𝟐𝟕: 𝐁𝐋𝐎𝐂𝐊𝐀𝐆𝐄𝐒

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𝟐𝟕: 𝐁𝐋𝐎𝐂𝐊𝐀𝐆𝐄𝐒

𝐍𝐎𝐂𝐇 𝐈𝐍 𝐃𝐄𝐌 𝐌𝐎𝐌𝐄𝐍𝐓, in dem ich das Fliegengitter in seinen Rahmen fallen hörte, bereute ich es so widerspenstig gewesen zu sein.
Unter all dem Chaos, in dem ich versank, vergaß ich zu häufig, dass das alles hier mindestens genauso schwer für Maya war wie für mich.
Sie hatte sich wahrscheinlich Besseres vorgestellt, als sie hergekommen war.
Und daran konnte ich ihr rein gar nichts verübeln.
Wenn sie zurückkam würde ich sie aufmuntern. Vielleicht konnten wir uns an Pizza versuchen?
Wobei das vielleicht keine so gute Idee war, bedachte man, dass ich schon beim Hefeteig für die Zimtschnecken kläglich gescheitert war.

Ich könnte rüber zu Onkel Wayne gehen und ihn fragen.
Er wäre sicherlich noch zu Hause und er war nun einmal bekannt für seinen super Pizzateig.
Das war gelogen.
Er hatte einmal Pizza für uns gemacht und die war okay.
Nicht zu vergleichen mit Pizza von Tonys.
Aber mein neugieriges Wesen wollte mich unterschwellig zu Eddie losen. Ständig.
Ich bildete mir ein, dass der Postbote eine Zeitung zu viel eingeworfen hatte und ich den Munsons unbedingt eine bringen musste.
Aber sobald ich meine Schuhe angezogen hatte, verwarf ich meinen Plan wieder.
Ein anderes Mal fischte ich eines von Eddie's Hellfireshirts aus meinem Wäscheberg, wusch es und wollte es ihm rüberbringen.
Als ich allerdings seinen geschenkten Mantel in der Hand hielt, den Maya mit mitgebracht hatte, überlegte ich es mir schnell wieder anders.

Mir war ohnehin völlig unklar, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte.
Er wusste ja nicht, dass ich abgehauen war, weil ich an Judy und ihn gedacht hatte.
Wohlmöglich glaubte er ich hätte den Kuss bereut oder noch schlimmer, ihn schlecht gefunden.
Dabei war er unglaublich.
Mir wurde immer noch ganz warm bei dem Gedanken, wie sich seine Lippen angefühlt hatten.
So perfekt und so richtig, als wäre es etwas gewesen, dass zwangsläufig so geschehen sollte. So geschehen musste.

Seufzend stellte ich eine der Gebetsstatuen zurück an seinen Platz und schlenderte in mein Zimmer zurück.
Wohin ich auch blickte, quälte mich eine Erinnerung an Eddie.
Ob es die leere Eierpunschflasche war, die wir für unser dämliches Spiel genutzt hatten oder der verfluchte Artikel, der auf dem Schreibtisch lag.
Mit klopfendem Herzen nahm ich ihn in die Hand und überflog ihn.
Aus dem aufgeregten Klopfen und dem Fünkchen Stolz wurde ein pochender Schmerz.
Eddie hatte Recht.
Ich konnte diesen Artikel nicht drucken.
Ich konnte es nicht, weil, wenn der Artikel dazu führte den Platz in der Schülerzeitung zu bekommen, er mich genauso sehr daran erinnern würde, was ich damit aufs Spiel gesetzt hatte.
Das wäre ein unfairer Sieg.
Und ich spielte nicht unfair.

Die nächste Dreiviertelstunde verbrachte ich damit durch Brainstorming an eine neue Idee zu kommen. Aber ganz von allein schlichen sich meine Gedanken immer wieder fort.
Zu Eddie und auch zu Maya.
Was machten sie gerade? Hatten sie Spaß ohne mich? Redeten sie vielleicht darüber, wie furchtbar anstrengend ich in letzter Zeit war?
So oder so hatten sie ziemlich sicher eine bessere Zeit als ich.
Das musste aufhören. Schleunigst.
Was war mit meinen ganzen Hobbies, die ich so brachial vernachlässigt hatte?
Ich konnte etwas lesen. Mich im Auenland verlieren.
Oder wieder einmal versuchen zu häkeln.

Das probierte ich mehrmals im Jahr und niemals kam ich weiter als ein paar Maschen.
Mich machte das so unglaublich wütend, wie die blöde Wolle sich immer wieder von meinen Fingern löste.
In diesem Bereich war ich einfach mehr als unfähig.
Letztendlich tat ich nichts von alledem.
Ich schrieb keinen Artikel, ich las keine einzige Seite und ich häkelte keine Masche.
Anstatt dessen entwarf ich eine neue Kampagne für den Hellfire Club.
Ein sagenumwobenes Abenteuer, in dem Lady Applejack eine äußerst geschickte Nachtelfenfreundin mitbrachte. Mich.
Meine Figur entstand vor mittlerweile drei Jahren. Sie war flink, dynamisch, frech und richtig cool.
Alles, was ich nicht so wirklich war.

Ein jedes Mal hatten mich die Jungs abgelehnt.
Aber diesmal würden sie mich nicht aufhalten können.
Wenn eine Lady Applejack, deren Namen ich immer noch merkwürdig und idiotisch fand in den Klub durfte, dann durfte es Mawie Yljator erstrecht.
Die ganze Kampagne auszuarbeiten würde noch eine ganze Weile dauern, aber ich ging völlig auf in der Fantasie, die mich umgab und mich in fremde Länder führte.
Schon jetzt war ich unheimlich euphorisch und freute mich darauf, Eddie das Szenario zu zeigen.
Mir kam zwischendurch mehrfach der Gedanke, rüberzugehen und ihn mit meiner Ektase anzustecken.
Aber ich glaubte auch, dass es wirklich sinnvoller wäre, die Kontaktsperre die nächsten drei Tage aufrecht zu erhalten.
Bis hin zu Judy's Modenschau.

Es fühlte ich ziemlich neu und seltsam für mich an, Judy schon so lange nicht gesehen zu haben. Allerdings war ich mehr als froh darüber.
Am liebsten hätte ich unsere Freundschaft irgendwie im Sande verlaufen lassen und sie durch Maya ausgetauscht.
So richtig.
Jude konnte ruhig in einem weit entfernten Land vergammeln, dafür sollte Maya herziehen.
So könnte ich sicherstellen, dass sie ihre Finger von meinem Eddie ließ.
Mein Eddie.
Gott, war es schon so weit? Meldete ich völlig sinnfreie Besitzansprüche an?
Stöhnend ließ ich meinen Kopf auf das Notizbuch fallen, in dem ich die letzte Stunde Quests über Quests und Nahtoderfahrungen über Nahtoderfahrungen niedergeschrieben hatte.

Maya kam und kam nicht.
Sie kam nicht, als ich mir notgedrungen eine Scheibe Brot machte, weil ich gar nicht mehr an den Teig für die Pizza gedacht hatte und sowieso gescheitert wäre.
Sie kam nicht, als ich mir zum tausendsten Mal Zurück in die Zukunft ansah und sie kam nicht, als ich in einen unruhigen Dämmerschlaf fiel.
Was noch viel schlimmer war: Sie war nicht da, als ich mit einem schmerzenden Nacken und müden Gliedern erwachte.
Ich scannte den Raum nach einen Hinweis darüber ab, ob sie doch hergenommen und nur wieder gegangen war. Aber nichts sah danach aus.
Meinen Lippen entkam ein unzufriedener Laut, weil ich ganz selbstgesteuert darüber nachdachte, was es bedeutete, dass sie allem Anschein nach bei Eddie übernachtet hatte.

Ich mochte den dumpfen Schmerz nicht, der dabei mein Herz in Schach nahm.
Obwohl ich ganz sicher wusste, dass mit Maya niemals dasselbe antun würde wie Judy, fühlte ich Stiche.
Nagende, widerliche Stiche aus Eifersucht.
Bisher war mir nicht bewusst gewesen, dass ich sonderlich eifersüchtig war.  Oder überhaupt.
Aber mit dem Bewusstsein über meine Verliebtheit gegenüber Eddie entdeckte ich Seiten an mir, die mir nicht gefielen.
Ein weiterer Grund weshalb ich das mit Eddie und mir schleunigst vergessen sollte.
Missgelaunt krabbelte ich aus dem Bett und stolperte dabei über eine vielen Klamotten, die zerstreut herumlagen.
Eigentlich war es nicht sehr charaktertreu, dass ich diverse Notizbücher mit akribischer geführten Listen besaß , aber überhaupt keine Ordnung halten konnte.

Um irgendetwas zutun zu haben, machte ich mich daran Ordnung zu schaffen.
Ich räumte den ganzen Vormittag auf. Sortierte aus, warf weg und versank hin und wieder in einer unerwünschten Melancholie, wenn ich irgendetwas betrachtete , dass mich an Eddie oder Judy erinnerte.
Als ich fertig war und mein Zimmer betrachtete, erkannte ich es kaum noch wieder.
Was vielleicht ein wenig übertrieben war, bedachte man, dass ich nur das massive Chaos beseitigt hatte.
Aber ich konnte mich wirklich an keinen Tag erinnern, an dem meine vier Wände jemals so geordnet und sauber gewesen waren.
Ich fegte gerade zum dritten Mal durch, weil ich immer wieder Konfetti fand, mit dem mich Eddie bei meinem 16. Geburtstag überrascht aka gequält hatte, als ich Maya's Stimme hörte, die nach mir rief.

Mit dem Besen bewaffnet trottete ich zu ihr und sah sie fragend an.
In ihrer Hand hielt sie einen Autoschlüssel und ihr Brustkorb hob und senkte sich rasch.
Im Allgemeinen wirkte sie vollkommen außer Atem und sehr gehetzt.
»Wir gehen shoppen! Schnell, bevor er merkt, dass ich ihn mitgenommen habe.«, keuchte sie und rannte auf mich zu.
Mit hektischen Schritten zog sie mich durch den Raum, bis hin zu dem Ort, an dem ich unachtsam meine Chucks ausgezogen hatte.
Sie ließ mir gerade so viel Zeit um hineinzuschlüpfen, da riss sie den Mantel vom Haken und warf ihn über meine Schulter.
»Los, los, los.«, lachte sie und zerrte mich hinaus in Richtung Eddie's Van.

• 𝐉𝐔𝐒𝐓 𝐎𝐍𝐄 𝐊𝐈𝐒𝐒 • [ 𝚎𝚍𝚍𝚒𝚎 𝚖𝚞𝚗𝚜𝚘𝚗 ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt