Kapitel 6 - Der Wolf auf der Flucht

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»Was? Ernsthaft?«, mit großen Augen sahen Ray und ich uns an. Seua nickte und sein nachdenklicher Blick zeigte mir, dass es absolut ernstgemeint war.

»Unser erster Skandal, N'Cai. Hat lange genug gedauert«, sagte er, während wir uns den Rest des Videos ansahen. Später zeigten sie noch, wie ich mit ihm, an seinem Arm hängend, ins Haus gegangen war. Ein gefundenes Fressen für solche Leute. Ich konnte nicht glauben, dass alles in dieser kurzen Zeit passiert war. Erst muss er sich um mich kümmern, dann bringe ich ihn um den Schlaf und schließlich werde auch ich schuld sein, wenn seine Karriere ruiniert ist.

»Was meinst du mit gedauert?«, erkundigte sich Ray. Wir konnten beide nicht wirklich etwas mit Seuas entspannter Reaktion anfangen.

»Ich weiß nicht, inwieweit ihr euch mit der Klatschpresse auskennt, aber dass die nur darauf warten, etwas zu finden, ist klar. Als BL-Schauspieler sollten wir das aber wohl eher als Kompliment nehmen. Wie auch immer, die würden auch eine Schlagzeile daraus machen, wenn ich meinen Nachbarn grüßen würde. Er könnte schließlich mein lang verschollener Vater sein.«

Seine Erklärung half mir trotzdem nicht, mich weniger schuldig zu fühlen. Ray ging an sein Handy, kam kurze Zeit später zurück.

»Aber auch wenn es vermutlich gute PR für euch ist, P'Star möchte, dass ihr ein Live-Statement abgebt und die Gerüchte dementiert. Ihr sollt euch schon vor den Fans und auf Events wie ein Paar benehmen, aber er möchte Öffentliches und Privates trennen. P'Star ist der Meinung, das sei besser für Seuas Image, weil er sich nicht auf einen Drehpartner festlegen soll. Er soll zeigen, dass er auch offen für zukünftige Projekte ist«, gab er P'Stars Worte wieder. Seua verschränkte die Arme, antwortete auch nicht. Bei mir war das anders, diese blöden Fotos lagen schließlich in meinem Zimmer rum und ich war mehr als gewillt, Seuas Image in der Öffentlichkeit zu retten. Tatsächlich sollten wir das direkt von Seuas Wohnung aus machen. Ray half uns das Handy aufzubauen und als er das Zeichen gab, lächelten wir beide in die Kamera.

»Hallo, liebe Fans, wir sind die Darsteller von »Wolfsherz«. Zunächst einmal habt ihr sicherlich mitbekommen, dass Cai gestern etwas Schreckliches passiert ist, daher müssen wir die Dreharbeiten für ein paar Tage pausieren«, wie schnell Seua auf seinen Profi-Modus umschalten konnte, faszinierte mich immer wieder. Er legte mir einen Arm um die Schulter: »Doch wie ihr seht, geht es Cai im Moment gut.« Ich winkte in die Kamera und sagte: »Die Fotos, die ihr gesehen habt, wurden aus meinem Zimmer gestohlen, waren nur ein paar Späße während des Shootings. Sie sagen nichts darüber aus, wie Seua und ich zueinanderstehen. Auch dass ich gestern mit in seine Wohnung gegangen bin, war nur eine Notlösung. Wir sind gute Freunde, mehr nicht.«

Nach dieser Aussage beendeten wir das Live-Statement schon, auch Seua befand, dass das P'Star reichen sollte. Ray war schon wieder auf dem Sprung: »Das habt ihr gut gemacht. Ich fahre zum Sender, dort sprechen wir mit dem Hotel darüber, was die bisher wissen. Ich werde euch die ganze Zeit auf dem Laufenden halten, während ihr hier seid. Ruht euch am besten aus.«

Als Ray verschwunden war, musste ich mich um den skeptischen Blick kümmern, der schon die ganze Zeit auf mir lag.

»Woher hast du diese Fotos?«, hakte er nach und diese Erklärung war ich ihm wohl schuldig.

»Der Fotograf hat diese Bilder Ray mitgegeben, für mich als Andenken. Ich habe sie einfach liegen lassen, das war unvorsichtig. Tut mir leid, P'Seua. Wir müssen nicht nur die Dreharbeiten pausieren, sondern auch noch darauf achten, dass deine Karriere nicht beschädigt wird«, ich konnte diese lästigen Schuldgefühle nicht ablegen.

»Meine Karriere hat schon mehrere an den Haaren herbeigezogene Skandale überlebt, wie du siehst.«

Seine Laune besserte sich trotzdem nicht. Ganz toll. Wir waren hier eingesperrt, die Laune war im Keller und machen konnten wir auch nichts. Es war gruslig, Seua schlecht gelaunt zu sehen, das bin ich nicht gewohnt. Ich hakte lieber nicht weiter nach, sonst würde er mich hinterher wirklich noch beißen.

WolfsherzDonde viven las historias. Descúbrelo ahora