ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ 7 - ᴜᴍ ᴋᴏᴘꜰ ᴜɴᴅ ᴋʀᴀɢᴇɴ

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Anara folgte Kerberos' Anleitung und hing sich an Magellans Fersen. Der Mann ging so schnell, dass es ihr schwerfiel, ihm hinterherzuschleichen und von einer Ecke zur nächsten zu sprinten. Sie legte sich die Worte für den Fall der Fälle parat, aber es kam nicht dazu. Niemand lief ihnen über den Weg, Magellan drehte sich nicht um, Anara blieb unbemerkt.

Es ging eine kleine Ewigkeit so weiter. Magellan durchquerte den Tartaros und Anara klebte an seinen Fersen. Er nahm den Fahrstuhl und fuhr hinab zu UG 44. Offiziell existierte das Stockwerk nicht. Anara hatte jedoch nach kurzer Zeit gelernt, dass es an diesem Ort mehr als ein Dutzend Stockwerke gab, die offiziell nicht existierten.

Sie wartete einige Minuten und fuhr ebenfalls zu UG 44. Auch hier unterschieden die Flure sich nicht vom Rest des Tartaros. Magellan durchquerte drei Sicherheitsschleusen mithilfe von Fingerabdrücken, Gesichtsscans und DNA-Proben. Anara trabte mit ausreichend Abstand hinterher, von Kerberos angeleitet.

Sie erreichten einen kleinen Raum, vollständig mit Metall verkleidet, wie das spiegelglatte Interieur eines Würfels ohne Augen. Anara lauerte hinter einer Ecke und spähte immer wieder daran vorbei. Sie sah, wie Magellan einen Schlüssel zückte und ihn in einer winzigen Öffnung in der Wand verschwinden ließ. Eine Schublade tat sich hervor, in ihr ein Ordner. Magellan holte ihn heraus, blätterte darin und atmete erleichtert auf, sobald er fertig war.

Er hat überprüft, ob etwas aus der Akte gestohlen wurde, stellte Anara fest. Jetzt musste sie nur an den Schlüssel kommen und –

Sie unterdrückte ein Fluchen. So weit hatte sie nicht gedacht. Wie sollte sie an den Schlüssel kommen? Magellan ließ ihn in einer Tasche seiner Uniform verschwinden. Informationen klauen ist das eine. Direkt ihren Vorgesetzten zu bestehlen das andere. Aber es musste doch eine Möglichkeit geben! Oder?

„Kerberos?", flüsterte Anara.

Nur ihre Lippen bewegten sich, so leise sprach sie: „Wie wahrscheinlich ist es, ohne Schlüssel an die Schublade zu kommen?"

„0,000012 Prozent", echote es über die HearTek in Anaras Kopf, „Ich habe keinen Zugriff auf das Sicherheitssystem dafür. Es ist abgekoppelt vom Hauptnetzwerk."

Anara unterdrückte ein Fluchen. Indes drehte Magellan sich um und machte sich auf den Rückweg. Anara wusste, sie würde nie wieder eine so gute Chance haben, an Eins' Daten zu kommen. Die Wahrscheinlichkeit lief in Prozenten vor ihrem inneren Auge ab, wie eine Sanduhr.

Und dann kam ihr eine Idee. Eine Idee, vor der sowohl Kerberos, als auch Eins sie gewarnt hatten. Aber es geschah alles zu schnell, um noch einmal darüber nachzudenken. Drei Schritte und Magellan würde sie, hinter der Ecke versteckt, sehen.

Zwei Schritte.

Ein Schritt und –

Anara gab Kerberos den Befehl. Das Licht fiel aus. Die junge Frau zückte einen Schlagstock aus ihrem Waffengürtel und schlug zu.

Ein dumpfes Knallen. Magellan sank zu Boden. Das hatte er nicht kommen sehen. Anara hatte mit so einer Wucht ausgeholt, dass ihre Schulter schmerzte.

Sie aktivierte die Nachtsicht ihres VisionTek und durchsuchte den leblosen Körper. Mit dem Schlüssel sprintete sie zu der Schublade. Erst beim dritten Versuch schaffte sie es, das Schlüsselloch zu treffen, so sehr zitterten ihre Hände. Das Fach öffnete sich. Anara fischte den Ordner heraus. Ihre Linsen photographierten jede Seite. Sie würde sich später die Zeit nehmen, die Akte zu lesen. Sie legte die Mappe zurück und bemerkte einen kleinen, weißen Knopf, kaum größer als ein Mikrochip daneben.

Anara steckte ihn ein und trat die Schublade zu. Dann half sie Magellans leblosem Körper auf den Gang, wo Sanitäter und Wärter ihn finden konnten. Zuletzt ließ sie Kerberos einen Notruf aussenden und rannte los.

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