Kapitel 6

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Wie vom Donner gerührt sitze ich auf dem Sofa meiner Eltern. Was zum Teufel macht Carina hier? Andere Frage: Woher weiß sie wo meine Eltern wohnen?

„Was machst du denn hier?", frage ich sie geschockt.
„Annie, sei nicht so unhöflich. Miss de Medici war auf der Suche nach dir. Es ist wohl sehr dringend.", sagt mein Vater, der hinter Carina zum Vorschein kommt. Moment. Ich soll unhöflich sein? Ja klar!

„Dein Papà hat Recht. Es ist wirklich dringend und ich brauche deine Hilfe.", sagt Carina. Aus der Küche höre ich meine Mutter kommen.

„Wer ist denn gekommen?", fragt sie in die Runde. Als sie Carina erblickt verharrt sie für einen kurzen Moment in ihrer Bewegung. „Oh Hallo. Wer sind Sie denn?" Dieses Mal ist ihr Blick nicht auf Carina gerichtet sondern auf mich. Warum vermutet sie, dass das mein Gast ist? Typisch Mutter!

„Ähm, nun ja, liebe Familie, dass ist Carina de Medici, eine alte Freundin." Das ich bei meinen Worten nicht erbrechen muss ist alles. Carina? Eine alte Freundin? Das ich nicht lache! Aber ich brauche diese kleine Notlüge um unbeschadet aus der Situation herauszubekommen. Ich sitze immer noch auf dem Sofa. Ich schaue Carina weiterhin fragend an, doch diese Lächelt meine Mutter makellos an. Am liebsten würde ich den Beiden an die Gurgel gehen.

„Nun, ich denke, dass meine Tochter Ihnen gerne helfen würde aber ich würde mich sehr freuen, wenn ihr wenigstens auf einen Tee bleiben würdet." Ich schaue meine Mutter fassungslos an. Die Frau spinnt doch jetzt total. Ich schaue zwischen Carina und meinen Eltern hin und her. Ehe ich aber etwas sagen kann, schaltet sich Carina ein.
„Das ist wirklich sehr lieb von Ihnen, Mrs. Chapman, aber leider eilt es wirklich sehr.", sagt Carina mit ihrer weichen Stimme.

„Wenn ich fragen darf, wobei muss Ihnen meine Tochter so dringend helfen?" Es war klar, dass meine Mutter das wissen möchte. Sie ist die Neugier in Person.

Ich bemerke, dass alle Augen nun auf mich gerichtet sind. Selbst Carina schaut mich fragend an. Egal, irgendwann hätte ich es ihnen sowieso erzählen müssen.

„Carina hat mich gebeten mit ihrem Bruder an einem Fall zu arbeiten. Deswegen werde ich auch heute Abend nach Italien fliegen.", erzähle ich meiner Familie.

„Nein, nicht heute Abend, sondern in vier Stunden.", meldet sich nun Carina zu Wort. Wie bitte?! Vier Stunden? Warum?

Schockiert schaue ich Carina an. „Mi dispiace, Anna. Aber Daniele hat einen alarmierenden Anruf erhalten und wir müssen so schnell wie möglich nach Rom." Innerlich bedanke ich mich bei Carina, dass sie es meinen Eltern erklärt hat.

Jetzt schaue ich sie irritiert an. Meint sie das jetzt wirklich?

„Oh okay, dann sollten wir los.", sage ich wie benommen. Realisiert habe ich die Situation immer noch nicht so ganz. Mit wackeligen Beinen stehe ich auf. Mein Blick fällt auf Georgia, die hinter mir sitzt und mich fragend anschaut. Ihre Stirn ist in Falten gelegt und mit dem Mund form wort- und tonlos „Ist das DIE Carina?" Zustimmend zucke ich mit den Schultern. Nachdem sie meine Antwort verstanden hat, zwinkert sie mir wissend zu.
Georgia ist die einzige Person, die von dem Vorfall in Rom weiß. Da ich damals so am Boden zerstört war, musste ich mich jemandem anvertrauen und bei wem hätte ich das besser machen können als bei meiner Schwester?

Ich realisiere die Situation immer noch nicht. Wie in Trance gehe ich an Carina und meinen Eltern vorbei, zur Garderobe, um mir meine Jacke anzuziehen. In einem Kopf wiederholt sich gerade immer nur, dass ich mir jetzt meine Jacke anziehen muss. Dabei merke ich gar nicht, dass mich fragend ansieht.

„Anna, aber warum hast du uns davon noch nichts erzählt?", fragt mein Dad mich und ich höre deutlich, dass er traurig ist. Sofort bekomme ich ein schlechtes Gewissen.

Ein Drama namens LebenWhere stories live. Discover now