»Er macht alles besser. Aber sag ihm das nicht.«

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Myles

Ich rutsche nervös auf dem Autositz herum. Sasha wirft mir besorgt einen Seitenblick zu, hat das Fragen aber bereits aufgegeben. Ich werde ihm so oder so nichts weiteres sagen, als das alles in Ordnung sei.

Mit jeder Meile, mit der wir unserem Ziel näher kommen, steigt die Nervosität in mir. Mein Körper scheint sich nicht mehr entspannen zu können und durch meinen Kopf ziehen Gedanken in Lichtgeschwindigkeit an meinem Gehirn vorbei.

Ich verknote die Hände, entknote sie, nur um
sie dann wieder zu verknoten. Ich zupfe an meinem Daumen, kratze an der feinen Haut bis ich wund bin und lecke dann das Blut vom Finger.

Das Navi verkündet uns, dass wir angekommen sind. Mit dieser Nachricht steigt meine innere Anspannung so hoch, dass sie mich komplett übermannt. Unruhig bleibe ich sitzen und starre auf die Monitur.

Sasha trommelt mit den Fingern auf dem Lenkrad seines alten Wagens. »Soll ich schon mal raus? Brauchst du kurz Zeit für dich?«

»Ne, lass es uns das schnell hinter uns bringen wie das Abreißen eines Pflasters.«, sage ich bestimmt und schnalle mich ab.

Ich ziehe die Autotür auf und springe in die Kälte. Es ist ein Fehler gewesen, den Mantel während anzulassen, aber da muss ich jetzt durch.

Sasha steigt ebenfalls aus und holt die Geschenke aus dem Kofferraum. Schmunzelnd betrachte ich ihn dabei, wie er alles Richtung Tür schleppt. Er hat für mich nur das kleinste Geschenk übergelassen, damit ich nicht schwer tragen muss.

Dankbar hebe ich es auf und folge ihm. Er sperrt sein Auto ab und knufft mir mit dem Ellbogen in die Seite.

Gutmütig spricht er mir zu, »Du schaffst das. Es wird bestimmt nur halb so schlimm werden, wie du es dir vorstellst.«

»Ich hoffe doch«, murmle ich und betätige die Klingel. Es braucht keine Minute, da wird die Haustür auch schon aufgerissen und ein kleiner Junge hängt wie ein Klammeräffchen an mir.

»Da bist du ja endlich«, trällert er begeistert und lächelt mich breit an. »Ich habe von Papá einen Hund bekommen. Komm schau ihn dir an!«

»Gleich, Juan, aber vorher müssen Sasha und ich deine Geschenke reinbringen.«, erkläre ich ihm. Er lässt ab und wir folgen dem kleinen Halbmexikaner ins Haus.

Meralyn erhebt sich. In ihren Armen hält sie einen Labradorwelpen. Sie verdreht grinsend die Augen. »Ich besitze jetzt einen Hund.«

»Ich auch«, scherze ich und zeige auf Sasha, der hinter mir ins Wohnzimmer tritt. »Du musst ihn nur erziehen, dann ist er ganz lieb.«

Sie setzt den Welpen ab, der natürlich uns sofort wild begrüßt. Sasha legt die Geschenke am Boden ab und streichelt den kleinen, beigen Racker.

»Javier ist draußen und bereitet das Essen zu. Er hat sich ganz amerikanisch an den Grill gewagt.«, erzählt mir meine Schwester und nimmt mich fest in den Arm. »Wo hast du dich nur rumgetrieben, großer Bruder? Muss man immer einen guten Grund haben, um dich herzulocken.«

»Ich musste viel arbeiten«, lüge ich und erwidere ihre Umarmung. »Auch am Wochenende.«

»Hauptsache du bist jetzt da«, sagt sie glücklich und löst sich seufzend von mir. »Aber ich muss dir leider etwas sagen.«

Ich reiße die Augen auf. »Du bist schon wieder schwanger.«

Lachend schüttelt sie den Kopf. »Nein, wir planen dieses Mal vor.«

Die Toilette wird aufgerissen und das Gesicht der Person, die ich am wenigstens sehen wollte, erscheint vor meinem.

»Myles«, sagt sie freudig und schließt mich in ihre Arme. In ihrem Atem rieche ich vertraut Alkohol. »Wo warst du denn so lange? Wir warten auf dich schon das halbe Jahr.«

BullyOù les histoires vivent. Découvrez maintenant