir.
Ich knurrte den Jungen hinter mir an als er mich losliess und vor den Tisch aus Holz schob, wo die drei Männer aufgesehen hatten.
Er blieb ungerührt stehen und ich wäre unter den Massen an Blicken am liebsten untergegangen.
Im Boden. Egal wie, ich hätte sogar mit einem Löffel gegraben.
Ohne ein Wort zu sagen wies der alte Mann mit den Gletscher Augen auf den Mann neben ihn.
Mein Blick wanderte beinahe unwillig auf den Tisch, während die Kinder sich wieder hinter mir einreihten.
Ich blinzelte einmal und starrte die Einrichtung an.
Alles was ich über mein Lippen bekam, und es war definitiv nicht respektvoll, war:
"Ist das euer Ernst?

Hehe was denkt ihr könnte sie sehen xD
Da in meinen andern Büchern meine lieben Sternchen hervorragende Detektiven sind, glaube ich dass es hier nicht anders sein wird^^
Also schiesst los
Tala

Stolen Secrets: Erbin der Drachen *beendet*Where stories live. Discover now