Kapitel 14

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Während Ina den Rettungskräften alle nötigen Informationen gab, setzte Kim den jüngeren der beiden Männer auf den Rücksitz eines Streifenwagens. Ohne auf ihre Kollegin zu warten oder es noch einmal zu überdenken, fragte sie den Mann direkt: ,,Wo ist Moritz?" ,,Was? Wovon reden Sie?", versuchte der Mann sie zu verarschen, doch Kim hatte keine Lust, Spielchen zu spielen. ,,Hören Sie mir gut zu. Bei Moritz handelt es sich um meinen besten Freund und ich werde definitiv ein oder zwei Regeln vergessen, sodass seine Nichte bei uns ihr letztes Schuljahr verbringen kann und nicht irgendwo in Pflege kommt. Außerdem hat ihr Kollege gerade auf meine Chefin geschossen und der Wagen, den ihr fahrt, hatte eine flüchtige Person gemietet. Also, Hazar Schmid. Ja, wir kennen Ihren Namen. Sagen Sie mir also, wo ich Lela Zendersky, Daniel Schröder und meinen Partner finde", fauchte sie ihn an und schien ihn mit dem Schwall von Informationen fast zu überfordern. Mehrfach blinzelte der Mann, als könnte er somit seine Gedanken klären, bevor er antwortete: ,,Ich weiß es nicht. Lela meinte nur, wir sollten losfahren." ,,Und das soll ich Ihnen glauben? Obwohl ich tatsächlich sehr jung aussehe, bin ich nicht neu bei der Truppe. Herr Schmid, wir wissen, dass Sie mal in einer Beziehung mit Moritz waren. Was hat er verbockt, dass Sie ihn jetzt einfach sterben lassen?" Die Frage war ernst gemeint. Kim hatte schon Beziehungen gehabt, nach welchen sie gerne ihre Wut in spezifischer Weise hatte ausüben wollen. ,,Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Eben weil ich mit Moritz in einer Beziehung war. Ich würde euch sofort sagen, wo er ist."

Mit einer genervten Grundeinstellung ließ Kim den Wagen wegfahren, bevor Ina zu ihr kam. ,,Was hat er gesagt?" ,,Anscheinend haben sie ihm nicht gesagt, wo sie Moritz hinbringen, da er anscheinend selbst gemerkt hat, dass Beteiligter bei einem Mord nicht zwingend gut auf der Liste der Anklagen kommt", gab sie zurück mit genervter Miene. Sie hatte solche Hoffnungen gehabt, Moritz wieder zu finden, doch nun hatten sie nur einen geliehenen Mini Cooper, einen verletzten Ex-Cop und einen von Moritzs Exfreunden. ,,Hoffentlich wird Jan mehr Glück haben", fügte Ina nur an, bevor sie wieder zu ihrem Wagen ging. Doch dann drehte sie wieder um und kam auf ihre junge Kollegin zu. ,,Ich lasse den Technikern lieber meinen Wagen da. Wer weiß, wo die Kugel eingeschlagen ist. Außerdem tut es mir bestimmt nach der Situation gut, gefahren zu werden." Kurz zuckte Kims Mundwinkel nach oben, dann machte sie sich bereits zu ihrem Wagen auf. In einer fließenden Bewegung öffnete sie die Tür und setzte sich auf den Fahrersitz, während Ina auf der Beifahrerseite einstieg. Mit wenigen Drehungen befand sich die junge Kommissarin wieder in Fahrtrichtung. Zur gleichen Zeit gab Ina wieder die alten Koordinaten in das Navigationsgerät ein. ,,Sieben, die zweite Ziffer bei der dritten Zahl war eine sieben", korrigierte Kim ihre Chefin aus dem Augenwinkel heraus, welche ohne sich beleidigt zu fühlen, ihren Fehler korrigierte. ,,Manchmal ist dein Talent wirklich praktisch. Hätte uns früher bestimmt einige Pannen erspart."

,,Wie macht sich Charlie eigentlich bei Rettig? Bestimmt kann sie kaum still sitzen", fragte sie eher beiläufig, doch bei Inas Zögern schien die Frage berechtigt zu sein. ,,Ina, was ist mit Charlie?" ,,Sie ist zusammengebrochen. Rettig hat einen Krankenwagen gerufen und sie wird nun medizinisch versorgt", beichtete sie ihr fast schon: ,,Sie werden uns mitteilen, in welches sie Krankenhaus gebracht wird, dann kannst du sie nachher besuchen gehen." ,,Bitte sag mir, das zumindest ein einziges, ihr bekanntes Gesicht dabei ist. Ihr ganzes Leben wurde auf den Kopf gestellt, da braucht sie nicht noch mehr Veränderung. Das würde sie nur verängstigen." Inas Ausdruck nach zu urteilen, hatte sie nicht daran gedacht. Gleichzeitig konnte Kim es verstehen. Sie selbst war nicht mehr ganz sie selbst, sondern eher eine nervöse Kopie. Vielleicht lag es auch daran, dass sie nicht wirklich hatte schlafen können. Die Wohnung war einfach zu leise gewesen, als das sie hätte einschlafen können. ,,Hoffentlich wacht sie erst im Krankenhaus auf. Ich weiß noch, wie verängstigt ich war, als ich im Rettungswagen aufgewacht bin, festgeschnurrt an die Liege", bemitleidete Kim die Teenagerin, ließ sich aber nicht so viel anmerken. Auch Ina schien das Gefühl zu teilen, doch gleichzeitig hielt sie sich professionell zurück. ,,Ich rufe Jan an, dass wir zu ihm kommen", sprach die blonde Frau ihre Gedanken aus. Während sie den Kontakt ihres langjährigen Freundes heraussuchte, versprach Ina Kim: ,,Wir werden Moritz schon finden, Kim. Ich weiß, eigentlich darf man so etwas nicht versprechen. Aber wir werden Moritz finden."

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