Kapitel 6

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„Mariechen, ich bin wieder da. Ich hab überall geguckt, aber die hatten nirgends mehr Lasagneblätter. Ich hab dir jetzt einfach dein Lieblingsessen vom Japaner mitgebracht mit Kinderpingui zum Nachtisch", schrie meine Mutter zu mir hoch.

Mit aufgesetzter Begeisterung rannte ich die Treppe hinunter und wühlte in den Papiertüten meines Lieblingsrestaurants „Wow, das hatte ich so lange nicht," und zwang mir ein aufgesetztes Lächeln auf.

„Hast du denn auch dein Workbook fertig?"

„ Jap, willst du es sehen?"

„Später mein Schatz, lass uns erst mal essen. Kannst du dir vorstellen, dass überall keine Blätter mehr gab? Ich bin extra noch zum Edeka gefahren, aber selbst da waren die Regale leer. Die Leute übertreiben auch wirklich immer mehr mit den Hamstereinkäufen."

„Mhm. Die Leute werden heutzutage immer verrückter", ob sie die Ironie hinter meinen Worten bemerkte?

Ich zwang mir jeden Bissen runter. Jegliches Hungergefühl war beseitigt. Mir war nur noch kotz übel bei dem Anblick dieser vertrauten und doch so fremden Person mir gegenüber. In meinem Hals saß ein tiefer Kloß und man merkte mir trotz aufgesetzter Miene die Verzweiflung an.

„Ich weiß, du bist immer noch enttäuscht wegen heute Morgen, aber ich habe dir was mitgebracht", brach sie die Stille und stand auf und lief zum Hinterhof, wo sie kurze Zeit später mit dem süßesten und flauschigsten Hund hineinspazierte, den ich je gesehen habe.

„Ich bin heute beim Tierheim vorbeigefahren und da bin ich auf ihn aufmerksam geworden. Allerdings soll er nicht ganz einfach sein, er hat lange Zeit als Diensthund gearbeitet. Ich hoffe, er gefällt dir trotzdem."

Ich schaute sie mit offenem Mund an, sodass meine Nudeln gleich wieder herausfielen, aber das war mir egal, ich rannte zu dem süßen Hund, der mir auch gleich das Gesicht ab schlabberte.

„Dürfen wir ihn wirklich behalten?"

„Ja, er ist deiner. Sein Name ist Jack. Ich weiß, du arbeitest hart und dass hast du dir verdient. In Wirklichkeit gibt es mit Sicherheit irgendwo auch noch Lasangeblätter. Ich habe mich nur so lange im Tierheim an den ganzen Dokumenten aufgehalten, dass es so spät wurde, dass ich schnell was beim Japaner abgeholt habe."

Jetzt fühle ich mich schlecht, ihr all das zu verheimlichen. Kann diese Person, die mich all die Jahre großgezogen hat, wirklich so sein? Naja, wer so gut über Lasagneblätter lügen kann, könnte auch über andere Sachen lügen. Soll ich ihr alles erzählen oder ist auch das hier eine Masche, weil sie Angst hat, ich könnte es sonst herausfinden? Kennt sie etwa das Buch? Hat sie es gelesen? Fuck. Jede Gehirnzelle brannte nach Neugierde.

„Ich war heute im Buchladen", brach ich die Stille, als wir beide neben den Hund knieten.

„Was?", sagte sie zitternd. Ihr Gesicht war blass und verlor jegliche Farbe.

„Ich war heute im Buchladen", wiederholte ich diesmal etwas lauter mit fester Mine.

„Rosemary", sagte sie zitternd.

„Ich weiß alles. Ich habe sein Buch gelesen."

„Er ist HIER?!", schrie sie und sprang auf

„Rosemary pack sofort alle deine Sachen. Wir müssen sofort hier weg. Es ist das passiert, dass ich immer zu verhindert versucht habe", heulte sie nun jetzt und wucherte Wild umher und schnappte so viele Sachen, wie sie tragen konnte.

„WAS? Mich von meinem eignen Vater fernzuhalten? Mich mit vier Jahren zu kidnappen?", schrie ich mittlerweile.

Sie blieb erschrocken stehen und hörte auf alle Sachen, um herzuräumen.

„Rosemary nichts davon ist war. Dieser Mann ist nicht dein Vater."

„Dafür kennt er mich aber ganz schön gut", fauchte ich.

„Ja, weil er ein STALKER ist", schrie sie verzweifelt. Tränen liefen ihr über die Wangen.

„Er hat meine Schwester Rosella damals gestalkt. Sie hat sich aus Angst von der ganzen Familie und mir abgekapselt. Nach dem tödlichen Unfall ihres Mannes, falls es überhaupt ein Unfall war, hat sie aus Angst heraus, dass der Familie das gleiche widerfahren könnte, sich so zurückgezogen, dass nicht mal wir wussten, wo sie war. Und als ich von ihrem Tod nach deiner Geburt erfahren habe. Bin ich sofort ins Krankenhaus gefahren, um dich zu beschützen, aber du warst schon weg, vier Jahre hab ich gebraucht, um dich zu finden vier verdammte Jahre und ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, dich zu beschützen, weil ich bei meiner Schwester bereits versagt hatte."

Ich war baff.


Rote Rosen haben Stacheln und keine DornenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt