Kapitel 29

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Nach circa zwei Stunden war Moritz so platt, dass er Kim um eine Pause bitten musste. ,,Ich kann nicht mehr", stöhnte er erschöpft, während er sich auf den Boden fallen ließ. Kim lachte nur, bevor sie sich neben ihn setzte und ihren Kopf auf seine Schulter legte. Mit gewisser Erleichterung merkte er, dass auch seine Freundin etwas schwerer atmete als normal, ihre Brust hob und senkte sich fast im Rhythmus der Musik. ,,Du kannst echt unglaublich gut tanzen", flüsterte er und nahm sanft ihre Hand, bevor er sie anhob und einen sanften Kuss auf ihrem Handrücken platzierte. Schon musste sie schmunzeln, während sie sich näher an ihn kuschelte. Doch dann schreckte sie zurück, entgeistert auf das T-Shirt starrend: ,,Gott, du blutest, Moritz!" Verwirrt schaute er auf seinen Bauch herunter und tatsächlich, leicht färbte sich der Stoff des Shirts rötlich. Er hatte es gar nicht mitbekommen. Vorsichtig hob Kim den Stoff an und sogleich atmete sie leicht auf. ,,Es scheint nur oberflächlich zu sein", stellte sie fest, und vorsichtig tupfte sie das Blut und den Schweiß ab. ,,Hast du Pflaster oder so dabei?" ,,Zuvor sollte ich vielleicht unter die Dusche. Ich riech wie eine alte Mülltonne im Sommer", lachte er und nahm sanft ihre Hand von seinem Oberkörper. ,,Och, so schlimm ist es doch gar nicht. Ein bisschen Deo, und du bist fast wie neu." ,,Vergiss es. Ich geh duschen", entgegnete Moritz nur, versuchte sich aufzurichten und fast sofort wollte Kim ihm helfen. ,,Ich denke, dass kriege ich noch selbst hin." ,,Ja, wahrscheinlich. Musst du aber nicht", konterte sie nur und komplett ohne Vorwarnung küsste sie ihn. Ein sanfter, liebevoller Kuss, welcher Moritz fast alles vergessen ließ. ,,Du musst nicht mehr versuchen, dass alles allein zu schaffen. Und ich meine nicht nur dich in die Dusche zu bringen."

Nachdem er sich geduscht hatte, traf er Kim wieder im Büro an, welche bereits all die Utensilien zum Verarzten bereit hielt. ,,Hinsetzen", ordnete sie ihn an und somit ließ sich Moritz auf die Couch fallen. Er wusste, sie würde nicht mit sich diskutieren lassen. Wieder krempelte sie sein Shirt hoch und während sie anfing, die Wunden zu verarzten, wurde ihm bewusst, wie es wahrscheinlich von außen aussah. Er mit nacktem Oberkörper auf der Couch, Kim über ihn gebeugt. Hoffentlich kam nun niemand herein, solange bis Kim fertig war. ,,Hast du was von Charlie gehört?", fragte Kim, während sie wieder mit dem Tupfer und der desinfizierenden Lösung über die Nähte strich, was Moritz fast schon zum fluchen brachte. ,,Nein, noch nicht. Wahrscheinlich ist sie immer noch bei Binz und geht ihm auf den Sack", entgegnete er und schon lächelte sie wieder. Wie sie ihn ansah, mit diesen wundervollen dunklen Augen, er konnte sich einfach in diesen verlieren. Er könnte sie ewig so ansehen, wenn er doch nur die Zeit anhalten könnte. Wie hatte er jemanden wie Kim verdient? Würde er es ruinieren? Wieder hallte Lelas Stimme durch seinem Kopf: ,,Du zerstörst alles, was du anfasst!" Hatte sie recht? Würde er Kim verletzen, wenn nicht sogar schlimmer? ,,Hey, wo bist du gerade hin?" Mit leuchtendem Blick sah Kim ihn an und wieder verfing er sich in ihrem Anblick, doch diesmal mit einer dunklen Wolke, die über ihm schwebte. ,,Ich bin genau hier, Kim", entgegnete er nur und streichelte sanft über ihre Wange. Als sähe er sie zum ersten Mal, versuchte er jeden einzelnen ihrer Gesichtszüge einzufangen und sich einzuprägen. Falls sein Glück wieder eintreffen würde. Sanft lächelte sie, bevor sie sich aufrichtete und ihm einen kurzen Kuss auf die Stirn gab. ,,Irgendwann musst du mich mal in deinen Kopf reinlassen, so häufig, wie du dich darin verlierst."

Als Ina ins Büro kam, lag Moritz auf der Couch, während Kim hinter ihrem Schreibtisch saß. ,,Was ist mit ihm?" Fast schon sofort deutete die junge Kommissarin ihr, leiser zu sein, bevor sie sich erklärte: ,,Das Training war etwas viel für ihn. Auch ist eine der Nähte leicht aufgegangen. Ich hab sie versorgt und währenddessen ist er eingepennt." ,,Scheinst ihn ganz schön geschafft zu haben", entgegnete Ina nur: ,,Schläft er eigentlich in der Nacht durch?" Schon fing sie sich einen verwirrten Blick ihrer Kollegin ein. ,,Ein typisches Symptom einer Belastung durch Trauma ist, dass man an Schlafstörungen leidet. Hatte er Albträume oder so?" ,,Keine Ahnung. Er versucht, mich rauszuhalten", gestand sie Ina, während sie zu dem schlafenden Mann herübersah, der manchmal leicht zuckte, doch sonst ziemlich ruhig wirkte. ,,Hoffentlich fällt er uns nicht von der Couch. Wie weit sind wir eigentlich mit den Spuren?" ,,Laut Dr. Stein hatte das Opfer tatsächlich eine höhere Menge von einem Stoff im Blut, dessen Namen ich nicht aussprechen kann. Jedenfalls ist es ein Schmerzmittel, dass unter das BTM-Gesetz fällt und eigentlich nur mit einem Attest erhältlich ist. Vielleicht ist ihr Neuer ja ein Arzt oder hat anderweitig Zugang zu solchen Medikamenten", riet Kim und während Ina sich auf den Bildschirm konzentrierte, sah die junge Kommissarin zu ihrem Mitbewohner herüber. Als die Chefin zu ihr blickte, konnte sie in Kims Augen einen Ausdruck sehen, der normalerweise eher bei Hundewelpen und Katzenbabys entstand. ,,Hab ihr schon die Ringe?" Fast sofort schwank Kims Blick zu ihr, verwirrt und vielleicht auch peinlich berührt: ,,Bitte was? Wie meinst du das?" ,,Na für eure Tarnung. Ich hab dem Trainer schließlich erzählt, es würde ein Pärchen kommen, nicht zwei beste Freunde", erklärte sie ihr. Atmete Kim erleichtert auf? ,,Geht bitte, sobald Dornröschen wach ist, zum Tanzstudio. Schreibt euch ein, trainiert vielleicht nochmal etwas und versucht, ein bisschen mit den anderen Bewerbern in Kontakt zu treten. Ich werde mit der besten Freundin des Opfers sprechen."

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