Kapitel 4: Sol

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Eine halbe Stunde später stand ich vor meiner Wohnungstür und schloss sie mit zittrigen Händen auf

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Eine halbe Stunde später stand ich vor meiner Wohnungstür und schloss sie mit zittrigen Händen auf.

,,Was für ein Tag'', stöhnte ich laut auf und ließ meinen kleinen Rucksack achtlos auf den billigen Linoleumfußboden fallen. In Rekordgeschwindigkeit streifte ich meine Jacke ab und schmiss sie auf den kleinen Hocker, der neben einer schmalen Kommode stand. Meine Schuhe ließ ich mitten im Flur stehen und schlüpfte in meine warmen Dino-Hausschuhe.

Sie waren ein Geschenk von meiner Schwester zu meinem fünfundzwanzigsten Geburtstag gewesen. Hailee musste jedes Mal schmunzeln, wenn sie mich mit den Hausschuhen sah. Meine Mom sagte immer, jetzt würde nur noch das passende Kostüm dazu fehlen. Ich hatte die leise Vermutung, dass sie es mir zu Weihnachten schenken wollten. Nur war ich mir seit heute nicht mehr sicher, ob ich es bis dahin schaffen würde.

Wahrscheinlich eher nicht.

Schnell verwarf ich die negativen Gedanken, hob die Taschen an und stolzierte mit vollen Händen in Richtung der kleinen Eckküche. Ich stellte die Einkaufstüten auf den Tisch und machte mich daran, die Inhalte auszubreiten.

Ich lebte seit zwei Jahren allein in dieser Wohnung. Es war nicht unbedingt die beste Gegend, doch es reichte vollkommen aus. Ich war gerade mal so in der Lage, zwanzig Quadratmeter in diesem Stadtteil bezahlen zu können. Deshalb beschwerte ich mich nicht. Ich hatte alles, was ich zum Leben brauchte. Eine Tür, die ich zuschließen konnte, ein Badezimmer mit einer Dusche und einen etwas größeren Raum, in dem sich Küche, Wohnzimmer und ein schmales Bett befanden. Es war ideal. Ich brauchte nicht mehr. Das hatte ich nie.

Umso besser war es, dass seit einem Jahr meine kleine Schwester nur wenige Blocks von mir entfernt wohnte. Sie war ebenfalls nach Philadelphia gezogen, um hier nach ihrem Studium zu arbeiten. Ob es für sie die richtige Entscheidung war, konnte ich nicht wirklich abschätzen. Hailee war schon immer ein eher verschlossener Mensch gewesen, der seine Gefühle nur wenig mit seiner Umwelt teilte. Auch wenn ich ihre große Schwester war und wir ein gutes Verhältnis hatten, fiel es ihr schwer, sich mir anzuvertrauen. Doch ich drängte sie nicht dazu. Sie wusste, dass sie immer zu mir kommen konnte, wenn sie jemanden zum Reden brauchte. Auch wenn ich ein sehr aufbrausender Mensch war, konnte ich in den wichtigen Momenten den Mund halten. Zumindest versuchte ich es.

Eher platzt du vor Neugier, mischte sich Amy wieder einmal in meine Gedanken ein.

Obwohl ich es nicht wollte, musste ich schmunzeln. Denn irgendwie hatte Amy recht. Ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen, aber wenn Hailee mal wieder einen dieser Tage hatte, an denen sie nicht mit der Sprache herausrücken wollte, obwohl klar war, dass sie etwas bedrückte, brodelte es in mir. Wie ein dampfender Vulkan. Manchmal, da hatte ich Angst, dass weißer Rauch aus meinen Nasenlöchern und Ohren herauskam, so sehr kochte es in mir. Aber wenn ich eins im Leben mit meiner Schwester gelernt hatte, dann, dass man sie zu nichts drängen durfte. Denn häufig, wenn man ihr eine Entscheidung versuchte aufzuzwingen, machte sie genau das Gegenteil davon.

Soulless - Auf ewig verbundenWhere stories live. Discover now