Kapitel 40

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,,Binz hat uns den Plan geschickt, wann wer in den Zeugenstand gerufen wird. Wir werden aber wahrscheinlich die ganze Zeit auf Moritz verzichten müssen, da er neben Charlie einer der Hauptzeugen ist. Und Kim, auch Moritz' Mutter wird bei dem Prozess anwesend sein, geh ihr bitte nicht an den Kragen." Auch wenn Kim es ihrer Chefin nicht versprechen konnte, nickte sie einfach nur. Sie hatte der Frau immer noch nicht verziehen, dass sie Moritz einfach hätte sterben lassen, ohne auch nur nach Optionen oder Möglichkeiten zu schauen. ,,Wann sind wir dran?", erkundigte sich Jan und schon sah Ina auf dem Tablet nach. Nach wenigen Sekunden hatte sie die Antwort: ,,Jan, wir beide sind am Donnerstag dran, Kim, du bist bereits vorher dran. Wie auch Moritz und Charlie wollen die dich am Mittwoch bereits da haben. Falls kein Fall reinkommt, dann kannst du den ganzen Tag bei dem Prozess bleiben, doch falls was reinkommt, komm bitte nach deiner Aussage wieder her." ,,Mach ich. Versprochen", versicherte sie ihr und sah sich weiter die Akten zu dem Fall ihres Kollegen an. Doch bevor sie sonderlich weit kam, betrat Dagmar das Büro, eindeutig angepisst. Bevor jemand fragen konnte, ging sie zu Moritz' Tisch rüber und durchsuchte ihn. ,,Dagmar, was machst du da?", sprach Ina als Erste die Verwirrung aus. Während sie an einer Schublade rüttelte, antwortete die Leiterin der Sitte ihr: ,,Der Schnösel hatte mir einen USB-Stick gegeben, den ich ihm zurückgegeben habe und nun bräuchte ich ihn wieder." ,,Ich kann Moritz anrufen", bot Kim an und holte bereits das Handy hervor.

Eher unangenehm nah stand Dagmar neben Kim, als sie ihren Freund anrief. ,,Hey, Süße", nahm er den Anruf an und schon errötete die junge Kommissarin. ,,Hey, uhm. Dagmar steht neben mir." ,,Oh." Sie konnte sich fast schon vorstellen, wie er gerade bereute, zu existieren, während die Frau neben ihr noch verwirrter als sie vorher wirkte. ,,Seit wann seit ihr zwei ein, wie auch immer ihr es mittlerweile nennt?", brachte Dagmar heraus, dann wurde sie wieder so professionell, wie sie Moritz gegenüber immer war: ,,He, Schmalzlocke. Wo ist der USB-Stick, den du mir gegeben hast?" ,,Müsste in der rechten Schublade sein. Passen Sie auf, dass Sie nicht reinfallen, kleine Dinge gehen dort häufiger verloren", konterte ihr Freund nur und schon musste Kim ein Lachen unterdrücken, damit sie nicht den Zorn der Kommissarin auf sie zog. Es war immer noch lustig zu beobachten, wie die beiden sich respektvoll beleidigten. Wie das funktionierte, keine Ahnung, doch seit dem Fall mit dem entführten Kind eines Psychologen versuchten sie sich nicht mehr zu köpfen. ,,Ich hab da schon geschaut. Wo hast du das Ding hin gepackt?" ,,Er ist in der kleinen Stofftüte", erklärte er, mit einem leicht genervten Unterton: ,,Leni ist gerade hier und führt das Interview durch. Falls ihr ihn nicht findet, ruft einfach nochmal an." Somit machte sich Dagmar wieder daran, Moritz' Schreibtisch zu durchsuchen. Kim schaltete den Lautsprecher wieder aus, ging aus dem Büro und fragte leicht besorgt: ,,Wie läuft das Interview bis jetzt?" ,,Ganz ok. Viele Fragen, leider nicht genügend Antworten", entgegnete er und sie konnte hören, dass sie nichts aus ihm herauskriegen würde. Zumindest über das Telefon nicht. ,,Hey, du packst das, ok? Du hast deinen Bruder in den Knast gebracht, hast eine Entführung durchgemacht und hast ohne Vorwarnung einen Teenie abbekommen, welchen du nun durch das Abi bringen musst. Ein Interview wird dich schon nicht klein kriegen."

Als Kim wieder ins Büro trat, hatte Dagmar tatsächlich den Stick gefunden, welchen sie gesucht hatte. ,,Was ist da eigentlich drauf?", erkundigte sich die junge Kommissarin und trat zu der erfahrenen Kollegin, die sich über ihren Account auf Moritz' Computer einloggte. ,,Es sind die eigentlich verschlossenen Ermittlungsakten gegen Schmid, Schröder und Meyer. Und der freiwilligen Kündigung Zenderskys. Eigentlich haben wir keinen Zugriff darauf, doch über einen Freund hat dein Gellöckchen die Akten bekommen", erklärte sie ihr und öffnete die Datei, welche auf dem Stick gespeichert war: ,,Der Staatsanwalt hat unsere Ermittlungen beendet und dann kam die Ex von Jan an und meinte, sie könne über die Zeitung für Gerechtigkeit sorgen. Ich kann den Brenner zwar nicht leiden, doch noch weniger arrogante Arschlöcher, die denken, dass sie ungestraft mit so etwas durchkommen könnten." ,,Danke, Dagmar. Du weißt gar nicht, wie viel das Moritz bedeutet." ,,Ich mach des nicht für die große Klappe, sondern nur, weil die Justiz manchmal einfach schläft." Kim war egal, welche Rechtfertigung sie wählte, doch ihr Handeln bedeutete ihr sehr viel. Nach dem, was Moritz ihr gestern abend erzählt hatte, über seine Definition von Familie, würde er wahrscheinlich diesen Schlussstrich brauchen, um mit seiner Familiengeschichte abschließen zu können. Nachdem Dagmar alles hatte, was sie zuvor gesucht hatte, schaltete sie den Computer aus und verließ das Büro. Bevor jedoch die Tür zu fiel, fing die Frau diese ab und fügte, fast so leise, dass man es nicht mehr hören könnte, hinzu: ,,Ich freu mich für euch."

VerlorenTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon