Kapitel 34

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Obwohl sie eigentlich müde waren, hatten sich Kim und Moritz dazu entschlossen, doch noch mit Charlie Zeit zu verbringen. ,,Komm schon, Charlie. Lass uns das nochmal versuchen", motivierte Kim sie und stellte sich wieder neben sie in die Startposition. Nachdem Gray Charlie auf den Geschmack gebracht hatte, wollte sie tatsächlich zumindest ein paar Grundschritte lernen. Somit brachte sie ihr den Disco Fox bei, einen der einfachsten Tänze. ,,Ok, also. Eins, zwei, tap. Eins, zwei, tap", gab sie den Takt an und tanzte neben der Nichte ihres Freundes, welche ihr Bestes versuchte. Moritz saß am Tisch und spielte auf seiner Gitarre eine Melodie, die zum Tanz passte. Wann immer sie zu ihm rüber sah, lächelte sie und manchmal verfing sich der Mann in ihrem Blick, woraufhin er sich verspielte. Er war so ein Idiot, doch er war ihr Idiot und das würde sie für nichts in der Welt eintauschen. ,,Ich gebe auf! Ohne was zu Essen funktioniert mein Hirn nicht mehr", warf Charlie das Handtuch und lief zum Tisch, wo alles bereitstand für das Abendessen. Während sie sich bereits etwas auf ihren Teller lud, setzte sich Kim neben Moritz, welcher sogleich die Gitarre zur Seite stellte, um ihr mehr Platz zu machen. Während er seinen Arm um sie legte und seine Hand auf ihrer Hüfte ihren Ruheplatz fand, gestand er ihr: ,,Ich kann verstehen, warum du so gerne im Plattenladen warst. Du machst dich toll als Tanzlehrerin." ,,Du konntest sogar mir was beibringen und in Sachen Tanzen sind viele bei mir verzweifelt", fügte Charlie an, bevor sie sich eine Gabel voll Kichererbsen-Curry mit Reis in den Mund stopfte. ,,Ach komm, so schlecht bist du gar nicht. Du brauchst nur mehr Vertrauen in dich."

,,Hast du bei der Therapeutin angerufen?", erkundigte sich Moritz und als Kim zu Charlie herübersah, musste sie fast lachen. Mit dem Gesichtsausdrucks einer Erwischten trank die Jugendliche erstaunlich lange aus ihrem Glas, während ihr Onkel seinen Blick nicht von ihr nahm. ,,Charlie?" ,,Vielleicht habe ich es vergessen", nuschelte sie, während sie weiter das Essen auf ihrem Teller herumschob. Ohne auf eine Antwort zu warten holte Moritz somit sein Handy hervor und tippte die Nummer ein, welche auf der Karte stand, die Charlie auf dem Tisch hatte liegen lassen. ,,Frau Doktor Chavez, mit wem spreche ich?" Fast sofort versuchte Charlie ihm das Handy abzunehmen, doch diesmal hielt Kim sie auf. ,,Hier spricht Moritz Brenner. Wir haben Ihre Karte durch Staatsanwalt Binz bekommen. Wir sind auf der Suche nach einem Therapieplatz." Mit freundlicher, jedoch bestimmter Stimme stellte die Frau klar: ,,Bei meiner Praxis handelt es sich um eine für Jugendliche und junge Heranwachsende. Ich kann Sie jedoch an einen Kollegen weiterleiten." ,,Es geht nicht um mich, sondern um meine Nichte. Hätten Sie einen Ersttermin, den sie wahrnehmen könnte?" ,,Ich bin bereits zuhause, doch morgen bin ich wieder in der Praxis. Ich werde meinen Sekretär anweisen, Ihnen einen Termin zu ermöglichen. Und sagen Sie Alexander, dass es der letzte Gefallen war, den ich ihm erfülle. Sie hören morgen von mir", versprach ihnen die Frau und legte auf, während Charlie am liebsten im Boden versunken wäre. ,,Ich hätte das schon selbst hinkriegen können", murmelte sie, nachdem Moritz aufgelegt hatte. Mit seinem typischen Blick entgegnete er nur: ,,Hättest du es getan?" Kim genoss die Situation einfach nur. Wie die beiden miteinander umgingen, so eine Beziehung hätte sich Kim für sich und ihren Vater gewünscht. Das nun zu beobachten und zu fördern, es hatte eine heilende Wirkung auf Moritz und Charlie, wie auch auf sie selbst.

Nachdem Charlie ins Bett gegangen war, machten sich auch Moritz und sie bereit fürs Bett. Es lief fast wie am Tag zuvor ab, nur das Moritz nach Kims Klopfen die Tür nicht vollständig öffnete. ,,Komm schon, geh zur Seite. Sag nicht, dass es nicht geholfen hätte", warf Kim ihm gegen den Kopf, doch er öffnete die Tür nicht. Stattdessen sagte er nur: ,,Ich würde dich niemals anlügen, Kim. Doch ich denke nicht, dass es eine gute Idee wäre." ,,Wieso? Du hast den ganzen Tag mit mir geflirtet, und nun ziehst du den Schwanz ein?" ,,Kim", versuchte er sich zu erklären: ,,Ich möchte einfach keine Fehler begehen. Ich will dir nicht wehtun." ,,Und ich möchte dir helfen. Ich möchte dir helfen, Moritz." Erst kaum merklich, dann immer stärker schüttelte er den Kopf. ,,Nein, Kim. Ich kann das nicht. Ich will nicht, dass das Gleiche passiert wie mit Celio oder Shyla." ,,Was meinst du?", fragte sie ihn leicht verwirrt. ,,Ich will dich nicht verlieren. ich will nicht zerstören, was zwischen uns ist. Ich will dich nicht verletzen." Es sprudelte praktisch aus ihm heraus, Kim konnte in seiner Mimik sehen, dass er aus seinem Herzen fast schon sprach. Der Mann war so häufig verletzt worden, von Freunden, Partnern und Familie, und sah die Schuld irgendwie bei sich liegen. Fast schon zaghaft legte sie ihre Hand auf seine Wange und hob seinen Kopf so an, dass sie ihm in die Augen sehen konnte. ,,Du wurdest auch verletzt, Moritz. Lass mich dir beim heilen helfen." Langsam näherte sie sich ihm, der Abstand zwischen ihren Lippen verringerte sich auf wenige Millimeter, bevor sie erneut flüsterte: ,,Lass mich dir helfen." Die letzten paar Millimeter, die es zu überwinden gab, verschwanden und während Kim ihn küsste, konnte sie merken, wie eine einzelne Träne seine Wange hinab lief und auf ihre Lippen traf. Leicht salzig konnte sie den Ausdruck seiner Gefühle schmecken, während sie ihre Arme um seinen Hals legte und mit ihm in sein Zimmer trat. Kurz unterbrach sie den Kuss, sodass Moritz die Tür schließen konnte, dann gaben sie sich wieder ihren Gefühlen hin.

VerlorenTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon