Kapitel 3: Sol

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Wie viel Pech konnte man an einem einzigen Tag haben?

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Wie viel Pech konnte man an einem einzigen Tag haben?

Denk dran, aller guten Dinge sind drei.

Ich verfluchte meine innere Stimme, von der ich mir nun nicht mehr sicher war, ob es meine eigene war oder ob sie von Amy gesteuert wurde. Die Gehässigkeit hinter ihren Worten konnte nur von Amy stammen. Das Ding in mir hatte ich kurzerhand liebevoll nach dem Menschen benannt, der meine Highschool-Zeit zur Hölle gemacht hatte. Man sollte ja nicht schlecht über andere Menschen reden, aber Amy – ja, Amy hatte es verdient nach einem Gehirntumor benannt zu werden.

Nachdem ich mit schnellen Schritten das Foyer durchquert hatte und förmlich nach draußen gerannt war, um den peinlichsten Moment meines Lebens hinter mir zu lassen und nicht Gefahr zu laufen, dem attraktiven Fremden noch einmal so glorreich vor die Füße zu fallen, konnte ich nun endlich wieder frei atmen.

Doch je weiter ich mich vom Krankenhaus entfernte, umso stärker wurde das Ziehen in meiner Brust. Ich wollte diesem Gefühl, das sich verdammt sehr nach Sehnsucht anfühlte, nicht nachgeben. Doch dieses dumpfe Pochen wurde immer stärker.

Schwer atmend hielt ich mitten auf dem Gehweg an und legte mir eine Hand auf die Brust. Doch trotz meiner schnellen Atmung schlug mein Herz regelmäßig. Durch meine Hand konnte ich kein dumpfes Pochen spüren, und doch hätte ich schwören können, dass es da war.

Wieder war er es, der vor meinen inneren Augen auftauchte. Seine hervorstechenden Wangenknochen und seine definierte Kinnpartie waren dermaßen kantig, dass sie nicht von dieser Welt stammen konnten. Und diese Augen, so durchgehend grau wie flüssiges Silber...

Du sabberst schon wieder, ermahnte mich Amy genervt und ich zuckte zusammen. Tatsächlich hatte ich schon wieder den Mund geöffnet.

Ich zwang mich dazu weiterzugehen, da einige Passanten mir fragende Blicke zuwarfen. Jeder Schritt weiter weg vom Krankenhaus fühlte sich falsch an. Doch ich ging weiter, ohne mich noch einmal umzudrehen. Wenigstens im Moment war ich Herr meiner Füße. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder ein Eigenleben entwickelten. Spätestens, falls ich den mysteriösen Fremden noch einmal wiedersehen sollte.

Davon träumst du wohl.

Ich stöhnte genervt auf. So würde ich also den Rest meines jämmerlichen Lebens verbringen. Mit einer schlecht gelaunten, realfixierten inneren Stimme, die mir gewaltig auf den Sack ging. Das waren ja rosige Aussichten.

Für mich ist es auch kein Zuckerschlecken.

Ich ließ Amy weiter murren und setzte meinen Weg fort. Die Straßen waren um diese Uhrzeit vollgestopft mit angespannten Autofahrern und geschäftigen Personen, die panisch aggressiv über die Fußgängerwege stürzten. Das Leben in einer Großstadt war geprägt von unreiner Luft, gestressten Menschen und Hektik. Wenn man sich nicht im Sog mitbewegte, wurde man einfach überrannt.

Für jemanden, der es nicht einmal schaffte, sich in der Straßenbahn an eine der oberen Griffe festzuhalten, konnte es zu einem Problem werden, mit der Dynamik einiger Menschen mitzuhalten. Besonders, wenn man so kurze Beine hatte wie ich. Doch in den letzten drei Jahren, die ich nun hier lebte, hatte ich gelernt, meine Ellenbogen einzusetzen, wenn mal wieder jemand dachte, er könnte mich zur Seite schubsen. Nicht mit mir, Freundchen.

Soulless - Auf ewig verbundenWhere stories live. Discover now