2 Schwarz

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Der Mann lachte leise und fast unhörbar, die beiden anderen Männer neben ihm aber sahen mich beinahe strafend an.
Ich presste die Lippen zusammen und starrte die Einrichtung an.
Es kam mir so unwirklich vor.
Der Tisch war leer bis auf das beschriebene Pergament, und eine Art Kette.
Sie war aus Leder und der Anhänger lag als Einziges auf dem Tisch.
Gross und Silbern, geformt wie ein fünfeckiger Stern.
In jeden Zacken war ein Stein eingelassen, und ich zweifelte keine Sekunde daran dass sie nicht echt waren.
"Halt mir deinen Finger hin."
Kommentierte dann der Mann, während er sich gerade hin setzte. Seine Sympathie für mich war seit meinem Kommentar wohl gewaltig gesunken.
Tja selbst schuld wenn man mich gegen meinen Willen wo hin schleppte.
"Nein."
Hörte sich vielleicht etwas zickig an, aber ich wollte aus freiem Willen tun was ich für richtig hielt und die Art wie er mir Befehle erteilte ohne mich zu kennen passte mir gar nicht.
Stattdessen beobachtete ich die fünf Steine.
Ein gelber Stein, leuchtend wie die Sonne und die Kornfelder wenn sie im Winde wehten.
Ein blauer Stein, so tief dass ich das Gefühl hatte der Ozean und seine riesigen Wellen seien darin gefangen.
Ein roter Stein, so rot dass es aussah als würde er nur aus Blutstropfen bestehen.
Ein Violetter Stein, wunderschön als würde er die Sternenstrassen des Himmels eingefangen haben.
Und ein weisser Stein.
So hell und rein dass ich mich beinahe fürchtete ihn schmutzig zu machen und ihm so die saubere Ausstrahlung zu rauben.
In der Mitte des Sternes prangte noch eine Art Deckel, der an allen Seiten fest gemacht war, als würde er irgendwas verdecken.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren packte der Mann mein Handgelenk und obwohl mein erster Impuls war mich zu wehren, war er doch schneller.
Eine spitze Klinge eines Dolches ritzte meine Fingerkuppe leicht an und ich zischte erbost auf.
Wie konnte er es wagen sowas gegen meinen Willen zu tun!
"Lassen Sie mich los!"
Fauchte ich und der alte Mann neben dem genervten musste nur in sich hinein grinsen.
Wirklich grosse Hilfe.
"Schweig!"
Lautete seine Antwort und das machte mich erst recht fuchsteufelswild.
Ich war alleine zwar eher zurück gezogen, aber wenn man eine grosse Menschenmasse mit Zwang verband dann konnte man mich mal erleben.
"Nein!"
Ich funkelte den mittelalten Mann an und war drum und dran das Messer gegen ihn ein zu setzen.
Ich war gar nicht mal so schlecht darin, ich hatte oft mit Küchenmessern geübt.
Vor allem dann als Grete, einer der Marktfrauen eine Geschichte von Räubern in den Wäldern erzählt hatte.
Natürlich war das nie wahr geworden.
Ungerührt und mit genervt verzogenen Lippen zog mich der Mann an meinem Finger über den Stern.
Ein Blutstropfen löste sich von meinem Finger und das leichte Stechen machte sich bemerkbar, weil er ihn beinahe abquetschte.
Er fiel auf den gelben Stein, und naja was sollte schon gross passieren er lag eben drauf und rann daran hinab.
Ekelhaft so schöne Steine zu verschmutzen.
Dann zog er meinen Finger zum nächsten Stein, auch dort traf nur das ein, dass das rot das Blau verunstaltete und beim Roten Stein merkte ich nicht einmal den Unterschied.
Beim Violetten wurde mein Finger taub vor lauter drücken und ich ballte die Freie Hand zur Faust.
Ich überlegte ernsthaft sie in das Gesicht des Mannes zu schlagen, aber das hatte der Junge Mann hinter mir wohl auch mitbekommen; denn er hielt langsam meinen Arm fest.
Nicht hart oder befehlerisch, es war nur eine helfende Geste dass ich das lassen sollte.
Tat ich auch, keine Ahnung wieso.
Dann fiel der letzte Blutstropfen auf den weissen Stein.
Ich schloss fast die Augen weil ich nicht sehen wollte wie er verunstaltet wurde, doch sah trotzdem drauf.
Das Gemurmel der Menge war jedes Mal lauter geworden und schwoll dann wieder ab, ich hasste die brennenden Blicke auf mir.
Nicht einmal mein Mantel konnte mich davor bewahren.
Der Tropfen landete auf dem Stein.
Und nichts passierte.
Was war das für ein Quatsch den sie abzogen.
"Zufrieden? Kann ich jetzt gehen?"
Meine Stimme hörte sich halb genervt und halb triumphierend an.
Wenigstens hatte ich ihren kleinen Trick nicht erleben müssen.
Der Mann liess mich los und sah genauso erfreut aus wie ich.
"Untauglich. Der Nächste!"
Ich musste mir ein Lächeln verkneifen, da waren wir uns einig.
Ich war definitiv untauglich dafür, mir Finger von Fremden aufschlitzen zu lassen.
Der Junge hinter mir liess mich los und ich bemerkte den nachdenklichen Blick des alten Mannes.
Seine Gletschersee Augen durchbohrten mich und bei ihm fühlte ich mich einfach hilflos, während ich sonst immer das Gefühl hatte sowieso verbal überlegen zu sein.
Ich wollte mich umdrehen um zu gehen, doch der Mann schüttelte langsam den Kopf.
"Finn halt sie fest."
Ich verdrehte die Augen.
"Ernsthaft?"
Fragte ich erneut, es wurde langsam lächerlich, ich wollte das nicht und selbst mein Blut hatte das auf verkorkste Art und Weise bewiesen.
Doch der Junge hielt mich wieder erneut fest und ich machte mich abrupt los.
Genug fremde Berührungen für heute.
"Ist ja gut ich bleib ja stehen.."
Fauchte ich ihn an, mein Schlag prallte an seiner Rüstung ab.
Ziemlich schmerzhaft.
Für mich.
Der alte Mann lehnte sich zu mir vor, während der nächste Junge neben mir erfolglos den Test absolvierte.
"wie heisst du Kind?"
Fragte er und seine Stimme klang so warm.
So verständnisvoll.
Ich fühlte mich sofort sicher und geborgen bei ihm, doch unterdrückte das.
das war verbale Beeinflussung, nichts worauf ich sonst herein fiel.
"Quinn."
Antwortet ich dann knapp, ich zeigte ihm genau wie wenig Eindruck er auf mich hatte.
Er lächelte leicht.
"Und zum Nachnamen?"
Ich schwieg.
Mein Vater hatte so geheissen wie ich, meine Mutter nicht. Und trotzdem verblassten meine Erinnerungen an sie mit jedem Tag mehr, alles was mir noch wirklich geblieben war war sein Name.
"Also ich heisse Kiesel. Gendryl Kiesel."
Er zwinkerte mir zu und ich starrte ihn einfach nur an.
"Hale."
Murmelte ich dann und fasste mir ein Herz.
Es war für alle Anderen ausser mich nur ein Name.
Also sollte ich mich nicht so zieren.
Ihn mit Stolz tragen, mit den Erinnerungen an meinen Dad.
"Quinn Hale."
Ich hob den Kopf etwas höher und zeigte damit dass ich kein Lachen oder Tuscheln duldete.
Die Augen des alten Mannes vor mir leuchteten auf.
Kurz sah er mich eingehend an, als müsste er sich jeden seiner Gesichtszüge merken.
Etwas unheimlich schon.
"Schöner Name Quinn. Magst du noch einmal kurz mitmachen?"
Er fragte mich. Es war meine Entscheidung und irgendwie brachte das meinen Stolz zum
Glühen dass einer wie Er eine wie mich so behandelte. Ziemlich kindisch ich weiss.
Also nickte ich.
Machte ich ihm eben die Freude, es würde nochmals das Gleiche passieren.
Er nahm mit etwas zitternden Fingern den Stern unter der Hand des Pergaments Schreibers weg, der gerade daran war ihn zu putzen.
"Gendryl was machst du.."
Der Mann in der Mitte war sichtlich entnervt, Geduld war wohl auch nicht so seine Stärke.
"Nur die Ruhe Caspar."
Langsam und mit unsicheren Bewegungen begann er die Riemen, die den Deckel in der Mitte des Sternes fest hielt zu lösen.
Es sah sehr anstrengend aus.
"Soll ich Euch helfen?"
Fragte ich sofort, und er linste kurz zu mir hoch, ein verschmitztes Grinsen unter dem weissen Bart.
"Nein danke junges Fräulein. So alt bin ich doch noch nich."
Ich räusperte mich verlegen, super, Fettnäpfchen.
"Verzeihung, ich wollte nicht...also ich meinte damit nicht dass sie alt sind nur dass.."
Finn wie der Junge hinter mir hiess, musste sich ein sichtliches Lachen verkneifen.
Grosse Hilfe.
Gendryl winkte nur ab.
Dann zog er mit behutsamen Bewegungen den Deckel aus Leder weg, und machte den Blick frei auf eine Kuhle.
Ich betrachtete kurz meinen ramponierten etwas rötlich aussehenden Finger und seufzte.
Dann lugte ich hinein und blinzelte.
Ein schwarzer Stein, kleiner als die Anderen und nicht schön rund geschliffen sondern eckig und unförmig lag darin.
Er leuchtete wie Obsidian und die Sonne verwandelte sich in seiner Nähe zu kaltem Licht, was von der Dunkelheit verschluckt wurden.
Er schien mir wie die Nacht. Nur ohne die Sterne, die alles erhellten.
"Würdest du?"
Der Greis vor mir deutete darauf und ich hielt meinen Finger darüber.
Es dauerte eine Weile bis ein dunkelroter Blutstropfen auf den Stein fiel, und ich wollte grade die Hand zurück ziehen um mich freundlich zu verabschieden, als etwas komisches passierte.
Der Stein begann zu qualmen.
Mein Blut war jetzt nicht so heiss dass es gleich zu Rauchen begann, doch eine dünne Rauchfahne stieg davon hoch.
In ihren eleganten Kurven wie sie sich mit dem Wind vermischte, lagen kleine Partikel von glitzerndem Staub darin.
Etwa so wie der Violette Stein, nur in kleine Fetzen gerissen und für meine Hände nicht greifbar, als ich eine ausstreckte.
Caspar der Unfreundliche starrte entgeistert darauf und die Menge rastete von einer Sekunde des Schweigens komplett aus.
Hüte wurden in die Luft geworden und man Hüpfte umher während sich sofort die Nachricht bis zu den Hintersten verbreiteten, dass ihr Dorf einen Auserwählten beinhaltet hatte.
Ich starrte nur verwirrt auf den Stein.
Sowas war doch gar nicht möglich.
Ich schauderte und der alte Greis lehnte sich langsam und äusserst zufrieden zurück.
Finn hinter mir atmete erstaunt ein, aber schien nicht geschockt zu sein.
Ich dagegen wars schon, und die Blicke die jetzt auf meiner Haut brannten, liessen mich fast durchdrehen.
"Das ist doch alles Unsinn."
Murmelte ich.
Eher um mich zu überzeugen, denn sowas war unheimlich und ich wollte nichts damit zu tun haben.
Sie konnten Jemand anderen an meiner Stelle nehmen.
Dann quetschte ich mich zwischen der Menge durch, die mir alle irgendwie Gratulierten, mir auf die Schulter klopften oder ihre Gesichter in meinen Weg steckten um mit mir zu reden.
Ich wollte das aber nicht.
Das war ein alberner Stein gewesen und ein paar geheimnisvoll aussehende Männer, auf sowas fiel ich nicht herein.
Finn folgte mir nicht, und so bahnte ich mir einen Weg durch den Marktplatz, vorbei an den Menschenmassen.
Erst als ich wieder die Gasse durch die ich gekommen war erreichte, hatte ich das Gefühl wieder atmen zu können.
Dann rannte ich weiter mit dröhnenden Schritten Richtung unseres Hauses.
Tante Selene würde die Einzige sein die kein Drama darum herum abzog.
Mein Kopf hämmerte und ich drückte den Finger an meine Brust.
Ich wollte hier nicht weg, und erst Recht nicht in sowas unbekanntes.
Klar klagte ich immer wie langweilig es hier sei, und wo auch immer sie hinreisen würden, wäre mehr los.
Ganz bestimmt.
Aber das Verlangen nach Abenteuer war plötzlich ganz gering geworden und ich wollte nur noch in dem Schoss meiner Tante Schutz suchen und für immer in dem unwichtigen Kaff bleiben.
Ich stürmte die Veranda hoch und öffnete die Tür so schnell dass sie an an die Wand knallte und meine Tante, die gerade einen Topf mit Kartoffeln getragen hatte, ihn einfach fallen liess und erschrak.
Als sie mich sah wurde sie sofort besorgt.
"Quinn was ist den los?"
Fragte sie und stieg über die herum rollenden braunen Dinger hinweg, die sich irgendwo im kleinen Wohnzimmer unter dem Sofa verteilten.
Ich schluckte und umarmte sie einfach.
Ihr wärmende Nähe und der Geruch nach Minze war das Einzige was mich an meine Mutter erinnerte, sie hatte auch so gerochen und ich hatte mich dann immer total sicher gefühlt.
Damals war ich aber auch erst knappe drei Jahre alt gewesen.
"Es tut mir leid dass ich nicht auf dich gehört habe Selene.."
Schniefte ich und mir war ja schon bekannt dass ich mit solchen Situationen schlecht umgehen konnte.
"Was hast du denn gemacht Quinn?"
Sie fuhr mir tröstend übers Haar und führte mich in die Küche, wo sie sich auf einen Stuhl mir gegenüber setzte und ich mich ebenfalls auf einen Sinken liess.
Sonst regte mich das Knarren immer auf, aber jetzt war ich nur froh hier zu sitzen, wo mir alles bekannt war.
"Ich..war auf dem Marktplatz..aber ich schwöre ich wollte wieder gehen! Doch sie haben mich einfach dran genommen und dann hat so ein Stein geraucht und alle fanden es toll..aber ich wollte das gar nicht!"
Stotterte ich und gestikulierte wild mit den Händen.
Sie musste wohl so gut wie nichts verstanden haben, so zusammenhanglos hatte ich geredet.
Doch ihr Gesicht zeigte komischerweise Verständnis und Sorge. Dann nickte sie langsam und ich konnte Traurigkeit in ihrer Stimme hören, die mich noch unruhiger machte.
"Sie haben es also herausgefunden."

I hope you like it, ein so langes Kapitel ist eigentlich bei mir immer zu sehen, aber es dauert halt auch seine Zeit bis es geschrieben ist und nebenbei habe ich noch Schule und Prüfungen, kennt ihr ja ;)
Ich versuche trotzdem so oft wie möglich zu posten und hoffe darauf dass ihr voll dabei seid
Love you
Tala

Stolen Secrets: Erbin der Drachen *beendet*Where stories live. Discover now